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Körpereigener Abmagerungskur

Medizin. - Der Schlankheitswahn ist eine Erscheinung der modernen Zeit. Diäten dürfen daher in keiner Lifestyle-Zeitschrift fehlen. Aber es gibt auch Fälle, in denen Abnehmen medizinisch geboten ist. Forscher aus Großbritannien, den USA und Australien stellen in der aktuellen Nature ein Hormon vor, das offenbar den Appetit zügelt. Ersatz für eine Verhaltensänderung ist es aber wohl nicht.

    Das Hormon PYY ist ein ganz natürlich im Körper gebildeter Stoff. Es wird während der Nahrungsaufnahme im Magen-Darmtrakt hergestellt und zügelt den im Gehirn gesteuerten Appetit entsprechend. Das internationale Forscherteam erprobte seine Wirkung an Freiwilligen, und tatsächlich nahmen diese rund ein Drittel weniger Kalorien zu sich als eine Vergleichsgruppe ohne Hormongabe. Sein Vorteil ist, dass es einen natürlichen Regelkreis des Körpers benutzt, um die Nahrungsaufnahme zu verringern. Deshalb sind wohl weniger Nebenwirkungen zu erwarten als von den derzeitigen gewichtsverringernden Medikamenten. Diese verringern entweder die Fettaufnahme im Darm oder sie unterdrücken das Hungergefühl im Gehirn über einen anderen Hormon-Regelkreis. Allerdings haben sie so schwere Nebenwirkungen, dass sie nur unter ärztlicher Aufsicht genommen und nur im Fall von schwerstem Übergewicht überhaupt verschrieben werden.

    Ob PYY jedoch besser verträglich ist, ist noch nicht geklärt. Zwar braucht PYY nur in geringen Dosen verabreicht werden, doch das muss ähnlich wie bei Insulin mehrmals am Tag mit der Spritze geschehen. Welche Langzeitfolgen die Manipulation eines Hormonregelkreises im menschlichen Körper haben, ist vollends unklar. Möglicherweise stellt sich der Organismus auf eine übermäßige Zügelung des Appetits ein, indem er verstärkt die Gegenspieler von PYY, die seine Wirkung hemmen, produziert. Vermutlich wird an einer Verhaltensänderung und großen Willensanstrengung der Übergewichtigen kein Weg vorbeiführen.

    [Quelle: Martin Winkelheide]