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Kompromiss im Bundesrat
Bessere Leistungen für Flüchtlinge

Der Bund will Ländern und Kommunen in den nächsten zwei Jahren jeweils eine halbe Milliarde Euro als Entlastung für die Versorgung von Flüchtlingen bereitstellen. Im Gegenzug stimmte der Bundesrat dem Asylbewerberleistungsgesetz zu, das deutlich höhere Regelleistungen vorsieht. Doch auch damit sind Hilfsorganisationen nicht zufrieden.

Von Gerhard Schröder | 28.11.2014
    Flüchtlinge aus Syrien auf einem Hof vor einem Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf
    Flüchtlinge aus Syrien auf einem Hof vor einem Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    Wenn die Krisen in der Welt zunehmen, wenn immer mehr Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen, dann muss auch Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen, sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. Die Kosten dafür dürften aber nicht allein den Ländern und Kommunen aufgebürdet werden. Deshalb sei er erleichtert, dass der Bund in den kommenden beiden Jahren mehr Geld als bislang vorgesehen für die Unterbringung und Versorgung bereitstelle, sagte der Sozialdemokrat.
    "Meine Überzeugung ist, dass die jetzt zusätzlich mobilisierten Mittel von zweimal 500 Millionen Euro es möglich machen werden, dass wir in der Lage sind, diese Investitionen zu tätigen. Das ist sicherlich nicht alles, was benötigt ist, aber es ist immerhin eine Erleichterung, die viele dringend nötig haben."
    Mit einer Milliarde Euro will sich der Bund in den kommenden beiden Jahren an den Kosten beteiligen. Allerdings müssen die Länder die Hälfte der Summe über 20 Jahre zurückzahlen. Im Gegenzug stimmte der Bundesrat der Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes und schärferen Regeln gegen Sozialmissbrauch durch EU-Bürger zu. Letzteres hatte vor allem den Grünen Bauchschmerzen bereitet. Wir haben konkrete Verbesserungen für die Flüchtlinge durchgesetzt, betonte im Bundesrat jetzt Tarek Al-Wazir, Hessens grüner Wirtschaftsminister:
    "Ich finde, das ist ein guter Tag für Länder und Kommunen, aber vor allem für die Flüchtlinge."
    Gesundheitskarte für Asylbewerber
    Flüchtlinge sollen künftig einfacheren Zugang zu Ärzten und Krankenhäusern erhalten, Hamburg und Bremen haben bereits eine Gesundheitskarte für Asylbewerber eingeführt. Das soll künftig auch anderen Ländern ermöglicht werden. Bislang müssen Flüchtlinge im Krankheitsfall erst beim Landratsamt einen Behandlungsschein beantragen. Mit der Karte werde der Arztbesuch einfacher, lobte Tarek Al Wazir:
    "Natürlich wird vor Ort entschieden, ob eine solche Karte eingeführt wird und in welchem Leistungsumfang eine solche Karte eingeführt wird, aber ich glaube, dass das nicht nur eine würdigere Lösung ist, sondern dass es auch eine effektivere Lösung ist."
    Unklar ist noch, wie es nach 2016 weiter gehen wird. Die Länder hatten eine dauerhafte Kostenbeteiligung des Bundes gefordert. Das lehnte Kanzleramtsminister Peter Altmaier ab. Derzeit sei nicht absehbar, wie viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden, deshalb könnten auch die Kosten nicht abgeschätzt werden. Der Bund werde Länder und Kommunen aber nicht allein im Regen stehen lassen, versprach der Christdemokrat:
    Schärfere Regeln gegen Sozialmissbrauch
    "Wir sind uns aber auch darüber einig, dass wir, nachdem wir eine Regelung für 2015 und 2016 gefunden haben, über alle anderen Fragen dann im Zusammenhang der Bund-Länder-Finanzbeziehungen weiter gemeinsam zwischen Ländern und Bund sprechen werden."
    Im Gegenzug billigte die Länderkammer schärfere Regeln im Kampf gegen Sozialmissbrauch und das reformierte Asylbewerberleistungsgesetz. Es sieht höhere Leistungen für Flüchtlinge vor. Eine Neuregelung hatte das Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren angemahnt. Scharfe Kritik an dem neuen Gesetz übte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Der Entwurf halte an den verfassungswidrigen Kürzungen beim Existenzminimum für Flüchtlinge fest. Das sei nicht hinnehmbar; besser wäre es, das Asylbewerberleistungsgesetz komplett abzuschaffen, forderte Pro Asyl.