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Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation
Das Recht auf Arbeiten ohne Gewalt

Ein Arbeitsplatz frei von sexuellen Übergriffen oder Nötigungen, vor Gewalt jeglicher Art - das will die Internationale Arbeitsorganisation ILO für alle Beschäftigten in der Welt gewährleisten. Sie hat eine Konvention verabschiedet, die überall dort rechtskräftig wird, wo die Staaten sie unterzeichnen.

Von Dietrich-Karl Mäurer | 21.06.2019
Eine Frau hält ihre Handfläche Richtung Kamera. Darauf steht "Stop".
"Der Geist der Konvention und der Empfehlung ist, dass jeder, wirklich jeder unter den Schutz dieser Konvention fällt", sagt ILO-Generalsekretär Guy Ryder (imago stock&people)
Als 2017 die MeToo-Bewegung losbrach, die Proteste gegen sexuelle Belästigung, da arbeitete man bei der Internationalen Arbeitsorganisation ILO längst am Thema Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz. Nun sind eine Konvention und Empfehlungen zur Umsetzung verabschiedet. Guy Ryder, der Generalsekretär der ILO sagte in Genf: "Diese Konvention legt den Grundsatz fest, dass jeder das Recht hat auf ein Arbeitsumfeld, auf einen Arbeitsplatz, auf ein Arbeitsleben vollständig ohne Gewalt und Belästigung."
Genaue Definition von Gewalt und Belästigung
Das Übereinkommen definiert genau, was unter Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu verstehen ist, es verbietet diese und schreibt sowohl Vorschriften vor, die so etwas verhindern sollen, als auch Unterstützung für die Opfer. Staaten, die die Konvention annehmen, sind verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer zu ergreifen.
ILO-Generalsekretär Guy Ryder sagte, es sei höchste Zeit gewesen für diesen Schritt. Die Konvention werde in aller Welt für viele Menschen am Arbeitsplatz einen großen Unterschied machen. Der Text hat explizit geschlechtsspezifische Gewalt im Blick. Gestritten hatten die 187 Mitgliedsländer der ILO, ob der Schutz von LGTBi-Personen besonders erwähnt werden soll, also Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- oder Intersexuellen Menschen. Wie es hieß, hatten sich vor allem einige afrikanische Staaten dagegen gesträubt. Schließlich einigte man sich auf den allgemeinen Ausdruck "gefährdete Gruppen." Guy Ryder machte jedoch klar:
"Der Geist der Konvention und der Empfehlung ist, dass jeder, wirklich jeder unter den Schutz dieser Konvention fällt."
Arbeitgebervertreter wollte noch konkretere Formulierung
Bei der ILO entscheiden neben Regierungsvertretern, gleichberechtigt auch Gewerkschafter und Arbeitgeber-Vertreter. Roberto Suarez Santos, Generalsekretär der Internationalen Arbeitgebervereinigung zeigte sich generell zufrieden, dass man sich auf die Konvention verständigen konnte, doch sei man enttäuscht, dass die ILO-Mitglieder sich nicht auf eine konkretere Formulierung einigen konnten:
"Es gibt einen Punkt, an dem wir nicht sehr zufrieden sind, und zwar die Tatsache, dass es uns nicht gelungen ist, uns auf die Liste der gefährdeten Gruppen zu einigen. Und wir, die Arbeitgeber, waren die einzigen, die sich vehement eingesetzt haben, dass wir diese Liste der gefährdeten Gruppen brauchen, darunter auch die LGBTi-Gruppe. Wir sind darüber enttäuscht."
Bei den Gewerkschaften sieht man die Einigung auf die Konvention positiver. Carolin Vollmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund sagt:
"Auf jeden Fall, ich denke, dass der große Erfolg dieser Konferenz zeigt auch, dass die ILO weiterhin wichtig ist und in der Lage ist Standards zu setzen. Da ist in allen Regionen der Welt noch viel zu tun und ich denke, wir können das auf jeden Fall auch auf deutscher Ebene nutzen."
Bei dem nun verabschiedeten Abkommen handelt es sich um die 190. Konvention der ILO. Es ist die erste neue Vereinbarung seit 2011. Zum Abschluss ihrer Konferenz zum 100jährigen Jubiläum will die ILO heute noch eine Jahrhunderterklärung verabschieden. Darin sollen Ziele festgeschrieben werden für menschenwürdige Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung.