
An der Einfahrt in eine ehemalige amerikanische Wohnsiedlung beim pfälzischen Dorf Neubrücke weht jetzt die rote Fahne Chinas. Der Schriftzug "Hongkong" und eine gemalte, gut einen Meter große Blüte schmücken die Fassade des ersten ehemaligen Wohnhauses der US-Soldaten, auf das man in dem früher abgesperrten Areal zufährt. In die 15 Mehrfamilienhäuser, die einst von Mitarbeitern eines nahegelegenen amerikanischen Militärhospitals bewohnt wurden, sind nun chinesische Firmen eingezogen.
"Es ist in der Tat so, das wir das erste und einzige Konversionsprojekt sind in Europa, was nur aus privaten Geldern finanziert wurde."
Konversionsprojekt mit chinesischem Geld
Aus chinesischem Geld nämlich, sagt Andreas Scholz. Er ist Manager der Firma International Commercial Center Neubrücke - kurz ICCN, die er gemeinsam mit der chinesischen Geschäftsfrau Jane Hou betreibt. Frau Hou war es, die 2011 bei einer Geschäftsreise durch Europa die Idee hatte, am Rande des künftigen Nationalparks Hunsrück chinesische Handelsunternehmen anzusiedeln. Die zentrale Lage mitten in Europa, aber auch das saubere Trinkwasser und die gute Luft seien für ihre Landsleute verlockend, sagt sie:
"Einige von ihnen sagten mir, bevor sie in die Pfalz kamen, litten sie in China unter der starken Umweltverschmutzung. Selbst bei meiner Mutter erlebe ich das, die manchmal zu Besuch kommt. Sie lebt im Norden Chinas. Dort ist die die Luftbelastung dramatisch. Einmal wollte meine Mutter eine Reise nach Deutschland absagen, weil sie an einer Atemwegserkrankung litt. Dann sie kam doch und nach ein, zwei Tagen hier war sie wieder gesund."
Jane Hou klingelt an einer Haustür mitten in der ehemaligen Wohnsiedlung des US-Militärs. Shenzhen Zicai Trading Europe GmbH steht auf dem Klingelschild. Ang Li Juan öffnet die Tür zur Wohnung, in der die Frau um die 30 seit zwei Jahren lebt und arbeitet. Von hier aus reist sie durch Europa, um für die Druckereiprodukte einer Fabrik im chinesischen Industriezentrum Shenzen zu werben:
"Wir haben Kunden in Deutschland, aber manchmal gehe ich auch auf Geschäftsreise nach Italien und Spanien."
Andreas Scholz:
"Hier vom Regionalbahnhof in Neubrücke erreicht man mit einmal Umsteigen in knapp drei Stunden Paris. Und das Ganze ist natürlich für chinesische Dimensionen nichts. Da gibt es das beliebte Beispiel, das ein Kunde von uns man mitgebracht hat: Wenn er in Peking in den Bus steigt und er fährt drei Stunden, dann ist er immer noch in Peking. Und auch in Großstädten wie Shaghai ist es eigentlich ganz normal, dass eine Mutter morgens eine Stunde unterwegs ist, um ihr Kind in den Kindergarten zu bringen."
83.000 militärische und 34.000 zivile Arbeitsplätze verloren
Früher besuchten im pfälzischen Bergland viele Kinder amerikanischer Soldaten die Kitas. Doch die sind weg. Seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges sind in Rheinland-Pfalz etwa 83.000 militärische und 34.000 zivile Arbeitsplätze verloren gegangen. Kein anderes Bundesland ist vom Abzug der amerikanischen und französischen Truppen sowie von Standortschließungen der Bundeswehr stärker betroffen als Rheinland-Pfalz. Das geht aus dem Konversionsbericht hervor, den die Mainzer Landesregierung heute für die Jahre 2012/ 2013 vorgelegt hat.
"Oak Garden" nennen die chinesischen Geschäftsleute heute die früheren amerikanischen Militär-Unterkünfte. Der "Eichengarten" lässt Restaurant-Betreiber Wei Ling Wang aus Shanghai und gleich nebenan auch Lablu Graf hoffen. Die Deutsche mit philippinischen Wurzeln betreibt hier einen Asia-Shop, in dem die Chinesen gerne einkaufen- vor allem Soja-Produkte:
"Die fragen nach Soja-Soße aus ihrem Land. Zum Beispiel diese Laugenma. Das ist sehr berühmt in China. Sojatofu und schwarze Bohnen."
Hou Ji Xiang, die Erfinderin des chinesischen Handelszentrums stellt fest: Ihre Landsleute im "Oakgarden" freuen sich darüber, dass genau hier im nächsten Jahr der Nationalpark im deutschen Südwesten eingerichtet wird – auch wenn es kein Eichen- sondern ein Buchenwaldpark ist:
"Einige meiner Kunden kamen zu mir und fragten: Hast Du schon gehört, das diese Region hier Teil des neuen Nationalparks werden soll? Sie sagten: Das sind doch gute Nachrichten für uns, dann kommen doch auch mehr Touristen in diese Region und wir haben die Chance für mehr Austausch."