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Kopflaus
Nach einer Woche läusefrei

Wenn es plötzlich am Haarschopf unangenehm juckt, dann ist häufig die Kopflaus am Werk. Unabhängig von hygienischen Gepflogenheiten werden Menschen von diesen Parasiten befallen. Besonders Kinder sind betroffen, weil sie häufiger die Köpfe zusammenstecken. Doch nach einer Woche kann man schon wieder Laus frei sein.

Von Thomas Liesen | 28.04.2015
    Lesende Kinder in einer Matratzenlandschaft auf der Kinder- und Jugendbuchmesse (KIBUM) in Oldenburg
    Kinder stecken häufiger die Köpfe zusammen und ermöglichen so eher die Wanderung von der Laus zum nächsten Wirt. (picture-alliance / dpa / Ingo Wagner)
    Montessori Kinderhaus Leverkusen-Wiesdorf. Auf zwei Etagen tummeln sich Kinder. Und manchmal nicht nur sie allein. Denn hier - wie in allen anderen Kitas der Stadt - ist regelmäßig Läusealarm. Manchmal entdecken Eltern die Kopfbewohner, meist aber eine der Erzieherinnen, sagt die Leiterin der Kita, Alexandra Jerusel:
    "Wenn ein Kind sich extremst am Kopf kratzt, gehen wir mal vorbei und fragen, ob wir mal nachgucken dürfen und dann sieht man die sofort."
    Die Kopflaus, wissenschaftlich exakt Pediculus humanus capitis. Es sind nur ein bis drei Millimeter große Insekten, sie haben sechs Beine und sind flügellos. Kopfläuse sind klassische Parasiten, ihr Wirt ist ausschließlich der Mensch. Und sie ernähren sich, indem sie Blut aus der Kopfhaut saugen. Auf einen anderen Menschen gelangen sie über direkten Kontakt, sagt der Parasitenforscher Prof. Heinz Mehlhorn von der Uni Düsseldorf.
    "Wenn zwei Mädchen ein Buch gemeinsam lesen oder Jungs raufen um einen Ball oder was auch immer, passieren in wenigen Sekunden Kontakte und es ist immer so, dass dann, in diesen kurzen Kontaktzeiten, ein Weibchen von dem einen auf den anderen geht."
    Kinder sind am häufigsten betroffen
    Normalerweise leben die Läuse direkt auf der Kopfhaut. Aber sobald die Weibchen begattet sind, ändern sie ihr Verhalten: Sie klettern dann auf ein Haar und wandern bis zur Haarspitze. Dort warten sie, bis ein fremdes Haar in Reichweite kommt und greifen zu. Und genau dieser Übertragungsweg zeichnet auch vor, wer am häufigsten von Läusen betroffen ist: Kinder nämlich, weil sie grundsätzlich häufiger die Köpfe eng zusammenstecken als Erwachsene. Und auch eher Mädchen als Jungen, einfach weil sie längere Haare haben.
    "Man muss wissen: Es geht meist nur eine einzige Mutterlaus rüber. Aber die vollgeladen ist und die legt bis zu 100 Eier in einem Monat. Das heißt, man hat nach einem Monat 50 Weiber und 50 Männer. Und die sagen auch: Heute ist kein Fernsehen, jetzt beschäftigen wir uns mit der Nachwuchs-Produktion."
    Läusebefall hat nichts mit Hygiene zu tun
    Bei ausgeprägten Juckreiz sollten Eltern mal genau die Kopfhaut prüfen. Besser noch als die Läuse selbst sind die sogenannten Nissen zu erkennen. Das sind die Eier der Läuse, sie haben eine helle Färbung und kleben einzeln an den Haaren. Wenn Eltern dann einen Befall bei ihrem Kind entdecken, sind sie allerdings erst einmal peinlich berührt, weiß Claudia Decker, Fachberaterin für Kitas bei der Stadt Leverkusen.
    "Weil jeder verbindet Kopfläuse auch mit dem Fehlgedanken, dass man unhygienisch Zuhause ist, dass man schludrig ist, aber das hat damit gar nichts zu tun, weil die Kopfläuse wandern von Kopf zu Kopf und es ist den Läusen relativ egal, woher die Kinder kommen. Das heißt, es kann jeden treffen, jedes Kind kann Kopfläuse bekommen, egal welcher Herkunft, aber die Gesellschaft sieht halt nach wie vor noch dieses Klischee: unhygienisch, Kopfläuse."
    Aber Eltern sind auch deshalb bedient, weil sie wissen: Mein Kind löst jetzt regelrecht Alarm in Kita oder Schule aus - und darüber hinaus. Heinz Mehlhorn:
    "Das Gesundheitsamt muss von der Leitung informiert werden, was ich persönlich für Unsinn halte, weil aber das Infektionsschutzgesetz vorsieht, dass eine Leiterin das dem Gesundheitsamt melden muss. Und das bedeutet, dass der Direktor dieser Schule dieses Kind vom Betreten des Gebäudes abhalten muss, das ist der Inhalt des Gesetzes."
    Haare ab oder spezielle Shampoos verwenden
    In den Leverkusener Kitas dürfen die Kinder schon am nächsten Tag wiederkommen - vorausgesetzt, eine wirksame Behandlung hat begonnen. Heinz Mehlhorn:
    "Im Prinzip - beim alten Fritz: Haare ab. Das wäre die Radikallösung. Aber es gibt heute eine ganze Reihe von entsprechenden Läusemitteln."
    Vor allem Läuseshampoos. Sie setzen auf verschiedene Gruppen von Wirkstoffen. Da sind zum einen Insektizide. Nachteil: Einige Läusestämme haben schon Resistenzen entwickelt, manchmal bleibt daher die Wirkung aus. Die zweite Gruppe von Shampoos enthalten Silikone. Sie wirken zuverlässig, denn sie verkleben die Atemöffnung der Läuse, bis diese ersticken. Aber Silikone haben ebenfalls einen Nachteil: Sie sind brennbar.
    "Da muss man die Eltern davor warnen, auf keinen Fall mit der Fluppe im Mund oder am Boiler oder am offenen Feuer, weil das brennt lichterloh. Das habe ich auch in Videos festgehalten. Es sind auch Fälle da, wo eben Leuten das passiert ist, dass sie das ganze Gesicht verbrannt haben. Es sind nicht viele, aber die Gefahr besteht, sie wirken aber."
    Der dritte Typ von Läuseshampoos enthält Öle, wie zum Beispiel Kokos- oder Neemöl. Auch sie ersticken die Tiere oder verhindern deren Häutung. Insgesamt gibt es also eine breite Palette an wirksamen Mitteln. Allerdings ist wichtig, zu wissen: Die meisten töten zwar die Läuse, zerstören aber nicht die bereits abgelegten Eier. Die Behandlung muss daher unbedingt nach einer Woche wiederholt werden, wenn die jungen Läuse frisch aus den Eiern geschlüpft sind. Wenn Eltern dann noch in der Zwischenzeit täglich mit einem Läusekamm die Haare durchforsten, ist jedes Kind normalerweise nach einer Woche Läuse-frei. Allerdings: Es kann jederzeit zu einem neuen Befall kommen, eine Vorbeugung ist kaum möglich. Schon gar nicht durch häufiges Haarewaschen.
    "Hintergrund ist, dass das normale Waschen nur dazu führt, dass die Läuse sauberer sind. Und der Kopf auch. Das normale Shampoo tötet die nicht, das heißt, sie können sich stündlich waschen, dann sagt die Laus: ein bisschen kalt heute."
    Läuse sind auf Mützen oder Kopfkissen nicht zu finden
    Heinz Mehlhorn plädiert dafür, den Läusebefall grundsätzlich ein wenig gelassener zu nehmen. Und er hält so manchen Aktionismus für überflüssig, auch wenn er immer wieder empfohlen wird:
    "Bärchen oder Mützchen oder Bettwäsche zu waschen, das ist völliger Unsinn, weil die Laus liebt die Körperwärme."
    Tatsächlich lautet ein oft wiederholter Ratschlag: Mützen, sämtliche Kuscheltiere und obendrein die Bettbezüge müssten nach jedem Läusebefall komplett gewaschen werden. Purer Stress für Eltern. Und obendrein unnötig. Denn mehrere wissenschaftliche Studien zeigen: Läuse sind auf Mützen oder Kopfkissen nicht zu finden, denn sie können dort nicht überleben. Zumindest auf die große Wäsche können Läuse-geplagte Eltern also getrost verzichten.