Archiv

Kosmologie in der Krise
Die Rückkehr der Hubble-Konstanten

Die Hubble-Konstante gibt an, wie schnell sich das Universum ausdehnt. Sie stellt Kosmologen vor große Probleme. Aktuell laufen wieder Beobachtungsprogamme, um ihren Wert zu bestimmen - doch die Formeln zur Beschreibung der Welt sind möglicherweise nicht so präzise wie manche glauben.

Von Dirk Lorenzen | 22.12.2019
Beobachtungen von Cepheiden-Veränderlichen in der Großen Magellanschen Wolke sollen bei der Bestimmung der Hubble-Konstanten helfen
Beobachtungen von Cepheiden-Veränderlichen in der Großen Magellanschen Wolke sollen bei der Bestimmung der Hubble-Konstanten helfen (ESO)
Seit etwa zwei Jahrzehnten meinen manche Astronomen, man lebe in der Ära der Präzisionskosmologie: Denn die Werte in den Formeln zur Beschreibung der Welt lassen sich auf etliche Nach-Komma-Stellen bestimmen. Das zeugt aber aus zwei Gründen von ziemlichem Hochmut.
Zum einen wäre es nur dann wirkliche Präzision, wenn die heutigen Modelle tatsächlich der Wirklichkeit entsprächen. Zum anderen kann auch die vermeintliche Präzisionskosmologie nicht erklären, woraus 95 Prozent des Universums bestehen: Dunkle Materie und Dunkle Energie sind bis heute, ganz präzise, vollkommen rätselhaft.
Inzwischen gibt es etliche Beobachtungen, die die Kosmologen vor große Probleme stellen. Dabei geht es ausgerechnet um die Hubble-Konstante: Sie gibt an, wie schnell sich das Universum ausdehnt und war bis vor 30 Jahren Gegenstand heftigster Debatten.
Dann hatte unter anderem ein Team des Hubble-Weltraumteleskops einen sehr genauen Wert bestimmt – so glaubte man. Der Streit schien beigelegt. Doch immer wieder erweist sich der mit Hilfe von Galaxien im All gemessene Wert der Hubble-Konstanten als um etwa zehn Prozent höher als der, der sich aus der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung ergibt.
Etwas scheint nicht zu stimmen: Entweder bewegt sich unser Bereich des Universums ungewöhnlich schnell. Oder die Weltmodelle sind doch nicht ganz so präzise wie manche glauben. Aktuell laufen wieder Beobachtungsprogramme zur Bestimmung der Hubble-Konstanten. Eines ist klar: Irgendwie ist in der Kosmologie derzeit der Wurm drin.