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Kraft aller Elemente - Energiequellen für die Zukunft

Wenn es eine Großtechnologie gibt, die von den billigen fossilen Rohstoffen Erdöl, Erdgas und Kohle in den Schatten gestellt wurde, dann ist es die Solarthermie. Sonne lässt sich schon eine ganze Weile in Wärme und elektrischen Strom verwandeln. Seit Anfang der 1990er Jahre stehen solarthermischen Kraftwerke in der Mojawe-Wüste in den USA und speisen große Mengen Strom ins kalifornische Netz.

Von Volker Mrasek | 29.04.2007
    Die Anfangszeit war nicht ganz problemfrei. Doch längst haben die Anlagen ihre großtechnische Reife bewiesen. Erst jetzt, unter dem Eindruck der anhaltenden Erderwärmung, könnte der Solarthermie der Durchbruch gelingen. Neue Sonnenöfen entstehen in Spanien, Italien und den USA. Es gibt sogar Abschätzungen, wonach sich der Energiehunger der ganzen Welt allein durch Anlagen im brütend heißen Nordafrika decken ließe. Wissenschaft im Brennpunkt über einen ganz heißen Kandidaten, der sich anschickt, klimaschädliche Kohle- und Gaskraftwerke zu ersetzen.

    "Es ist ein ganz, ganz dürres und ausgemergeltes Land. Verstümmelte Grasreste. Es stehen der eine oder andere Kaktus bzw. auch vereinzelte Olivenbäume in der Gegend."

    "Prärie ist ein gutes Stichwort. Also, Almeria und die Gegend ist der Teil, wo Sergio Leone viele seiner Italo-Western gedreht hat."

    ".Interessanterweise ist der Kraftwerksstandort zehn Kilometer von der Estacion de la Calahora entfernt, da, wo Spiel mir das Lied vom Tod gedreht wurde."

    "Wir spielen hoffentlich nicht das Lied vom Tod. Wenn, dann den Tod der konventionellen Energien und hoffentlich nicht der alternativen Energien."

    Viele kennen Almeria nur als Flughafen an der Costa del Sol, an Spaniens Mittelmeerküste. Gleich um die Ecke gebe es die schönsten Sandstrände des Landes, hört man immer wieder. Ins Hinterland aber verirren sich Touristen kaum einmal. Der Landstrich ist gebirgig und karg, im Sommer dörrt ihn die Sonne regelrecht aus, das Gras färbt sich rot-braun.

    Hier, nur 30 Kilometer vom Meer entfernt und versteckt hinter fast 14-hundert Meter hohen Bergen, gibt es sogar einen Flecken Wüste: die Desierto de Tabernas. Es ist die einzige Wüste Europas. Viel Sonne, kaum eine Wolke am Himmel, fast kein Regen.

    Die Kulissen von Film-Klassikern wie Spiel mir das Lied vom Tod stehen zum Teil noch: fiktive Western-Städte in der staubtrockenen andalusischen Wüste. Immer wieder mal werden sie für Film-Aufnahmen genutzt.

    Doch inzwischen haben auch andere den Reiz der Gras- und Baumsteppe in Spaniens Süden entdeckt. Es sind Menschen von einem ganz anderen Schlag. Keine Kunstschaffenden, sondern Ingenieure. Auch sie sind vermutlich dabei, Geschichte zu schreiben. Keine Film-, sondern Technik-Geschichte. In Andalusien entstehen derzeit die ersten solaren Großkraftwerke Europas. Anlagen, die die intensive Sonnenstrahlung im Süden Spaniens einfangen, konzentrieren und ihre Energie in Strom umwandeln. Man spricht auch von solarthermischen Kraftwerken.

    An der Entwicklung der Projekte und Schlüsseltechnologien waren deutsche Experten maßgeblich beteiligt. Sie arbeiten zum Beispiel bei der Firma Flagsol in Köln. Der Verfahrenstechniker Thomas Thaufelder ist dort Geschäftsführer:

    "Eins ist sicher: In absehbarer Zeit werden fossile Brennstoffe zu schade sein, um sie einfach zu verbrennen. Und die Sonne wird länger scheinen, als die fossilen Brennstoffe reichen. Das wird die Zukunft sein."

    Ein Pfeiler der künftigen Stromversorgung sind Solar-Kraftwerke auch in den Energieszenarien des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, DLR. Dort befassen sich Wissenschaftler schon seit Jahren mit regenerativen Energieträgern, insbesondere mit den Chancen solarthermischer Kraftwerke in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung. Zu den einschlägigen Experten des DLR zählt der Physiker und Maschinenbau-Ingenieur Franz Trieb:

    "Wir haben mehrere Studien gemacht. Eine beschäftigt sich mit den Potentialen erneuerbarer Energien in der Mittelmeer-Region, also rund ums Mittelmeer. Da hat sich gezeigt: Es gibt jede Menge erneuerbare Energien, also nicht nur Sonnenenergie, sondern auch Windenergie, Biomasse, geothermische Energiequellen. Aber die Sonnenenergie ist mit Abstand die größte Ressource. Da würde theoretisch ein Prozent der Wüsten reichen, um die Weltstromversorgung zu machen. Das heißt andersherum: Man braucht nur einen ganz geringen Bruchteil der Flächen, die dort verfügbar sind, und der Potentiale, um einen vernünftigen Anteil der Energieversorgung bereitzustellen."

    In mittleren oder hohen Breiten macht es keinen Sinn, Sonnenlicht zu ernten, um Strom im Kraftwerksmaßstab zu erzeugen. Dafür muss man in den Süden. Zum Beispiel nach Spanien. Weil dort laut Thaufelder wesentlich mehr solare Energie pro Flächeneinheit vom Himmel strahlt:

    "Es ist 30, 40 Prozent besser als in Deutschland. Man hat einfach stabileres Wetter. Nicht nur, dass die Sonne höher steht. Die Sonnenscheindauer ist eben wesentlich länger als in Deutschland. Ja, und das macht das eben attraktiv. Noch besser wird es dann, wenn man noch weiter Richtung Süden geht nach Nordafrika. Dort hat man gigantische Standorte, sowohl von der Fläche als auch von der Strahlung [her]. Da wird es noch mal 'ne ganze Ecke besser."
    Los geht der solare Bauboom jetzt aber zunächst in Spanien. Das hat einen simplen Grund: Wer solaren Kraftwerksstrom ins öffentliche Netz einspeist, bekommt über 20 Euro-Cent pro Kilowattstunde, staatlich garantiert, und das mehr als 20 Jahre lang. Spanien hat entsprechende Gesetze erlassen. Erst dadurch können Sonnenkraftwerke nun kommerziell, mit Gewinn, betrieben werden

    "Das muss man auch zugestehen, dass diese Technik noch teurer ist als 'ne herkömmliche Art der Stromerzeugung durch das Verbrennen von Kohle oder Öl oder Gas. Und deswegen hat diese Technik nach wie vor den Nachteil, dass sie von der Wirtschaftlichkeit her eben kämpfen muss."

    Andalusien also! Von den Urlaubsstränden ist es nur ein Katzensprung zu den künftigen Energiezentren der Region:

    "Es gibt eine Autobahn, die führt von Almeria nach Granada. Und direkt neben dieser Autobahn liegt das Kraftwerk."

    Oliver Vorbrugg fährt die 60 Kilometer lange Strecke des Öfteren. Sie steigt ständig an und führt den deutschen Ingenieur auf eine weitläufige, nur schwach besiedelte Hochebene:

    "Die Marquesado-Ebene. Liegt auf 1.100 Meter am Fuße der Sierra Nevada. Und das Attraktive an dem Standort ist: Je höher, desto weniger Partikel in der Luft und desto höher die Strahlung."

    Vorbrugg ist Technischer Direktor von Milenio Solar, einer kleinen Firma mit Stadtbüro in Almeria. Dahinter steht ein deutsches Unternehmen: die Erlangener Solarmillennium AG. Vor neun Jahren begann sie mit der Planung für ein Sonnenkraftwerk in Andalusien. Jetzt sind sogar zwei in Bau, am Ende sollen es drei werden, Zaun an Zaun auf der Hochebene in der Provinz Granada. Sie heißen Andasol 1, 2 und 3. Es handelt sich um Parabolrinnen-Kraftwerke

    "Es sind lange, ja, verspiegelte Dachrinnen. Vielleicht kann man's sich so am besten vorstellen. Große Dachrinnen. Die sind etwa fünfeinhalb Meter im Querschnitt und viele Hunderte Meter lang. Wenn man von etwa zwei, drei, vier Kilometer Abstand auf die Anlage sieht, dann sieht diese verspiegelte Fläche aus wie ein See, der so ein bisschen flimmert und ein bisschen spiegelt."

    Die Dachrinnen, wie Vorbrugg sie nennt, sind leistungsstarke Solar-Kollektoren. Die konvex gekrümmten Glasspiegel auf ihrer Innenseite bündeln das einfallende Sonnenlicht wie eine Lupe, allerdings nicht auf einen einzelnen Brennpunkt, sondern auf eine Brennlinie. Sie erstreckt sich über die ganze Länge der Spiegeltröge. Genau in der Brennlinie verläuft ein durchsichtiges, Laternenpfahl-dickes Rohr. Darin zirkuliert ein spezielles Thermo-Öl. Von der geballten, 100fach konzentrierten Sonnenstrahlung wird es auf knapp 400 Grad Celsius erhitzt

    "Dann müssen Sie das heiße Öl nehmen und die Energie auf Wasser übertragen. So produzieren Sie Dampf, und mit diesem Dampf , den schicken Sie in eine Turbine, was in jedem konventionellen Dampfkraftwerk auch passiert."

    Aus den Worten von Flagsol-Chef Thaufelder wird deutlich: Anlagen wie Andasol 1 bis 3 unterscheiden sich prinzipiell nur in einem Punkt von gewöhnlichen, fossilen Kraftwerken: Statt Kohle oder Erdgas zu verbrennen, nutzen sie Solarstrahlung für die Hitze-Erzeugung. Alles, was danach kommt - Wärmetauscher, Dampfproduktion, Turbine und Stromgenerator -, all das ist ganz normale Kraftwerkstechnologie.

    Doch um genügend Sonnenlicht für ein richtiges Kraftwerk einzufangen, bedarf es Unmengen von Parabolspiegeln. Andasol 1 und 2 sollen es immerhin auf zusammen 100 Megawatt elektrische Leistung bringen. Das reicht, um eine Großstadt mit über 300.000 Einwohnern mit Strom zu versorgen:

    "Kein Forschungsmaßstab. Es ist wirklich Groß-Kraftwerkstechnik. Das Solarfeld hat eine Fläche von etwas über 500.000 Quadratmetern für eine Anlage mit 50 Megawatt "

    Das entspricht etwa 80 Fußballfeldern

    "Das liegt auch daran, dass wir einen thermischen Speicher hier verwenden bei dieser Anlage. Man bräuchte für die 50 Megawatt an sich ein kleineres Solarfeld. Wir bauen unseres etwa doppelt so groß wie nötig, haben aber dann den Vorteil, dass wir die gespeicherte Energie zu einem beinahe beliebigen Zeitpunkt ins Netz einspeisen können."

    Nachts scheint keine Sonne. Mitunter ist es auch tagsüber bewölkt. Da macht es Sinn, einen Akku in der Anlage zu haben, ihn am helllichten Tage aufzuladen und dann, wenn es an Strahlung fehlt, wieder zu entleeren. Eine Hälfte der insgesamt 200.000 Parabol-Spiegel liefert Sonnenenergie für die direkte Stromerzeugung; die andere Hälfte ist dazu da, den Akku aufzuladen - ein Monstrum übrigens: 15 Meter hoch und knapp 40 Meter breit.

    Die Energie aus solarthermischen Kraftwerken wird auf diese Weise regelbar, wie Thaufelder sagt: Der Sonnenstrom kann rund um die Uhr eingespeist werden, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet:

    "Der Speicher funktioniert so, dass Sie als Wärme-Speichermedium flüssiges Salz benutzen. Im übrigen ein Düngemittel, das ist ein Nitrat-Salz, knapp 30.000 Tonnen."

    Bevor das Kraftwerk ans Netz geht, wird das zunächst einmal feste Salz unter Wärmezufuhr geschmolzen. Es hat dann eine Temperatur von 300 Grad Celsius:

    "Mit der überschüssigen Energie aus dem Solarfeld wärmt man dieses Salz auf von 300 auf 400 Grad. Und zum Beispiel in der darauf folgenden Nacht kühlt man das Salz wieder ab von 400 auf 300. Und mit dieser Wärmeenergie erzeugt man Dampf. Und aus dem Dampf erzeugt man Strom."

    Solche Salz-Akkus sind zwar schon ausgiebig getestet worden, aber:

    "In dieser Größenordnung hat das auch noch niemand gemacht bisher."

    Im Mai 2008 soll Andasol 1 ans Netz gehen, als dann größtes solarthermisches Kraftwerk der Welt. Weitere neun Monate später soll Andasol 2 den ersten Strom produzieren. An beiden Projekten ist die Solarmillennium AG jeweils zu einem Viertel beteiligt. Die Hauptanteile hält Spaniens größter Anlagenbauer ACS-Cobra. Das dritte Solarkraftwerk auf der Hochebene bei Granada könnte schließlich 2010 in Betrieb gehen.

    Oliver Vorbrugg wähnt die Technologie vor dem Durchbruch

    "Die richtige Goldgräberstimmung, die fängt ja gerade erst an. Wir haben an dem Standort 1999 angefangen, das Projekt zu entwickeln. Und wir wurden von allen belächelt und als verrückt betrachtet. Damals war das noch unvorstellbar. Es war nur brachliegendes Land. Es war 'ne wunderschöne Vision, sich auszumalen, dass man die Ideen, die man damals noch hatte, vielleicht tatsächlich in Wirklichkeit umsetzen könnte."

    Röger: "So, jetzt steigen wir in den Fahrstuhl hinein."

    "Vielleicht vom Geräusch her ein bisschen anders als ein moderner Büro-Fahrstuhl, aber er ist vollständig rundum geschlossen."

    "Wir fahren jetzt erstmal auf das Niveau 7. Das sind so ungefähr 60 Meter."

    Ideen und Visionen von künftigen Sonnen-Kraftwerken hat man auch hier schon länger, auf der Plataforma Solar de Almeria - im weltgrößten Forschungszentrum für Hochtemperatur-Solartechnik. Die Anlage ist mehr als 100 Hektar groß. Auch sie steht in Andalusien, am Rande der Desierto de Tabernas, der Wüste von Tabernas

    "Das dauert jetzt noch ungefähr zehn Sekunden, dann sind wir schon da."

    Auf der Plattform erprobt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt schon seit über 25 Jahren Komponenten für solarthermische Kraftwerke, gemeinsam mit Experten der spanischen Forschungsorganisation CIEMAT. Auch Marc Röger gehört zum DLR-Team vor Ort. Mit Helm und Walkie-Talkie ausgestattet, erklimmt der Energietechnik-Ingenieur das auffälligste Bauwerk des ganzen Testzentrums. Es ist ein rund 80 Meter hoher Betonturm.

    Zu seinen Füßen, Himmelsrichtung Norden, erstreckt sich ein großes Feld mit 300 einzelnen Spiegeln. Sie stehen da wie aufgeklappte Sonnenschirme am Hotelstrand, schön ordentlich in Reih und Glied. Nur sind sie wesentlich größer und auch nicht gewölbt, sondern plan. Heliostaten heißen die Apparaturen

    "Jeder 40 Quadratmeter groß. Die sind im Moment jetzt gerade in der Ruhestellung, weil wir heute leider einen bewölkten Tag haben. Normalerweise werden diese Spiegelflächen so der Sonne nachgeführt, dass die Sonne genau auf einen Punkt hier auf dem Turm konzentriert wird."

    "Der Turm hat drei Öffnungen auf das Heliostaten-Feld. Durch diese Öffnungen dringt das Licht auf hier drei Test-Receiver. Das Wort Receiver heißt ja Empfänger, in diesem Fall ist es ein Strahlungsempfänger. In diesen drei Test-Receivern wird dieses Licht absorbiert, in Wärme umgewandelt. Luft, die vorher unter Druck gesetzt wurde, durchströmt diese Receiver und wird dann auf Temperatur gebracht, für den Antrieb einer Gas-Turbine."

    Spätestens jetzt ist klar: Neben den Parabolrinnen-Anlagen gibt es noch eine andere Sorte Kraftwerk in der andalusischen Sonne. Man nennt sie solare Turm-Kraftwerke

    "Das Besondere eigentlich an den Turmkraftwerken ist, dass ein Temperaturniveau bis 1000 Grad Celsius relativ einfach erreichbar ist, während bei Parabolrinnen zum Beispiel die Konzentration nur bis ca. Faktor 80 geht. Hier beim Turm kommt man einfach bis Faktor 1000, tausendfache Sonne."

    Der Turm wird gebraucht, um die Strahlungsempfänger hoch genug aufzuhängen - eine geometrische Notwendigkeit. Ein tieferer Brennpunkt wäre nicht denkbar. Dann würden die hinteren Heliostaten im Solarfeld ihr gebündeltes Sonnenlicht auf die Spiegel in den vorderen Rängen werfen

    In der Nähe von Sevilla ist jetzt gerade das erste kommerzielle Turmkraftwerk Europas ans Netz gegangen, betrieben vom spanischen Energieversorger Abengoa. Mit über 600 Heliostaten, die der Sonne im Sekunden-Takt folgen; mit einem 115-Meter-Turm und einer Leistung von 11 Megawatt. Damit hat die Anlage eher noch Demonstrationscharakter. Ein einziger Andasol-Parabolrinnen-Block produziert fast fünfmal so viel Solarstrom.

    Doch wenn sie einmal technisch ausgereift sind, haben Turmkraftwerke einen großen Vorteil gegenüber Parabolrinnen-Systemen: Man kann aus ihnen kombinierte Gas- und Dampf-Kraftwerke machen. 1.000 Grad heiße Luft erlaubt es, eine Gasturbine zu betreiben und zusätzlich noch Dampf zu erzeugen, den man auch noch mal über eine Turbine schicken kann. Das ermöglicht besonders hohe Wirkungsgrade bei der Umwandlung von Sonnenenergie in Elektrizität.


    "Mach mal die Schelle druff. Sind das alle 6er Schrauben, die Du noch hast?" "Nee!" "Den kannste jetzt ruhig runter nehmen wie Du willst. Wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir das so in dem gleichen Winkel wie den vorigen runter bringen." "Ich bin doch erstmal jetzt hier am Basteln "

    "Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht den andalusischen Sand mit in die Messleitungen mit reinschieben "

    Eine andere Ecke der Plataforma Solar. Mitarbeiter einer deutschen Spezialfirma verlegen fingerdicke Rohrleitungen aus solidem V2A-Stahl

    "Das sind Impulsleitungen, Messleitungen. In den Rohrleitungen läuft dann Wasser und Dampf. Der Druck, der jetzt auf diesem System herrscht, wird dann durch einen Umformer umgewandelt in ein elektrisches Signal, also bestimmte Ampere-Zahl."

    Die Firma MAN Ferrostahl aus Essen baut an dieser Stelle eine neue Versuchsanlage auf. Sie ist über hundert Meter lang und gut zehn Meter hoch. Weil im Moment die Mess- und Regeltechnik installiert wird, hält sich auch Siegfried Hein in Almeria auf, der zuständige Ingenieur des deutschen Unternehmens:

    "Wenn man von weitem kommt, wirkt es eher wie 'ne Brückenkonstruktion ohne Fahrbahn, wo die Fahrbahn noch praktisch aufgesetzt wird. Das ist halt das Besondere bei diesem Kollektor-Typ, dass hier in diesen Stegen die Spiegel noch eingehangen werden und diese Gelenke dann die Spiegel optimal zur Sonne ausrichten."

    Die Spiegel, die noch eingesetzt werden müssen, sind so genannte Fresnel-Kollektoren. Wenn die Anlage in wenigen Wochen läuft, werden auch sie Sonnenstrahlung auf ein Rohr in der Brennlinie leiten.

    Doch anders als die Spiegel in den Parabolrinnen sind die Fresnel-Kollektoren plan geschliffene und sehr schmale Elemente mit minimaler Bauhöhe. Sie reihen sich aneinander wie die Stege einer Holzbrücke. Und es gibt noch einen Unterschied: In dem Rohr wird kein Thermo-Öl mehr zirkulieren, sondern Wasser, das durch die Sonne verdampft wird. Man erhält das Antriebsmittel für die angeschlossene Kraftwerks-Turbine also auf direktem Wege. Und kann auf das teure und empfindliche Spezial-Öl verzichten - wenn die Versuche Erfolg haben.

    "Die Forschungsplattform hier spielt schon eine ganz wichtige Rolle, um die Techniken, die schon da sind, noch zu verbessern, also wirklich noch%e an Effizienzen herauszuholen, die im Kraftwerksbereich sehr wichtig sind. Und zum anderen auch Technologien, die im Moment noch in einem jüngeren Stadium sind, wirklich bis zur Marktreife zu führen wie zum Beispiel die Solarturm-Technologie, wie auch Fresnel-Technologie, wo eben hier noch Demonstrations- und Forschungsprojekte gerade laufen, um das weiterzuentwickeln."

    Christoph Richter ist der leitende Solarforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt am Standort Almeria. Die jahrelangen Arbeiten auf der Test-Plattform tragen jetzt Früchte. Der physikalische Chemiker traut der Solarthermie zu, eine große Rolle bei der Ablösung der fossilen Energieträger zu spielen:

    "Sie kann da relativ schnell einen relativ hohen Beitrag leisten, weil eben auch die Einheiten, die wir hier bauen mit dieser Technologie, energietechnisch gesehen relativ groß sind. Typischerweise bauen wir 50-Megawatt-Anlagen, deutlich größer als das, was zum Beispiel mit Photovoltaik gemacht wird. Also eher im Bereich großer Windanlagen zum Beispiel. Ich meine Windparks, heute mit typischerweise vielleicht bis 100 Megawatt. Also große Windparks."

    Jetzt, da die Sonnenkraftwerke flügge sind, wird es auf der Plataforma Solar mit all ihren dreh- und schwenkbaren Spiegeln bald noch betriebsamer zugehen. Die spanischen Forscher von der CIEMAT wollen noch in diesem Jahr ein komplettes Parabolrinnen-Kraftwerk auf dem Testgelände hochziehen, bei dem die Direktverdampfung zum Einsatz kommt. Die Demonstrationsanlage soll fünf Megawatt leisten.

    Das Ziel ist klar: Die Kosten sollen weiter runter, die Erzeugung des Sonnenstroms aus der Wüste billiger werden.

    "Wir erwarten davon, dass, sagen wir mal, der Stromgestehungspreis noch um circa zehn Prozent geringer wird. Und das ist natürlich einfach noch mal ein wichtiger Schritt in diesem ganzen Prozess, die Kosten zu senken und letzten Endes auch ohne irgendwelche Fördermaßnahmen konkurrenzfähig zu werden zu konventionellen Kraftwerken."

    In Spanien sollen in einer ersten Ausbauphase bis Ende des Jahrzehnts Sonnen-Kraftwerke mit einer Leistung von zusammen 500 Megawatt ans Netz gehen. Doch das wird nur der Anfang sein. Auch die deutsche Solarmillennium AG entwickelt emsig weitere Projekte, wie Oliver Vorbrugg verrät:

    "Wir sind dabei, in Andalusien, Extremadura, Castillo de la Mancha und Murcia neue Kraftwerksstandorte zu finden und daran zu arbeiten, dass wir noch weitere Kraftwerke umsetzen. Ziel ist es, dass wir den ganzen Süden Spaniens abdecken. Man rechnet damit, dass in den nächsten Jahren noch sehr viele weitere solarthermische Kraftwerke hier in Spanien und insbesondere im Süden gebaut werden."

    In den Startlöchern steht die Technologie auch in Nordafrika. Thomas Thaufelder, Chef von Flagsol, der Technik-Tochter von Solarmillennium:

    "Algerien hat dort 'ne Vorreiterrolle, die ein Programm bis 2020 aufgelegt haben, mehrere Anlagen mit solarem Anteil dort zu bauen. Es gibt auch Ausschreibungen in Marokko. In Ägypten ebenso. Also, man ist auch dort aufgewacht und versucht, dort eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen."

    Auch in den USA seien neue Anlagen geplant, sagt DLR-Chemiker Christoph Richter. Und zwar in den Bundesstaaten Kalifornien und Nevada

    " Stromerzeugung hat sicherlich die Perspektive, in den nächsten zehn Jahren einige Gigawatt an installierter elektrischer Leistung weltweit zu erzeugen. Also das, was sozusagen der Leistung von mindestens fünf bis sechs Kernkraftwerken entsprechen würde. Sobald gewisse Rahmenbedingungen geschaffen sind, ist da durchaus explosionsartiges Wachstum möglich - exponentielles Wachstum, sagen wir mal." "

    Es gibt die Vision von einem transmediterranen Solarstromverbund. Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung kontinuierlich zu steigern. Mitte des Jahrhunderts soll er bei mindestens 50, wenn nicht gar 60 Prozent liegen. Das ist die Vorgabe einer vorausschauenden Energie- und Klimapolitik in der EU.

    Strom aus solarthermischen Großkraftwerken in Spanien, vor allem aber in Nordafrika könnte dabei eine wichtige Rolle spielen, glaubt auch DLR-Spezialist Franz Trieb:

    "Und zwar über die Möglichkeit, Solarstrom aus der Wüste zu uns zu exportieren mit Hochspannungs-Gleichstromleitungen. Das ist auch Stand der Technik seit mehreren 'zig Jahren, so dass wir also Solarstrom aus der Region importieren können. Ich schätze mal, das fängt so 2020 an, und man könnte bis 2050 so einen 10- bis 15prozentigen Anteil an unserer Stromversorgung so machen."

    Die Rede ist inzwischen vom EUMENA-Verbund. Von einer Strom-Partnerschaft zwischen Europa, dem Mittleren Osten und Nordafrika. Eine solche Allianz schlägt zum Beispiel auch der Club of Rome vor:

    "Was im Stromsektor fehlt, sind die Autobahnen. Also etwas, was effizient den Fernverkehr sozusagen ermöglicht, und das wäre so ein HGÜ-Netz über Europa. Hochspannungsgleichstrom-Übertragungstechnologie. Wenn wir mit der nächsten Generation Kabel rechnen - wir sagen ja, dies fängt so im Jahr 2020 an -, dann können wir mit Übertragungsverlusten von drei Prozent für 1.000 Kilometer Entfernung rechnen, das heißt wenn wir Marokko mit Deutschland verbinden und Solarstrom aus Marokko nach Deutschland übertragen, hätten wir so etwa zehn Prozent Verlust. Bei 'ner dreifachen Solareinstrahlung in Marokko lohnt sich das alle Male."

    Die deutschen Projektentwickler haben ihre Fühler deshalb längst nach Nordafrika ausgestreckt und sind bei den ersten Ausschreibungen präsent, wie Thomas Taufelder bestätigt:

    "Wir arbeiten in diese Richtung. Überlegen Sie: die ungenutzten Flächen in Nordafrika. Sie haben dort keine Flächenkonkurrenz. Sie haben Land, in dem es außer Sonne eigentlich nichts gibt. Was liegt näher, als dort diesen Überfluss einzusammeln und in kostbaren Strom zu verwandeln? Natürlich, man braucht ein bisschen Zeit dazu, aber es ist einer der Schlüsselmärkte der Zukunft, die nordafrikanische Region."

    So hoffnungsvoll das alles klingen mag. Solarthermiker können auch eine andere Geschichte erzählen. Es ist eine traurige Geschichte. Sie handelt von verpassten Chancen und schmerzenden Zeitverlusten. Denn die Technologie ist keineswegs brandneu. In Kalifornien wurden bereits vor zwei Jahrzehnten Parabolrinnen-Kraftwerke entwickelt und installiert, als Reaktion auf den ersten Ölpreis-Schock. Noch bis vor kurzem waren es die einzigen solaren Großkraftwerke der Welt

    "Eine der beliebtesten Fragen im Anlagenbau: Warum haben wir das nicht schon früher gemacht? Ich meine, wir haben diese Anlagen gesehen vor 20 Jahren in USA. Dann veränderten sich die Rahmenbedingungen, der Preis für fossile Energieträger ging in den Keller. Und entsprechend war die Situation so, dass diese Anlagen nicht mehr wirtschaftlich waren. Also gab es eben neun Anlagen. Und danach war Ende." O-Ton 38b - Trieb (MD EE 2006 II, Take 11, 5:43-6:16): "Wir haben ein Jahrzehnt verloren, locker, wenn nicht zwei. Jetzt wachen wieder alle auf. Und jetzt muss man halt die verlorene Zeit wieder einholen. Das ist schade, auch für das Klima. Das ist schade auch für die Verbraucher, weil die jetzt jedes Jahr höhere Kosten zahlen. Das hätte man vermeiden können, wenn man die Lernkurve der Solarthermie schon durchlaufen hätte. Das müssen wir jetzt wieder aufholen."

    dass der Bau der ersten großen Sonnenkraftwerke rund um das Mittelmeer abermals nur ein Strohfeuer sein wird, kann sich DLR-Visionär Franz Trieb nicht vorstellen:

    "Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel der Raum Mittlerer Osten/Nordafrika bis zum Jahr 2050 in eine Größenordnung wachsen wird wie wir [sie] heute haben im Stromverbrauch, also da entsteht praktisch ein zweites Europa südlich des Mittelmeers. Und diesen Bedarf, den kann man eigentlich gar nicht anders decken. Deswegen seht' ich da durchaus optimistisch für die solarthermischen Kraftwerke in die Zukunft."

    Auf der Plataforma Solar de Almeria dürften die Sonnenöfen deshalb nicht so schnell erlöschen. Ganz im Gegenteil: Auf den deutschen Standortleiter Christoph Richter und seine Kollegen kommen neue Herausforderungen zu. Solarkraftwerke entstehen in Regionen, die man zum Sonnengürtel der Erde zählt. Dort ist das Wasser knapp. Deshalb wird man die Anlagen über kurz oder lang mit einer Meerwasser-Entsalzung kombinieren - und auch hier fossile, klimaschädliche Energieträger durch die Kraft der Sonne ersetzen

    "Und auch ein ganz wichtiges Thema in der Zukunft ist die Herstellung solarer Brennstoffe, also zum Beispiel Wasserstoff, den man eben mit den hohen, hier erzielbaren Temperaturen thermochemisch auch erzeugen kann, um ihn zum Beispiel im Transportsektor einzusetzen. Also, die Ideen und der Forschungsbedarf reichen locker noch die nächsten 50 Jahre und mehr."