Archiv


Krater, Dünen, Eisvulkane:

Planetologie. - Seit zwei Jahren kreist die Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Neben dem Ringplaneten ist Titan, Saturns größter Mond, ein Hauptziel der Mission. Titan ist der einzige Mond im Sonnensystem mit einer dicken Atmosphäre. In der heutigen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" berichtet das Cassini-Team von Radarbeobachtungen des Saturnmondes Titan.

Von Dirk Lorenzen |
    Steve Wall ist der stellvertretende Leiter des wissenschaftlichen Radarteams der Raumsonde Cassini - jahrelang hat er gespannt gewartet, was die Radarwellen auf dem in eine dicke Wolkenschicht gehüllten Saturnmond Titan entdecken würden.

    "The most surprising thing to us as scientists is, that Titan is so much like the Earth."

    Das Team um den Forscher am Jet Propulsion Laboratory der Nasa im kalifornischen Pasadena stellt überrascht fest, dass auf Titan vor allem Phänomene ablaufen, die es auch auf der Erde gibt:

    "Wir haben Vulkane entdeckt - allerdings speien die kein Magma wie auf der Erde, sondern Methan oder andere Kohlenwasserstoffe. Es gibt Einschlagskrater von Meteoriten und lange Dünenketten, die der Wind zusammengetragen hat. Wir sind fast sicher, dass es auf Titan Regen gibt - vermutlich regnet flüssiges Methan aus der Atmosphäre aus. Wir haben Flussbetten entdeckt und klare Spuren von Erosion. Wir glauben sogar Anzeichen für Tektonik gefunden zu haben. Titan hat vermutlich eine der erdähnlichsten Oberflächen im gesamten Sonnensystem."

    Im Schnitt fliegt Cassini etwa einmal pro Monat an Titan vorbei - und beobachtet dabei einen schmalen Streifen auf der Oberfläche per Radar. Bisher haben die Forscher Daten von etwa acht Prozent der Titanoberfläche - und sehen vor allem, dass sie ein Phänomen nicht sehen:

    "Wir sehen viel, viel weniger Einschlagskrater als wir erwartet haben. Die anderen Saturnmonde haben viel mehr Krater. Wir verstehen allmählich, dass diese Krater auf Titan durch die Erosion verschwunden sind oder von aus der Atmosphäre ausfallendem organischen Stoffen verschüttet wurden. So wie es auf der Erde einen Wasserkreislauf aus Regnen und Verdunsten gibt, gibt es auf Titan wohl einen Kohlenwasserstoffkreislauf. Durch all diese Prozesse werden die Krater langsam verwischt, ganz ähnlich einigen Kratern in Kanada und Südamerika."

    Cassini hat auf Titan zwar zwei große Einschlagskrater mit 450 beziehungsweise 80 Kilometern Durchmesser entdeckt - aber verglichen mit den anderen Saturnmonden müsste allein die bisher per Radar kartierte Fläche Hunderte von Kratern mit mehr als 20 Kilometern Durchmesser zeigen. Titan war sicher genau dem gleichen Bombardement kosmischer Geschosse ausgesetzt wie die anderen Saturnmonde - somit bleibt für Steve Wall nur eine Schlussfolgerung:

    "The surface is certainly very young. We don't know numbers yet, but we know that this is a very young surface compared to other planets."

    Die Oberfläche muss sehr jung sein - sie wird ständig überarbeitet. Zwar können die Forscher nach den ersten Auswertungen noch kein genaues Alter angeben, aber schon jetzt ist klar, dass Titans Oberfläche bei weitem nicht Milliarden Jahre alt ist, wie etwa Bereiche auf dem Mars. Wind, Eisvulkane und Methanregen verändern die Oberfläche ständig. Um aus den Radardaten noch mehr Details über die Oberfläche zu lernen, nutzt das Team um Steve Wall die Aufnahmen von Cassinis Tochtersonde Huygens, die Anfang 2005 auf dem Titan gelandet ist:

    "Wir sehen einige dieser langen Sanddünen sowohl in den Huygens-Bildern als auch in unseren Radardaten. Per Radar erreichen wir nur eine Auflösung von etwa 500 Metern. Huygens hat nur einen kleinen Bereich von Titan beobachtet, den aber in höchster Auflösung. Durch den Vergleich lernen wir viel darüber, was unsere Radardaten zeigen und was auf dem Titan abläuft. Wir tragen alle Daten zusammen - aber das dauert noch."

    Und mit jedem Vorbeiflug der Raumsonde Cassini am Titan kommen neue Radardaten hinzu. Das nächste Mal geht der so erdähnliche Mond mit der jungen Oberfläche am 2. Juli in die Radarfalle.