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Kreative auf der Überholspur

Das Jahr der Geisteswissenschaften neigt sich dem Ende - doch haben die Fächer damit einen Aufschwung erlebt? Auf dem Arbeitsmarkt sind die Aussichten besser geworden. Kulturmärkte und Industrieunternehmen setzen zunehmend auf die Kompetenzen von Geisteswissenschaftlern. Städte und Kommunen stecken viel Kraft in den Markt der so genannten Creative Industries - ein Beschäftigungsfeld, in dem Geisteswissenschaftler und Künstler nicht selten eine Nische finden.

Von Britta Mersch |
    " Am allerliebsten würde ich in die Kulturmanagement-Richtung gehen, aber ich denke mal, dass ich noch nicht so fest sagen kann, dass kann ich am allerbesten, da bin ich schon recht offen. "

    Patricia Franz studiert Kulturwissenschaften an der Universität Bremen. Neben Kulturgeschichte und -theorie haben die Geisteswissenschaftler die Möglichkeit, an dem bundesweit einmaligen Modul "Creative Industries" teilzunehmen - ein Seminar, in dem Experten aus der Praxis über ihre Tätigkeiten sprechen. Eine gute Hilfe für die eigene Berufsfindung, findet Patricia Franz:

    " Zurzeit ist das alles sehr stark im Wandel, was sich für neue Berufsperspektiven erschließen und das zeigt ja auch sehr gut das Modul, was wir jetzt gerade machen, dass man überhaupt eine Idee bekommen kann, was man alles machen kann und man auch selber alles an sich entdecken kann, welche Fähigkeiten man hat. "

    Die Creative Industries gelten als Wachstumsmotor schlechthin. Die klassische Arbeit bei Verlagen oder im Theater gehört ebenso dazu wie die Planung von Literaturfesten oder das Kulturmarketing. Immer mehr Geisteswissenschaftler wagen zudem den Sprung in die Selbständigkeit. Sie gründen Recherchedienste für Produktionsfirmen oder entwickeln neue Angebote für Tourismusunternehmen. Einige werden sogar Personaler oder Manager in einem Unternehmen. Weil der Bedarf an kreativen Experten ständig steigt, hat Narciss Göbbel, Leiter des Kulturreferats der Stadt Bremen, das Modul "Creative Industrie" ins Leben gerufen.

    " Mir ist ganz wichtig, dass die Studierenden der Kulturwissenschaften, die in den vergangenen Jahren zu eng auf rein öffentliche Kultureinrichtungen orientiert waren, wie Museen oder der gleichen mehr, dass sie die gesamte Bandbreite des Kulturmarktes kennen lernen. Und seit einiger Zeit fangen die Städte und Regionen an, die Creative Industries, also das gesamte kreative Potenzial im Kulturbereich zu entdecken, gerade auch unter privatwirtschaftlicher Perspektive vor dem Hintergrund der Vielfältigkeit der Berufe. "

    Mit verschiedenen Initiativen stärken Städte und Kommunen deshalb die kreativen Beschäftigungsfelder. Gründerzentren helfen Künstlern und Geisteswissenschaftlern beim Aufbau eigener Unternehmen. Künstlerische Studiengänge setzen auf die Vermittlung von wirtschaftswissenschaftlichen oder pädagogischen Kompetenzen. Die Musikhochschule Detmold bietet neben dem klassischen Unterricht auch Seminare in pädagogischer Musikvermittlung an, sagt der Dozent Joachim Thalmann.

    " Wir müssen ein neues Bewusstsein schaffen, dass die besten Leute Pädagogen werden müssen. Sein eigener Marketingchef, in der Selbstdarstellung. Er muss dafür sorgen, dass er verstanden wird und haben in unsere Studiengänge so etwas eingebaut wie die Notwendigkeit von Musikvermittlung. Unsere Studenten müssen ab sofort in ihrem Studium lernen, wie sie zum Beispiel über die Musik reden. Wie sie sie gegenüber Kindern oder älteren Menschen oder Leuten, die wenig mit Musik zu tun haben, erklären. Sie müssen lernen, über sich zu sprechen und nicht mehr über dürre Fakten aus der Musikgeschichte, die ich noch gelernt habe. "

    Der Bedarf an den Musik-Pädagogen ist da: Viele Theater suchen bereits Moderatoren für klassische Musikveranstaltungen. Die Hochschulen reagieren also auf den Bedarf an kreativen Köpfen - und geben ihren Studenten möglichst viel Handwerkszeug mit auf den Weg. Das Credo: Wer kreativ mit den persönlichen Fähigkeiten umgeht, findet auf dem Arbeitsmarkt auch die eigene Nische. Studenten wie Patricia Franz, die in Bremen Kulturwissenschaften studiert, blicken dank solcher Initiativen zuversichtlich in die Zukunft:

    " Ich denke mir, dass man immer was finden kann, wenn man flexibel ausgebildet ist als andere, weil man einen besseren Überblick hat, weil man lernt, damit umzugehen, welche Kenntnisse kann man kompensieren und seine Fähigkeiten vielseitig einzusetzen und ich denke schon, dass die Leute langsam wachgerüttelt werden, das auch zu bemerken, dass die Leute was können. "