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Krebsgefahr bei der Hautpflege

Chemie. Nitrosamine gelten als krebserregend. Und doch finden Chemiker die Stoffgruppe regelmäßig in Kosmetikprodukten. Auf dem Deutschen Lebensmittelchemikertag in Dresden wurden alarmierende Ergebnisse präsentiert.

Von Volker Mrasek |
    Das Shampoo soll gut riechen, die Hautcreme Feuchtigkeit spenden und der Lippenstift Farbakzente setzen. So wünschen es sich Verbraucherinnen und Verbraucher. Doch was sie nicht ahnen: Eine ganze Reihe Kosmetika hat auch ziemlicht unerwünschte Eigenschaften: Sie enthalten Nitrosamine. Eine Stoffgruppe, die als krebserregend für den Menschen eingestuft ist.

    Cornelia Walther leitet das Kosmetik-Labor im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim. In Dresden stellte die Lebensmittelchemikerin jetzt die Ergebnisse ihrer Analysen aus den Jahren 2001 bis 2005 vor:

    "Wir haben in dem Zeitraum über 400 Proben untersucht. Und das Ergebnis war, dass in 22 Prozent der untersuchten Proben Nitrosamine nachweisbar waren."

    Etwa jedes fünfte untersuchte Kosmetikum enthielt demnach die unerwünschten Krebsgifte. Am besten sah es nach den Analysebefunden noch bei Hautpflegeprodukten aus, bei Gesichtscremes und Körperlotionen. Da erwiesen sich nur fünf Prozent der Proben als belastet.

    "Und die Gruppe, die am stärksten nitrosaminbelastet war, wo wir die meisten Proben gefunden haben mit nachweisbaren Nitrosamin-Gehalten, das war die Produktgruppe dekorative Kosmetik, wobei ganz stark der Schwerpunkt auf Mascaras und Eyeliner lag."

    Mascaras, das sind Wimperntuschen, und Eyeliner Stifte, mit denen Frauen ihre Augenlider betonen. Fast 40 Prozent dieser Produkte fielen bei Prüfungen negativ auf. Beanstandungen gab es auch bei Haar- und Hautreinigungsmitteln: Etwa jedes zehnte Shampoo oder Haargel enthielt Nitrosamine, bei Duschbädern und dergleichen war es sogar jede vierte Probe.

    Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe sind die Befunde ganz ähnlich. Dort leitet Gerd Mildau den Fachbereich Kosmetische Mittel. Welcher Krebsgefährdung der Mensch durch die Nitrosamine tatsächlich ausgesetzt ist, kann man laut Mildau nicht genau sagen:

    "Die Betrachtung geht eher dahin, dass man sagt: Im Rahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes muss ich dafür sorgen, dass Nitrosamine in den Produkten schlichtweg nicht enthalten sind, also nicht nachweisbar sind. Unsere Methoden sind sehr empfindlich. Die Konzentrationen, die Sie da finden, sind sehr gering. Aber es gilt eben, den Verbraucher zu schützen und zu sagen: möglichst null Toleranz, möglichst keine Nitrosamine nachweisbar."

    Dass die Krebsgifte in Kosmetika auftauchen können, ist schon lange bekannt. Bereits Ende der 80er Jahre wies das damalige Bundesgesundheitsamt auf das Risiko hin. Seither kennt man auch die möglichen Ursachen des Problems. Zum einen sind das verunreinigte Rohstoffe wie der gerne benutzte Emulgator Triethanolamin, zum anderen grobe Fahrlässigkeiten bei der Rezeptur. Es kann nämlich sein, dass Nitrosamine erst im Produkt entstehen, etwa durch den Einsatz der falschen Konservierungsstoffe zusammen mit dem genannten Emulgator.

    "Es wird deutlich darauf hingewiesen, dass man eben den Punkt der Nitrosamin-Bildung berücksichtigen muss und sehen muss, wie die ganze Rezeptur des Kosmetikprodukts ist, ob das in dem Fall eine Gefahr darstellt oder nicht. Und wenn es eine Gefahr darstellt, sollte man halt auf diesen Konservierungsstoff verzichten und auf einen anderen ausweichen."

    Namhafte Kosmetikfirmen beherzigen diese Ratschläge. Doch es gibt auch andere Anbieter. Sachverständige wie Gerd Mildau müssen feststellen,

    "dass der Kosmetikmarkt inzwischen ein internationaler Markt ist, das heißt, wir bekommen inzwischen Produkte zum Beispiel aus dem asiatischen Raum, wo die strenge europäische Gesetzgebung nicht vorhanden ist, so dass da immer wieder Produkte auftreten, die höhere Gehalte an Nitrosaminen enthalten. Solche Fälle haben wir immer wieder, dass Importeure einfach nicht Bescheid wissen und sich nicht genügend informieren. Wenn Sie bedenken, dass insgesamt über 3000 Substanzen in Kosmetika verwendet werden können, dann können Sie sich vorstellen: Man muss eine Ahnung von der Materie haben."

    In den beiden Untersuchungsämtern werden die Nitrosamin-Analysen weiter fortgesetzt, in Oberschleißheim sogar als Prüfungsschwerpunkt. Wie die Lebensmittelchemiker in Dresden andeuteten, sind die Beanstandungsquoten auch in diesem Jahr unverändert hoch.