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Russische Kosmonauten und der Ukraine-Krieg
Kriegspropaganda auf der Raumstation

Während praktisch alle Kooperationen im Raumfahrtbereich gestoppt sind, läuft der Betrieb der Internationalen Raumstation weiter, als wäre nichts geschehen. Dass die ISS keineswegs ein politikfreier Raum ist, haben die drei russischen Kosmonauten an Bord klar gemacht.

Von Dirk Lorenzen | 10.07.2022
Die ISS im Orbit um die Erde. Nach dem Abdocken von der ISS am 30. März 2022 fotografierte die Besatzung von Sojus MS-19 das russische Segment und die ISS. Derzeit besteht das russische Segment der ISS aus sechs Modulen: Zarya (auch bekannt als Functional Cargo Block, gestartet 1998), Zvezda (ein Servicemodul, gestartet 2000), Mini-Forschungsmodule Poisk (2009) und Rassvet (2010). , das Forschungsmodul Nauka (2021) und das Knotenmodul Prichal (2021). Roskosmos-Pressestelle/TASS
Die ISS im Orbit um die Erde, fotografiert von der Besatzung eines Sojus-Raumschiffs (picture alliance/dpa/Roscosmos Press Office)
Am neunten Mai, dem Jahrestag des Sieges der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, meldeten sich Oleg Artemjew, Denis Matwejew und Sergej Korssakow sehr deutlich zu Wort.
In einer Videobotschaft gratulierten sie allen Russen zum „Großen Sieg“ über Hitler-Deutschland – so teilte es die russische Weltraumbehörde Roskosmos mit.
Ferner wünschten sie den Menschen in Russland „geistige Frische, Frieden und alles Gute sowie den Militärdienstleistenden Erfolge bei ihrer höchst schwierigen und gefährlichen Kampfaufgabe zum Wohle Russlands“.
Es ist unklar, ob dies die persönlichen Ansichten der drei Kosmonauten waren oder ob sie diese Botschaft auf Geheiß von Roskosmos abgeben mussten. In jedem Fall ist damit auch der Modulkomplex in der Umlaufbahn in die Propaganda des Krieges eingebunden.
Dabei hatte Artemjew bei der Übernahme des ISS-Kommandos kurz zuvor betont, dass der Friede zwischen den beteiligten Ländern und die Freundschaft das wichtigste seien – und ausdrücklich für die Freundschaft zu den anderen an Bord gedankt. Das hatten Beobachter als leise Kritik an Putins Krieg gedeutet.
Die vier anderen Besatzungsmitglieder, drei stammen aus den USA, das vierte ist die ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti, haben sich zu diesem Vorfall öffentlich nicht geäußert.