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Kritik an Gauland
"Ein niederträchtiger und ein trauriger Satz"

Traurig und niederträchtig sei die Äußerung von AfD-Vize Alexander Gauland über Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng, ließ Kanzlerin Angela Merkel über ihren Regierungssprecher mitteilen. Und auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bescheinigte Gauland, sich "auf der politischen Bühne total disqualifiziert" zu haben.

Von Falk Steiner | 30.05.2016
    Der Deutsche Jerome Boateng, aufgenommen am 29.05.2016 beim Länderspiel Deutschland - Slowakei in der WWK-Arena in Augsburg.
    Jérôme Boateng reagierte gelassen auf die Äußerungen von AfD-Vize Alexander Gauland. (picture alliance / dpa /Christian Charisius)
    Es ist vor allem eine Überschrift, die am Wochenende für viel Wirbel sorgte: Gauland beleidigt Boateng, so schrieb es die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Der AfD-Vizevorsitzende Alexander Gauland habe in einem Gespräch mit zwei Redakteuren der Zeitung gesagt: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben."
    Gemeint war damit wohl der deutsche Fußballnationalspieler Jérôme Boateng, ein in Berlin geborener Christ, dessen Vater aus Ghana kam.
    Die Reaktionen fallen seitdem heftig aus: Linke, Grüne, FDP, CDU, CSU – in allen politischen Parteien werden die Äußerungen scharf verurteilt. Deutliche Worte fand für die Bundesregierung am Mittag Regierungssprecher Steffen Seibert:
    "Dieser Satz, der da gefallen ist, ist ein niederträchtiger und ein trauriger Satz."
    Der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer bescheinigte Gauland heute in München, sich "auf der politischen Bühne total disqualifiziert" zu haben.
    Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner sprach heute Morgen von einem "Muster der AfD": Zuerst werde provoziert und nachher "differenziert, relativiert und dann rudere man zurück".
    Gauland widerspricht den Journalisten
    Aber ist das nun umstrittene Zitat so gefallen? Und ist es richtig oder falsch kontextualisiert? Die Journalisten der "Frankfurter Allgemeinen" sagen: ja – und verweisen auf übereinstimmende Mitschriften. Gauland selbst ließ per Pressemitteilung erklären, er habe "Herrn Boateng" nie beleidigt, anders, so der AfD-Vize, als "die FAZ insinuiere". Er habe die Einstellung mancher Menschen beschrieben.
    Zudem habe es sich um Äußerungen im Rahmen eines vertraulichen Hintergrundgespräches mit den beiden Journalisten gehandelt. Die weisen diese Darstellung zurück: Gauland habe solche Stellen des Gesprächs, denen er vertraulichen Charakter beimesse, als solche gekennzeichnet – die umstrittene Äußerung gehöre nicht dazu.
    Alexander Gaulands Parteichefin Frauke Petry hatte sich am Sonntag vorsorglich für die Aussage entschuldigt. Boateng sei "ein Klasse-Fußballer und zu Recht Teil der Nationalmannschaft". Der brandenburgische AfD-Chef berichtete zudem, dass Petry mit ihm telefoniert habe und sich, so wird Gauland in der "Bild" zitiert, "sehr kritisch über die Berichterstattung geäußert" habe.
    Der Nationalmannschafts-Verteidiger selbst sagte gestern Abend nach dem Länderspiel gegen die Slowakei der ARD:
    "Traurig, dass noch so was vorkommt, aber man kanns nicht ändern. Ich hoffe aber, es wird mit der Zeit besser und ich glaube, heute haben viele Leute eine sehr schöne Antwort gegeben."
    Per Twitter, Facebook und im Stadion in Augsburg signalisierten viele Menschen Jérôme Boateng , dass sie ihn sehr wohl gerne als Nachbarn hätten – auch der Potsdamer Nachbar Alexander Gaulands wird von einer Berliner Zeitung heute dahingehend zitiert, dass ihm der Fußballnationalspieler Boateng als Nachbar lieber wäre.