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Kühe aus dem Kosovo

Hauptbootsmann Volker Kaspers geht über das Gelände des Kuhzuchtbetrieb es Rudina in Prizren. Kaspers ist Friese und derzeit als Soldat der Bundeswehr im Kosovo eingesetzt. Das Büro, eine Baracke, ist mit ein paar Sperrholzmöbeln eingerichtet, an der Wand hängt Werbung für Joghurt. Hinter dem Schreibtisch sitzt der Chef des Betriebs, Aruq Krasniqi. Er ist von Haus aus Ökonom. Mit Kühen hatte der Albaner bis vor kurzem nichts zu tun:

Von Thomas Franke |
    Das ist ein Geschäft, wie jedes andere, aber ich mag das. Ich mag Tiere. Wir haben mit dem Betrieb im Jahr 2000 angefangen und uns erstmal sehr viel selbst beigebracht. Eine Menge haben wir aber auch von der Agrareinheit der Bundeswehr gelernt und lernen immer noch.

    Hauptbootsmann Kaspers trinkt einen Joghurtbecher aus und geht. Der Joghurt sei beliebt im Kosovo, sagt er. Und die Leute wüßten, dass die Bundeswehr die Meierei mit aufgebaut hat. Das schaffe Vertrauen. Volker Kaspers geht zu den Stallungen. Er ist mit Kühen groß geworden, auf dem Bauernhof. Kaspers war schon dabei, als der Betrieb in Prizren gestartet ist:

    Vom Start an haben wir das mitgekriegt, wie die 66 Kühe aus Deutschland gekommen sind. Problematisch war, dass die hochträchtig waren, dass die gleichzeitig gekalbt haben. Nebenbei haben wir denen eine Maissilage bereitet. Sie selber sind keine Landwirte und hatten also von der Silagebereitung keine Ahnung. Der Maschinenbesatz, der war katastrophal.Und nebenbei haben wir dann die Abkalbung auch noch mit gemacht, von den 66 Tieren, und mussten halt auch die Kälber versorgen, die Kälber aufstallen, den Leuten beizubringen, wie man halt ein Kalb versorgt in den ersten Wochen. Und teilweise waren wir hier bis 23 Uhr. Nebenbei kam dann auch mal ein Kaiserschnitt zustande. Interessante Aufgabe hier.

    Die neuen Besitzer wollten die Kühe an der Kette im Stall halten, erinnert sich Kaspers. Doch die Soldaten setzten ihre ganze Autorität ein. Er geht in den Stall, ein langes leeres Betongebäude. Das Kosovo hat saftige Wiesen:

    Das ist das erstmalig dieses Jahr, dass er die Kühe auf altkosovarische Weise, ein Hirte und eine Herde, die Kühe auf die Felder raustreibt, zumindest immer die Hälfte der Herde. Hier ist halt so die Gefahr, die Kriminalität ist sehr hoch, wenn sie eine Weide einzäunen würden, dann könnte es sein, dass unbemerkt mal ein Tier fehlt, oder auch zwei. Hier gibt es ganz viele wilde Hunde, richtige Rudel, bis zu 20 Stück. Und das ist ein leichtes für die, eine schwache kranke Kuh anzufallen, und dieses Risiko ist ihm einfach zu hoch.

    Die meisten Kühe sind Simmentaler, eine Mischrasse: Auf Fleisch und Milch gezüchtet. 20 Liter gäbe jede Kuh am Tag, bei sehr guter Haltung könnten sie das allerdings bis zu 35 Liter pro Tag steigern. Es habe am Anfang auch große Probleme damit gegeben, die Milch zu kühlen. Mittlerweile gibt es eine Kühlwanne. Kaspers zeigt auf ein paar Schwarz-Bunte auf dem Hof, reine Milchkühe. Die seien neu, aus der Gegend von Bremen gekommen. Sehr gute Tiere, meint der Bootsmann:

    Wenn die das richtige Grundfutter nicht bekommt, dann werden diese Tiere Schwierigkeiten haben mit der Milchleistung, die werden Schwierigkeiten haben mit der Gesundheit und auch mit der Fruchtbarkeit, man wird Schwierigkeiten haben, die zum Tragen zu kriegen.


    Kaspers geht hinüber ins Agrarinformationszentrum der deutschen KFOR in Prizren. Die deutschen Soldaten haben ihr Telefongeld gespendet, um dieses eiterbildungszentrum aufzubauen. 6.000 Euro sind dabei zusammengekommen, erläutert Kaspars Vorgesetzter Walter Herrmann:

    Wir führen hier Seminare durch, also eine Weiterbildung, einer Ausbildung
    für die Landwirte, mit einfachen Themen, mit verständlichen Themen. Und haben jetzt begonnen, erstmals ein Jugendsseminar, für die Jugendlichen aus der ländlichen Bevölkerung, die in der Landwirtschaft mit eingesetzt sind, durchzuführen. Unser Ziel ist es, dass die Jugendlichen aus den einzelnen Regionen sich dann selbst organisieren. Und was uns ganz besonders gefreut hat war, dass auch zwei junge Damen dabei waren, was nicht einfach ist für kosovarische Verhältnisse.