Unterhalb der Ortschaft Neuendorf wird es eng auf Hiddensee: Noch gibt es Bäume und Strand auf der Westseite zum offenen Meer, Schilf auf der Ostseite zum Bodden hin. Ein Landstück von dreißig, vierzig Metern Breite. Maximal. Eine Traum-Gegend für den Urlaub. So manchem Insulaner aber bereitet sie Alpträume. Bürgermeister Gino Leonhard:
Hier befinden wir uns wirklich an der schmalsten Stelle der Insel. Und in diesem Bereich gab es damals diesen riesengroßen Durchbruch.
Das war 1864. Nach einer großen Sturmflut trennte das Meer den Gellen, wie der Südzipfel Hiddensees heißt, vom Rest der Insel. Um das Landstück, immerhin knapp ein Drittel der Insel, wieder anzubinden, hatte man damals einen Steinwall errichtet. Der zieht sich von Neuendorf gut zwei Kilometer Richtung Süden bis auf den Gellen. Dort, an seinem südlichen Ende, kurz vor dem Vogelschutzgebiet für Watvögel, Kraniche und Singschwäne, könnte Hiddensee bei Sturmflut jederzeit wieder durchbrechen. Vor fünf Jahren wurden deshalb für drei Millionen Mark dreihunderttausend Kubikmeter Sand aufgespült. Nun will das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommerns den Küstenschutz an dieser Stelle aufgeben. Abteilungsleiter Günter Leymann:
Da gibt es zum einen, und das ist der Haupterwägungsgrund, die gesetzliche Verpflichtung, im Zusammenhang bebaute Orte zu schützen. Das heißt, wir schützen eben nicht die Küste, sondern wir schützen nur im Zusammenhang bebauter Orte, das ist ein Begriff aus dem Baugesetz.
Der Gellen ist unbewohnt. Darauf beruft sich das Ministerium. Und zum zweiten beruft es sich auf eine Studie:
Wir haben durch eine Universität berechnen lassen, was passieren wird, wenn Hiddensee infolge einer Sturmflut durchbricht, das Ergebnis war, dass für Rügen, für die Küstenschutzanlagen auf Rügen praktisch keine Auswirkungen erkennbar sind.
Küstenschutz, so eine weitere Erwägung des Umweltministeriums, ist immer ein Eingriff in die Natur: in geologische Prozesse, die sich im Grunde nicht anhalten lassen. Und für Odinshühnchen, Kiebitzregenpfeifer und Alpenstrandläufer würde eine eigene Insel womöglich die Vollendung des Paradieses bedeuten. Der Südzipfel Hiddensees ist schon jetzt Rast- und Mausergebiet von europäischem Rang. Im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur in Stralsund sagt Eckhard Bork:
Der Gellen ist eben teilweise gerade im südlichen Bereich Kernzone, insofern stellt sich schon die Frage: Ist es richtig, die Düne dort mit hohen finanziellen Mitteln wieder zu ertüchtigen oder sie in kleinen Unterhaltungsmaßnahmen relativ natürlich zu unterhalten und damit auch weitestgehend den Zielen des Nationalparks nahe zu kommen. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, dass eine Insel auch gerade im Nationalpark seine Berechtigung hat.
Genau dies aber könnte der Fall sein. Im Wasser- und Schiffahrtsamt Stralsund fürchtet man um die Nordzufahrt zum Hafen Stralsund. Die zweihundert Meter breite Wasserstraße trennt die Südspitze Hiddensees vom Ostausläufer der Halbinsel Darß. Um die Fahrrinne von viereinhalb Metern Tiefe zu erhalten, muss ständig gebaggert werden: jährlich für eine halbe Millionen Mark. Amtsvorstand Falk Mayer:
Gesetzt den Fall, ein Durchbruch würde in dem Bereich des Gellen dort passieren, dann wird es sicherlich so aussehen, dass auch die Fahrrinne nicht mehr mit einer Strömungsgeschwindigkeit versehen werden kann, sondern die wird sich verteilen, gleichmäßig durch den Durchbruch, und wir werden noch ein höheres Maß an Baggerungen betreiben müssen. Dann muss man eine neue Nutzen-Kosten-Rechnung aufstellen, die vielleicht nicht mehr zugunsten des Hafens ausgeht.
Ein Versanden der Nordzufahrt hätte erhebliche wirtschaftliche Folgen für die Region. Auch Hiddensee reklamiert negative Auswirkungen eines möglichen Durchbruchs. Immerhin kommen pro Jahr rund 400tausend Gäste auf die idyllische Insel. Bürgermeister Gino Leonhard:
Wir haben einen der schönsten Strände hier in diesem Bereich, und er gehört einfach mit zur Insel dazu. Wir haben weiterhin darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn es zu einem Durchbruch kommt, auch die entsprechenden Schiffahrtslinien, wovon wir auch abhängig sind, versanden werden, es wird Einschränkungen geben für die Fischerei. Das ist innerhalb des Gutachtens der Technischen Universität Dresden und innerhalb der Aussagen des Umweltministeriums auch nicht berücksichtigt worden.
Ende September soll ein Kabinettsbeschluss der Landesregierung entgültig über den Küstenschutz am Südteil der Insel Hiddensee entscheiden. Bis dahin wird es ein zusätzliches Gutachten geben, das vor allem die Schiffahrtsbelange einbezieht. Auf der Insel hofft man auf ein eindeutiges Votum für den Schutz am Gellen.
Hier befinden wir uns wirklich an der schmalsten Stelle der Insel. Und in diesem Bereich gab es damals diesen riesengroßen Durchbruch.
Das war 1864. Nach einer großen Sturmflut trennte das Meer den Gellen, wie der Südzipfel Hiddensees heißt, vom Rest der Insel. Um das Landstück, immerhin knapp ein Drittel der Insel, wieder anzubinden, hatte man damals einen Steinwall errichtet. Der zieht sich von Neuendorf gut zwei Kilometer Richtung Süden bis auf den Gellen. Dort, an seinem südlichen Ende, kurz vor dem Vogelschutzgebiet für Watvögel, Kraniche und Singschwäne, könnte Hiddensee bei Sturmflut jederzeit wieder durchbrechen. Vor fünf Jahren wurden deshalb für drei Millionen Mark dreihunderttausend Kubikmeter Sand aufgespült. Nun will das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommerns den Küstenschutz an dieser Stelle aufgeben. Abteilungsleiter Günter Leymann:
Da gibt es zum einen, und das ist der Haupterwägungsgrund, die gesetzliche Verpflichtung, im Zusammenhang bebaute Orte zu schützen. Das heißt, wir schützen eben nicht die Küste, sondern wir schützen nur im Zusammenhang bebauter Orte, das ist ein Begriff aus dem Baugesetz.
Der Gellen ist unbewohnt. Darauf beruft sich das Ministerium. Und zum zweiten beruft es sich auf eine Studie:
Wir haben durch eine Universität berechnen lassen, was passieren wird, wenn Hiddensee infolge einer Sturmflut durchbricht, das Ergebnis war, dass für Rügen, für die Küstenschutzanlagen auf Rügen praktisch keine Auswirkungen erkennbar sind.
Küstenschutz, so eine weitere Erwägung des Umweltministeriums, ist immer ein Eingriff in die Natur: in geologische Prozesse, die sich im Grunde nicht anhalten lassen. Und für Odinshühnchen, Kiebitzregenpfeifer und Alpenstrandläufer würde eine eigene Insel womöglich die Vollendung des Paradieses bedeuten. Der Südzipfel Hiddensees ist schon jetzt Rast- und Mausergebiet von europäischem Rang. Im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur in Stralsund sagt Eckhard Bork:
Der Gellen ist eben teilweise gerade im südlichen Bereich Kernzone, insofern stellt sich schon die Frage: Ist es richtig, die Düne dort mit hohen finanziellen Mitteln wieder zu ertüchtigen oder sie in kleinen Unterhaltungsmaßnahmen relativ natürlich zu unterhalten und damit auch weitestgehend den Zielen des Nationalparks nahe zu kommen. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, dass eine Insel auch gerade im Nationalpark seine Berechtigung hat.
Genau dies aber könnte der Fall sein. Im Wasser- und Schiffahrtsamt Stralsund fürchtet man um die Nordzufahrt zum Hafen Stralsund. Die zweihundert Meter breite Wasserstraße trennt die Südspitze Hiddensees vom Ostausläufer der Halbinsel Darß. Um die Fahrrinne von viereinhalb Metern Tiefe zu erhalten, muss ständig gebaggert werden: jährlich für eine halbe Millionen Mark. Amtsvorstand Falk Mayer:
Gesetzt den Fall, ein Durchbruch würde in dem Bereich des Gellen dort passieren, dann wird es sicherlich so aussehen, dass auch die Fahrrinne nicht mehr mit einer Strömungsgeschwindigkeit versehen werden kann, sondern die wird sich verteilen, gleichmäßig durch den Durchbruch, und wir werden noch ein höheres Maß an Baggerungen betreiben müssen. Dann muss man eine neue Nutzen-Kosten-Rechnung aufstellen, die vielleicht nicht mehr zugunsten des Hafens ausgeht.
Ein Versanden der Nordzufahrt hätte erhebliche wirtschaftliche Folgen für die Region. Auch Hiddensee reklamiert negative Auswirkungen eines möglichen Durchbruchs. Immerhin kommen pro Jahr rund 400tausend Gäste auf die idyllische Insel. Bürgermeister Gino Leonhard:
Wir haben einen der schönsten Strände hier in diesem Bereich, und er gehört einfach mit zur Insel dazu. Wir haben weiterhin darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn es zu einem Durchbruch kommt, auch die entsprechenden Schiffahrtslinien, wovon wir auch abhängig sind, versanden werden, es wird Einschränkungen geben für die Fischerei. Das ist innerhalb des Gutachtens der Technischen Universität Dresden und innerhalb der Aussagen des Umweltministeriums auch nicht berücksichtigt worden.
Ende September soll ein Kabinettsbeschluss der Landesregierung entgültig über den Küstenschutz am Südteil der Insel Hiddensee entscheiden. Bis dahin wird es ein zusätzliches Gutachten geben, das vor allem die Schiffahrtsbelange einbezieht. Auf der Insel hofft man auf ein eindeutiges Votum für den Schutz am Gellen.