Regenbogengrellbunt waren früher einmal die Stones, regenbogenbunt war auch die Pop-Art, kühl, ironisch, provokant - und mag auch Andy Warhol der Papst sein, so sind die europäischen Popkünstler doch nicht nur Messdiener gewesen. Im Gegenteil, eine ganz eigenständige, in vielem sogar kritischere künstlerische Haltung der Europopper ist in Zürich zu entdecken, die die konzeptuell glatten Amerikaner manchmal ziemlich alt aussehen lässt.
Zwar sind Warhols Suppendosen und vervielfachte Marilyns die Markenzeichen eines Stils, der durch ostentative Oberflächlichkeit provozierte und schon dadurch ungeheuer amerikanisch wirkte; aber die Begeisterung für Comics, Medienbilder, Alltagsgegenstände, Populärkultur kam in den 1950iger Jahren ursprünglich aus London. Im konservativen Nachkriegseuropa waren die Künstler fasziniert vom sexualisierten Warenfetischismus jenseits des Atlantiks, dem man alsbald selbst verfiel. Und als Warhol und Co ihre grellen, schablonierten Ab-Bilder der Medienbilder präsentierten, hatte der Engländer Richard Hamilton bereits Bodybuilder und Pin-Ups ins bürgerliche Wohnzimmer collagiert und dort penisartige Staubsaugerschläuche verlegt.
Bei den europäischen Pop-Artisten ist das anarchische Erbe von Dada und Surrealismus viel spürbarer als bei ihren amerikanischen Gesinnungsgenossen; und wenn die - von Tobia Bezzola und Franziska Lentzsch ganz lässig kuratierte - Ausstellung etwas beweist, dann dieses: die US-Pop-Art ist, was wir schon immer vermuteten, im Grunde ihres Herzens affirmativ, das Bestehende bestätigend; die Europäer dagegen haben weitaus mehr Selbstironie, Widerborstigkeit, Gesellschaftskritik. Die Amerikaner blieben auf immer Pop-Artisten, sie besetzten ein Label; für die europäischen Künstler dagegen war die Pop-Art ein Durchgangsstadium, und die meisten der noch lebenden werden heute ganz woanders rubriziert. Zwar gibt es die frühen Pixel-Bilder von Polke, der 1964 auch mal konsumkritisch eine Tafel Schokolade malte; es gibt die verschwommenen, nach Zeitungsfotos gemalten Düsenjäger und die "Lernschwestern" von Gerhard Richter - aber wer würde diese beiden Künstler heute ernsthaft als Popper einordnen?
Die Ausstellung ist merkwürdigerweise inhaltlich gegliedert: Konsum, Starkult, Freizeit, Mediengesellschaft. Dabei ergeben sich die Bezüge aber ganz zwanglos: Hier thronen Niki de Saint Phalles "fressende Mütter" majestätisch in der Saalmitte, dort erhebt Richard Hamilton einen Toaster zum Stillleben. Viele vergessene Namen sind neu zu entdecken: Domenico Gnoli malt schwarze High Heels in Großformat, Konrad Lueg zeigt einen kopflosen Omo-Vertreter und schablonierte Fußballspieler.
Boxer, Musiker, Straßenkreuzer, Busenwunder: Die Banalität der Werbung ergreift parodistisch das Zepter. Peter Blake, der 1967 das Sergeant-Pepper-Cover für die Beatles designte, entwirft eine Gedenktafel für schöne Frauen und die Liebe. Michelangelo Pistolettos Spiegelbilder, die altarartigen Schaukästen des Martial Raysse mit Kitschblumen und Badenixen, der Fluxus-Happening-Künstler Wolf Vostell mit seinen Sex- und Tod-Collagen über Jayne Mansfield und John F. Kennedy: vieles ist kalter Reflex auf Warenwelt und Politik und Verdinglichung, aber gleichzeitig - und oft im selben Bild - sind beim Europop zarte Selbstironie und unbändige Lebenslust am Werke, etwa wenn David Hockney einen Spritzer in einen leeren, plakativ aquamarinblauen Swimmingpool setzt oder Alain Jacquet ein gepixeltes "Déjeuner sûr l’herbe" malt. Politischer waren die Europäer sowieso: Mit dem Vietnam-Krieg wurden auch die Bilder dann böse und radikal.
Zwar sind Warhols Suppendosen und vervielfachte Marilyns die Markenzeichen eines Stils, der durch ostentative Oberflächlichkeit provozierte und schon dadurch ungeheuer amerikanisch wirkte; aber die Begeisterung für Comics, Medienbilder, Alltagsgegenstände, Populärkultur kam in den 1950iger Jahren ursprünglich aus London. Im konservativen Nachkriegseuropa waren die Künstler fasziniert vom sexualisierten Warenfetischismus jenseits des Atlantiks, dem man alsbald selbst verfiel. Und als Warhol und Co ihre grellen, schablonierten Ab-Bilder der Medienbilder präsentierten, hatte der Engländer Richard Hamilton bereits Bodybuilder und Pin-Ups ins bürgerliche Wohnzimmer collagiert und dort penisartige Staubsaugerschläuche verlegt.
Bei den europäischen Pop-Artisten ist das anarchische Erbe von Dada und Surrealismus viel spürbarer als bei ihren amerikanischen Gesinnungsgenossen; und wenn die - von Tobia Bezzola und Franziska Lentzsch ganz lässig kuratierte - Ausstellung etwas beweist, dann dieses: die US-Pop-Art ist, was wir schon immer vermuteten, im Grunde ihres Herzens affirmativ, das Bestehende bestätigend; die Europäer dagegen haben weitaus mehr Selbstironie, Widerborstigkeit, Gesellschaftskritik. Die Amerikaner blieben auf immer Pop-Artisten, sie besetzten ein Label; für die europäischen Künstler dagegen war die Pop-Art ein Durchgangsstadium, und die meisten der noch lebenden werden heute ganz woanders rubriziert. Zwar gibt es die frühen Pixel-Bilder von Polke, der 1964 auch mal konsumkritisch eine Tafel Schokolade malte; es gibt die verschwommenen, nach Zeitungsfotos gemalten Düsenjäger und die "Lernschwestern" von Gerhard Richter - aber wer würde diese beiden Künstler heute ernsthaft als Popper einordnen?
Die Ausstellung ist merkwürdigerweise inhaltlich gegliedert: Konsum, Starkult, Freizeit, Mediengesellschaft. Dabei ergeben sich die Bezüge aber ganz zwanglos: Hier thronen Niki de Saint Phalles "fressende Mütter" majestätisch in der Saalmitte, dort erhebt Richard Hamilton einen Toaster zum Stillleben. Viele vergessene Namen sind neu zu entdecken: Domenico Gnoli malt schwarze High Heels in Großformat, Konrad Lueg zeigt einen kopflosen Omo-Vertreter und schablonierte Fußballspieler.
Boxer, Musiker, Straßenkreuzer, Busenwunder: Die Banalität der Werbung ergreift parodistisch das Zepter. Peter Blake, der 1967 das Sergeant-Pepper-Cover für die Beatles designte, entwirft eine Gedenktafel für schöne Frauen und die Liebe. Michelangelo Pistolettos Spiegelbilder, die altarartigen Schaukästen des Martial Raysse mit Kitschblumen und Badenixen, der Fluxus-Happening-Künstler Wolf Vostell mit seinen Sex- und Tod-Collagen über Jayne Mansfield und John F. Kennedy: vieles ist kalter Reflex auf Warenwelt und Politik und Verdinglichung, aber gleichzeitig - und oft im selben Bild - sind beim Europop zarte Selbstironie und unbändige Lebenslust am Werke, etwa wenn David Hockney einen Spritzer in einen leeren, plakativ aquamarinblauen Swimmingpool setzt oder Alain Jacquet ein gepixeltes "Déjeuner sûr l’herbe" malt. Politischer waren die Europäer sowieso: Mit dem Vietnam-Krieg wurden auch die Bilder dann böse und radikal.