Diese Spielart des Flamenco, die minera, die im Begriff war, sich ebenso zu verflüchtigen wie der Bergbau, auf dem sie beruhte, neu zu beleben – das war das erste Anliegen der Begründer dieses Festivals. Dass dies im Verlauf von nunmehr 44 Auflagen nicht zur provinziellen Veranstaltung geriet, auf der ein lokales Kolorit künstlich beatmet wird, liegt an dem Umstand, dass praktisch von Beginn an der gesamte Flamenco, insbesondere der maßgebliche andalusische Mainstream, mit eingeladen war.
Kernstück des Festivals ist der Wettbewerb, der in den Sparten Tanz, Gitarre und Gesang ausgetragen wird. Es geht puristisch zu auf der großen dunklen Bühne in der klassizistischen Markthalle von La Unión. Zwei Stühle, ein Gitarrist und ein Sänger, die prinzipiell im Sitzen musizieren, das war´s. Wer hier einen Preis gewinnt, der hat einen Sprung in seiner Karriere getan. Dass sich hier der Flamenco in all seinen Spielarten und regionalen Varianten präsentiert, hat einen wichtigen Nebeneffekt. Es geht um die Zusammenschau, um die Identität und die Geschichte des Flamenco selbst, die in den letzten Jahren neu definiert werden. El Cante de las Minas ist hier mit Diskussionen, Buchpublikationen und Vorträgen zu einem wichtigen Forum geworden.
Es ist erstaunlich, aber wahr: Faustino Núñez hat als erster Musikwissenschaftler den Flamenco gründlich analysiert und seine komplizierten Strukturen in einem Buch beschrieben. Dass das Werk mit dem Titel Den Flamenco verstehen jetzt zugleich auf Spanisch, Englisch und Deutsch erschienen ist, sagt nicht wenig aus über den Geist der Öffnung, der den Flamenco und dieses Festival durchzieht. Öffnung, das heißt zunächst historische Revision. Es gilt, eine Vielzahl von Klischees zu korrigieren, die über diese Kunst im Umlauf sind und sich hartnäckig behaupten. Eines davon ist der Irrglaube, Flamenco sei ein Bestandteil der Folklore. Fernando Iwasaki, Mitveranstalter des Festivals, stellt klar:
Der Flamenco war in Spanien immer eine marginale Kunst, die obendrein aus rassistischen Gründen, wegen des sozialen Prestiges und aus intellektueller Geringschätzung schlecht angesehen war. Nehmen Sie den in aller Welt geschätzten Flamenco-Gitarristen Paco de Lucía: Soeben hat er den Prinz-von-Asturien-Preis zugesprochen bekommen, aber es ist die erste große Auszeichnung, die er in Spanien erhält. Und das sagt nicht wenig aus über den Status des Flamenco. In Spanien haben nicht nur andere Künste mehr Erfolg, es ist auch die Meinung weit verbreitet, dass Kultiviertheit und Flamenco nichts miteinander zu tun haben.
Eine Kunst aus der Unterschicht, kompliziert obendrein und über Jahrzehnte mit der untersten sozialen Schicht, den Zigeunern, verbunden, das war genug, um den Flamenco zu deklassieren, aber andererseits seine seichten und eingängigen Ausläufer mit dem Aufkommen des Massentourismus kräftig zu vermarkten. Faustino Núñez gehört zu jener neuen Generation von Flamenco-Forschern, die den ursächlichen Zusammenhang von Flamenco und Zigeunern vehement ablehnen.
Das ist meiner Meinung nach franquistisch, eine Franco-Weltanschauung, das im Flamenco immer noch lebt. Das ist eine Diktatur von einem Rassendiskurs, die überhaupt nichts zu tun hat mit der Aktualität und der Realität des Flamenco heute.
Indem es die Gesänge der Minenarbeiter – die keine Zigeuner waren – vor dem Vergessen bewahrte, hat das Festival El Cante de las Minas nicht wenig zum Aufbrechen dieses ideologisch motivierten Diskurses beigetragen. Fern von jeglichem Hermetismus, offen auch für experimentelle Abschweifungen, präsentiert es sich heute als ein Ausgangspunkt für einen Weg, den der Flamenco noch zurücklegen will: hin zu seiner Anerkennung als künstlerischer Universalsprache, die – wie der Jazz oder der Tango – alle nationalen Einengungen hinter sich gelassen hat.
Kernstück des Festivals ist der Wettbewerb, der in den Sparten Tanz, Gitarre und Gesang ausgetragen wird. Es geht puristisch zu auf der großen dunklen Bühne in der klassizistischen Markthalle von La Unión. Zwei Stühle, ein Gitarrist und ein Sänger, die prinzipiell im Sitzen musizieren, das war´s. Wer hier einen Preis gewinnt, der hat einen Sprung in seiner Karriere getan. Dass sich hier der Flamenco in all seinen Spielarten und regionalen Varianten präsentiert, hat einen wichtigen Nebeneffekt. Es geht um die Zusammenschau, um die Identität und die Geschichte des Flamenco selbst, die in den letzten Jahren neu definiert werden. El Cante de las Minas ist hier mit Diskussionen, Buchpublikationen und Vorträgen zu einem wichtigen Forum geworden.
Es ist erstaunlich, aber wahr: Faustino Núñez hat als erster Musikwissenschaftler den Flamenco gründlich analysiert und seine komplizierten Strukturen in einem Buch beschrieben. Dass das Werk mit dem Titel Den Flamenco verstehen jetzt zugleich auf Spanisch, Englisch und Deutsch erschienen ist, sagt nicht wenig aus über den Geist der Öffnung, der den Flamenco und dieses Festival durchzieht. Öffnung, das heißt zunächst historische Revision. Es gilt, eine Vielzahl von Klischees zu korrigieren, die über diese Kunst im Umlauf sind und sich hartnäckig behaupten. Eines davon ist der Irrglaube, Flamenco sei ein Bestandteil der Folklore. Fernando Iwasaki, Mitveranstalter des Festivals, stellt klar:
Der Flamenco war in Spanien immer eine marginale Kunst, die obendrein aus rassistischen Gründen, wegen des sozialen Prestiges und aus intellektueller Geringschätzung schlecht angesehen war. Nehmen Sie den in aller Welt geschätzten Flamenco-Gitarristen Paco de Lucía: Soeben hat er den Prinz-von-Asturien-Preis zugesprochen bekommen, aber es ist die erste große Auszeichnung, die er in Spanien erhält. Und das sagt nicht wenig aus über den Status des Flamenco. In Spanien haben nicht nur andere Künste mehr Erfolg, es ist auch die Meinung weit verbreitet, dass Kultiviertheit und Flamenco nichts miteinander zu tun haben.
Eine Kunst aus der Unterschicht, kompliziert obendrein und über Jahrzehnte mit der untersten sozialen Schicht, den Zigeunern, verbunden, das war genug, um den Flamenco zu deklassieren, aber andererseits seine seichten und eingängigen Ausläufer mit dem Aufkommen des Massentourismus kräftig zu vermarkten. Faustino Núñez gehört zu jener neuen Generation von Flamenco-Forschern, die den ursächlichen Zusammenhang von Flamenco und Zigeunern vehement ablehnen.
Das ist meiner Meinung nach franquistisch, eine Franco-Weltanschauung, das im Flamenco immer noch lebt. Das ist eine Diktatur von einem Rassendiskurs, die überhaupt nichts zu tun hat mit der Aktualität und der Realität des Flamenco heute.
Indem es die Gesänge der Minenarbeiter – die keine Zigeuner waren – vor dem Vergessen bewahrte, hat das Festival El Cante de las Minas nicht wenig zum Aufbrechen dieses ideologisch motivierten Diskurses beigetragen. Fern von jeglichem Hermetismus, offen auch für experimentelle Abschweifungen, präsentiert es sich heute als ein Ausgangspunkt für einen Weg, den der Flamenco noch zurücklegen will: hin zu seiner Anerkennung als künstlerischer Universalsprache, die – wie der Jazz oder der Tango – alle nationalen Einengungen hinter sich gelassen hat.