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Kursiv: Ins Zwielicht geraten

Die amerikanische Firma "Blackwater" wurde angeheuert, um Militär und Polizei im Anti-Terror-Kampf zu helfen. Erledigt hat Blackwater aber auch brisante Aufgaben für den Geheimdienst. Zur Aufarbeitung dieses Kapitels will nun die Journalistin Suzanne Simons beitragen.

Von Gregor-Peter Schmitz | 31.08.2009
    Wenn es um den Bekanntheitsgrad des Firmennamens geht, können nur wenige Unternehmen mit Blackwater konkurrieren. Die amerikanische Sicherheitsfirma, deren Söldner die US-Kriege in Irak und Afghanistan gegen fürstliches Honorar unterstützt haben, ist weltweit zum Symbol für bezahlte Privatkämpfer geworden.

    Das ist nicht immer gut fürs Geschäft. In diesen Tagen beginnen in den USA Anhörungen in einem Gerichtsverfahren zum Tod irakischer Zivilisten. Deren Angehörige werfen Blackwater-Mitarbeitern vor, unter Drogeneinfluss in Bagdad wild um sich geschossen zu haben. Gleichzeitig sorgte für Empörung in Washington, dass die Bush-Regierung die Sicherheitsfirma gar für die Jagd nach El-Kaida-Größen engagieren wollte.

    Drum heißt das skandalumwitterte Blackwater jetzt "XE" – kurz für das nicht entflammbare Gas Xenon. Dafür sorgte rasch sein geschäftstüchtiger Chef Erik Prince, der mit Blackwater rund eine Milliarde Dollar Honorar in den vergangenen sieben Jahren einstrich. Die CNN-Reporterin Suzanne Simons hat nun in ihrem Buch "Master of War. Blackwater USA's Erik Prince and the Business of War" Princes erstaunliche Erfolgsgeschichte aufgezeichnet - und den Riesenmarkt, den er maßgeblich erschloss. Simons schreibt:

    Die USA vertrauen auf private Söldner mehr denn je. Im Irak waren von ihnen genauso viele wie US-Soldaten. Die Behörden überwiesen 85 Milliarden Dollar an private Sicherheitsfirmen für Hilfe im Irak und angrenzenden Ländern. Noch einmal zehn Milliarden Dollar fielen für Einsätze in Afghanistan an.

    Die Autorin beschreibt ausführlich, wie einträglich das Geschäft mit dem privaten Kämpfen und Sterben geworden ist. Vor allem für Prince, der voraussah, dass staatliche Militärs mit den Herausforderungen des "Kriegs gegen den Terrorismus" überfordert sein würden:

    Prince sagte: 'Das US-Militär hat sechzig Jahre lang trainiert, wie es gegen ein sowjetisches Regiment mit Gewehren kämpfen kann. Viele Soldaten brauchten Training, um Aufständische in einer ganz anderen Umgebung zu bekämpfen'.

    Der Ex-Marinesoldat, der aus einer vermögenden tiefreligiösen Familie stammt, war darauf bestens vorbereitet:

    Obwohl Blackwater nicht die einzige private Sicherheitsfirma war, die Aufträge im Irak erhielt, unterschied es sich in einem Punkt sehr von der Konkurrenz. Aufgrund von Princes privatem Vermögen war die Firma in der Lage, neben dem Personal auch die Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Man konnte sehen, wie Blackwater eine regelrechte Schattenarmee aufbaute.

    Eine Schattenarmee mit verlockenden Vorteilen. Princes Söldner sind teuer, können aber rasch gefeuert oder abgezogen werden, im Todesfall erhalten ihre Angehörigen keine teuren Staatspensionen. Sterben sie, tauchen sie zudem in keiner Gefallenenliste auf, die Wähler daheim in Washington verärgern könnte.

    Diesen Teil der Erfolgsgeschichte beschreibt CNN-Reporterin Simons, die Zugang zu Price und seinen Mannen erhielt, fesselnd - auch wenn das Buch oft holprig geschrieben ist.

    Aber im zweiten Teil bleibt sie die Antworten auf wichtige Fragen schuldig. Wie konnte gerade Blackwater so viele Aufträge ergattern? Welche Rolle spielten Princes blendende Kontakte zur Bush-Regierung? Hat diese gezielt den Einsatz privater Soldaten vorangetrieben? Immerhin diente Vize Dick Cheney selbst als Chef einer Firma, die mit privaten Sicherheitskräften viel Geld verdiente.

    Besonders eklatant ist dieses Versäumnis bei dem Thema, das Blackwater schließlich zum politischen Ballast in Washington werden ließen - die rechtliche Grauzone, in der die Söldner agieren. Simons zitiert einen Blackwater-Offiziellen, der herunterleiert:

    Private Sicherheitsfirmen unterliegen vielen Regularien, etwa dem Military Extraterritorial Jurisdiction Act, dem War Crimes Act of 1996, dem Victims of Trafficking and Violence Protection Act of 2000, dem Anti-Torture Statute, dem Defense Trade Controls Act, dem Gun Control Act, dem Arms Export Control Act ...

    Doch das Problem ist, wie die Autorin auch ausführt: Keine private Sicherheitsfirma wurde bislang unter irgendeinem dieser Gesetze zur Verantwortung gezogen. Wenn ihre Mitarbeiter - wie Blackwater-Leute wiederholt in Irak oder Afghanistan - herrscht oft heillose Verwirrung über die Konsequenzen.

    Diese zentrale juristische Herausforderung, welche moderne Söldner noch lange begleiten wird, reißt die Autorin nur oberflächlich an. Daher kann auch Simons Schlussfolgerung nicht überzeugen. Sie behauptet, Regierungen hätten gelernt, die privaten Helfer von tödlicher Gewalt fern zu halten und besser zu kontrollieren.

    Doch selbst die Obama-Regierung vertraut weiter auf private Sicherheitskräfte, um US-Diplomaten in Afghanistan zu schützen. Im Einsatz dort: Blackwater-Nachfolger XE.

    Gregor Peter Schmitz über "Master of War. Blackwater USA's Erik Prince and the Business of War.” Die Autorin ist Suzanne Simons. Ihr Buch ist bei Harper Collins erschienen, es hat 288 Seiten und kostet 27 Dollar 99.