Parlamentswahl in Großbritannien
Labour deutlich über absoluter Mehrheit - große Verluste für Konservative

In Großbritannien hat die Labour-Partei die Parlamentswahl Prognosen zufolge mit deutlicher absoluter Mehrheit gewonnen. Nach Angaben der BBC kann Labour mit 410 Sitzen rechnen. Die bisher regierenden Konservativen werden bei 131 gesehen.

    Sir Keir Starmer steht im schwarzen Sakko vor einer pinkfarbenen Wand auf der "change" zu lesen ist.
    Der Chef der Labour Partei und Wahlsieger Keir Starmer (picture alliance / empics / Stefan Rousseau)
    Für die Liberaldemokraten werden 61 Mandate vorhergesagt. Die neue rechtspopulistische Partei Reform UK steht in den Prognosen bei 13 Sitzen. Der Vorsitzende der Labour-Partei, Starmer, dürfte damit neuer Premierminister von Großbritannien werden und den konservativen Regierungschef Sunak ablösen. Starmer hatte im Wahlkampf für eine Rückkehr zur Seriosität in der britischen Politik geworben, versprach ein langfristiges Wirtschaftswachstum und präsentierte sich vor allem als Diener des Landes. Dagegen hatten die Tories vor allem einen Negativ-Wahlkampf geführt, vor Steuererhöhungen durch eine Labour-Regierung gewarnt und ein härteres Vorgehen hinsichtlich Migration und Sicherheit angekündigt.

    Mehrheitswahlrecht in Großbritannien

    Wahlberechtigt sind mehr als 46 Millionen Menschen. Alle Sitze im Unterhaus werden per Direktmandat vergeben. Dabei gewinnt stets die Kandidatin oder der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem der 650 Wahlkreise. Die Wahlberechtigten haben jeweils eine Stimme. Die absolute Mehrheit im Unterhaus (House of Commons) beträgt 326 Sitze. 

    Letzte Wahlkampfveranstaltungen der Parteien

    Am letzten Tag vor der Parlamentswahl begaben sich die Parteivorsitzenden noch einmal auf Stimmenfang. Während Labour-Chef Starmer durch England, Schottland und Wales tourte, konzentrierte sich Premierminister Sunak darauf, in Tory-Hochburgen im Südosten Englands um die Wählerstimmen zu werben.
    Doch bei den Konservativen hat man sich schon auf eine Niederlage eingestellt. Angesichts der Umfragen sei es ziemlich klar, dass die Labour-Partei auf einen Erdrutschsieg zusteuere, wie es ihn in Großbritannien noch nie gegeben habe, sagte Arbeitsminister Stride in einem Interview. Die ehemalige Innenministerin Braverman schrieb im "Daily Telegraph", ihre Partei solle sich "auf die Realität und die Frustration" in der Opposition vorbereiten. Die Tories hätten es versäumt, die Einwanderung zu begrenzen oder die Steuern zu senken, meinte Braverman, die als Anwärterin auf die konservative Parteiführung gilt.

    Wechselstimmung und Fehlkalkulation

    Der Höhenflug der Labour-Partei unter ihrem Vorsitzenden Starmer hat für die Politologin Högenauer von der Universität Luxemburg mehrere Gründe. Die Großbritannien-Expertin sagte im Deutschlandfunk, nach 14 Jahren unter konservativer Regierung mache sich im Land eine Wechselstimmung breit, weil die Bevölkerung für nahezu alle Probleme wie hohe Lebenshaltungskosten und die mangelhafte ärztliche Versorgung die Tories verantwortlich mache. Zudem würden die Wahlen in Großbritannien in der Mitte gewonnen. Und weil Labour-Chef Starmer es geschafft habe, seine Partei zu stabilisieren und sich selbst von seinen linken Anfängen immer mehr in der Mitte zu positionieren, würden die Tories nach rechts gedrängt. Zudem habe sich Premier Sunak bei der Terminierung der Wahl verkalkuliert. Er habe nicht mit einem so großen Zuspruch für Labour gerechnet, betonte Högenauer.

    Weitere Informationen:

    Wie steht es um die britische Wirtschaft? (Audio)
    Hier können Sie das Interview mit der Großbritannien-Expertin Högenauer hören.
    Diese Nachricht wurde am 04.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.