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Landtagswahlen
Das Phänomen AfD

Während die AfD ihre Wahlergebnisse in Brandenburg und Thüringen feiert, herrscht bei den etablierten Parteien Ratlosigkeit über den Erfolg der neuen Partei. Die AfD-Wähler kommen nicht nur aus dem konservativen CDU-Lager, sondern auch aus dem linken Spektrum.

15.09.2014
    AfD-Bundeschef Lucke gratuliert den Spitzenkandidaten Alexander Gauland aus Brandenburg (links) und Björn Höcke aus Thüringen zum Wahlergebnis.
    AfD-Bundeschef Lucke gratuliert den Spitzenkandidaten Alexander Gauland aus Brandenburg (links) und Björn Höcke aus Thüringen zum Wahlergebnis. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Möglicherweise wird sich die AfD in der Zukunft nicht in der deutschen Parteienlandschaft etablieren. Möglicherweise aber doch. Das bereitet einen Tag nach den Landtagswahlen in zwei ostdeutschen Bundesländern vor allem der Union Sorgen. In Thüringen holte die AfD nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 10,6 Prozent der Stimmen, in Brandenburg 12,2 Prozent. In der CDU hatte der konservative "Berliner Kreis" schon länger vor Konkurrenz durch die AfD gewarnt und Konsequenzen in der Ausrichtung der Christdemokraten gefordert. "Gerade im liberal-konservativen Bereich hat die Union in den letzten Jahren leider deutlich an Anziehungskraft verloren", liest es sich heute in einem Positionspapier des Kreises um den Politiker Wolfgang Bosbach.
    Doch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel erteilte einer Neuausrichtung der Partei eine Absage: "Wir sind übereingekommen, dass die beste Antwort auf die AfD natürlich die gute Arbeit ist, die wir als Regierung leisten müssen dort, wo wir in Regierungsverantwortung sind", erklärte Merkel nach Beratungen der CDU-Spitzengremien. Sie könne nicht sehen, dass die Christdemokraten in einer erfolglosen Phase seien - warum solle man sich nun anders aufstellen? Man habe zudem im Wahlkampf Themen aufgegriffen, die so ebenfalls bei der AfD vorkämen, etwa die Grenzkriminalität. Eine Koalition mit der AfD schloss Merkel aus.
    AfD-Wähler: Mittleren Alters mit Wohneigentum
    Auch in der Schwesterpartei aus Bayern, der CSU, hält man konkrete Schritte gegen die AfD nicht für notwendig. Parteichef Horst Seehofer sagte, man werde sich nicht von der AfD treiben lassen. Es gehe darum, selbst gute Politik abzuliefern.
    Trotzdem, es bleibt Fakt: Die AfD hat der CDU Stimmen abgenommen. Ihre Wähler kommen im Durchschnitt vor allem aus Regionen, in denen viele Menschen mittleren Alters leben, die Wohneigentum besitzen. Es ist nicht der klassische Hartz-IV-Bezieher. Im Landtagswahlkampf hatte die Partei auf Kritik an den etablierten Parteien gesetzt, außerdem auf Familien- und Einwanderungspolitik. Kritiker hatten der Partei dabei immer wieder vorgeworfen, rechtspopulistisch zu sein. Der brandenburgische Spitzenkandidat Alexander Gauland verteidigte sich gegen solche Aussagen. Er wende sich "ausdrücklich nicht an Menschen mit rechtsextremem Gedankengut", beteuerte Gauland vor der Wahl. "Diese haben in unserer Partei nichts verloren."
    Mittlerweile ist die AfD im Europaparlament und in drei Landesparlamenten vertreten. Mit ihrer Politik scheint sie zurzeit viele Wähler abholen zu können.
    Kipping spricht von "eigenartiger Melange"
    Der Politikwissenschaftler Frank Decker führte im Deutschlandradio Kultur den Erfolg der Alternative für Deutschland hauptsächlich auf den "Linksschwenk" der CDU zurück. Die AfD Stoße nun in eine Nische, die die Christdemokraten geöffnet hätten.
    Bei der Linken herrscht scheinbar noch größere Ratlosigkeit als bei der Union. Die Parteivorsitzende Katja Kipping resümierte, es sei "eine ganz eigenartige Melange" die da zusammenkäme. Eine Rolle spiele auch eine allgemeine Unzufriedenheit der Wähler.
    SPD-Fraktionschef Oppermann warnte vor dem Aufstieg der neuen Partei. Sie sei eine Gefahr für Deutschland, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Mit ihrem Anti-Euro-Programm gefährde sie Arbeitsplätze, mache Stimmung gegen Einwanderer und spalte die Gesellschaft. "Es ist eine Herausforderung für alle, dass am rechten Rand dieser Gesellschaft keine Partei wie die AfD entsteht", so Oppermann.
    (pr/jcs)