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Landwirtschaft
Streit um Genmais schwelt weiter

Noch immer wird in der EU über die mögliche Zulassung der umstrittenen Genmaissorte 1507 diskutiert. Mehrere Mitgliedsstaaten sind nicht bereit, der Zulassung zuzustimmen und haben sich mit einem Brief an den zuständigen Gesundheitskommissar gewandt.

Von Jörg Münchenberg | 14.02.2014
    Der Streit um die drohende Zulassung der gentechnisch veränderten Maissorte 1507 ist noch lange nicht ausgestanden. Zumindest einige Mitgliedsländer sind nicht bereit, die sich abzeichnende Anbauzulassung zu akzeptieren. Die Vertreter von zwölf Staaten haben deshalb einen Brief an den zuständigen Gesundheitskommissar Tonio Borg geschrieben, verbunden mit der Forderung, die Kommission möge ihren Vorschlag für eine Zulassung von 1507 zurückziehen.
    Ihr Argument: 19 Länder hätten am Dienstag bei der entscheidenden Abstimmung gegen den Vorstoß optiert bei nur fünf Befürwortern. Zwar sei die notwendige qualifizierte Mehrheit für eine Ablehnung verfehlt worden. Trotzdem könne die Kommission nicht einfach die rechtlichen, politischen und wissenschaftlichen Bedenken von 19 Staaten ignorieren.
    Der Brief wurde unter anderem von Vertretern Frankreichs, Ungarns und Italiens unterzeichnet. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung am Dienstag enthalten, weil sich die Große Koalition nicht auf eine gemeinsame Position verständigen konnte.
    Doch Borg sieht sich rechtlich in der Pflicht – insofern könne man den Vorschlag nicht einfach zurückziehen, erklärte schon Mitte der Woche der Sprecher von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos, Roger Waite:
    "Nach dem Entscheidungsverfahren, das die Mitgliedstaaten selbst festgelegt haben, hat die Kommission keine Wahl. Sie muss die beantragte Zulassung für diesen speziellen Mais erlauben. Es gibt zwar keine zeitliche Vorgabe für diese Entscheidung, aber es gibt eben auch keine Alternative".
    Freilich, der rechtliche Aspekt ist das eine. Politisch steht auch die Kommission mächtig unter Druck. Denn laut Umfragen lehnen die meisten Bürger innerhalb der EU den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab. Zudem möchte sich auch Brüssel nur ungern dem Vorwurf aussetzen, man habe trotz der starken Bedenken in 19 Mitgliedstaaten die Zulassung der Maissorte 1507 einfach durchgedrückt. Und das auch noch kurz vor den anstehenden EU-Parlamentswahlen. Einen Ausweg aus dieser schwierigen Lage könnte nun ein Kommissionsvorschlag aus dem Jahr 2010 bieten, der den Mitgliedstaaten mehr nationale Freiräume für ein Verbot von Genpflanzen erlauben soll. Bislang ist dieser Vorschlag im Rat blockiert, doch jetzt, so Waite, gebe es in dieser Frage Bewegung:
    "Die griechische Ratspräsidentschaft hat zugesagt, diese Initiative für gentechnisch veränderte Pflanzen für den Umweltrat am 3. März wieder auf die Agenda zu setzen. Wir hoffen, dass es hier Fortschritte gibt. Denn mit dieser Initiative würden wir den Mitgliedsstaaten die Entscheidung überlassen, ob sie den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erlauben oder nicht. Auch wenn sie von der EU insgesamt zugelassen worden sind".
    Bislang ist dafür ein äußerst kompliziertes Verfahren notwendig. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte den neuen Vorstoß jedoch blockiert. Nun heißt es aus EU-Diplomatenkreisen, die Große Koalition arbeite derzeit an einer neuen Bewertung, zumal sich Umweltministerin Barbara Hendricks bereits für Ausstiegsklauseln auf Länderebene ausgesprochen hat. Es wäre vielleicht ein Kompromiss, bei dem letztlich beide Seiten ihr Gesicht wahren könnten.