Zwei Tage lang sind die 21 Männer und drei Frauen aus dem ganzen Bundesgebiet und Österreich in einem Bonner Hotel zusammen gekommen. Sie nehmen eine Auszeit aus ihrem beruflichen Alltag, um sich auf den nächsten Karriereschritt vorzubereiten: Die Bewerbung auf eine Medizin-Professur. Dr. Ulrike Protzer, Privatdozentin an der Uni Köln, steckt mitten im Bewerbungsprozess:
"Ich habe schon Erfahrungen in Berufungsgesprächen und -vorstellungen. Und das lief bisher immer recht gut, aber trotzdem hat man so das Gefühl, das ist eine Welt, die man nicht sehr gut kennt, wenn man nicht selber drinsteckt und zum Beispiel als Dekan sehr häufig Berufungsverhandlungen führt oder in Berufungen eingebunden ist."
Eine unbekannte Welt, die ihnen hier näher gebracht werden soll. Und zwar in ihrer ganzen Bandbreite: von der konkreten Stellenausschreibung bis zu den Berufungsverhandlungen. Denn bereits bei der schriftlichen Bewerbung liegen die ersten Stolpersteine, warnt Jutta Dalhoff, Trainerin und Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung in Bonn. Früher waren die Anschreiben in der Hochschulwelt beispielsweise eher Formsache, heute kann mit ihnen durchaus punkten. Und auch das Foto wird oft unterschätzt:
"Sie müssen sich vorstellen, dass eine solche Kommission da im Dekanat sitzt und diese Riesenkisten durchkramt. Und auch da gibt es unendliche Fehlerquellen, also mal eben so billig hingehauen oder vielleicht noch von der letzten Ferienreise vor dem soeben erstiegenen Berg. Also, das führt zu starker Erheiterung in der Kommission. Das gibt es durchaus. Sie müssen einfach einen sehr professionellen Eindruck machen mit ihren Unterlagen, sonst fliegen sie sofort raus."
Auf eine Stellenanzeige melden sich etwa 50, manchmal bis zu 100 oder mehr Bewerberinnen und Bewerber. Sechs bis acht von ihnen werden in der Regel eingeladen. Deshalb steht der Fach-Vortrag und das sich daran anschließende Gespräch mit der Berufungskommission im Zentrum der Rollenspiele und simulierten Berufungsinterviews. Ulrike Protzer:
"Also ein Beispiel: In der Berufungskommission werden sie gefragt: Wie sieht denn ihre Forschungsperspektive für die nächsten zehn Jahre aus? Das ist eine Frage, auf die muss man vorbereitet sein, weil man sie spontan sicher nicht gut beantwortet."
Bis eine Professur neu besetzt wird, vergehen im Schnitt knapp zwei Jahre. Das ist entschieden zu lang, kritisiert Dr. Dirk Böhmann, Justitiar für Medizin- und Arbeitsrecht im Deutschen Hochschulverband. Außerdem sei das gesamte Bewerbungsverfahren nicht transparent genug. Deshalb nimmt man in Bonn gerade auch die ungeschriebenen Gesetze genau unter die Lupe. Besonders wichtig dabei: das wissenschaftliche Netzwerk und die Präsenz in der Fachwelt:
"Es ist extrem hilfreich, dass sie im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens schon bekannt sind, möglicherweise auch einigen Mitgliedern der Berufungskommission. Und das ist eine Taktik, die man letztlich auch lernen kann. Indem sie Vorträge halten, indem sie durch Poster im Bereich der klinischen Medizin oder im Bereich der Vorklinik präsent sind, dass sie präsent sind auf den nationalen, internationalen Tagungen. Man könnte sagen, das sind profane Dinge. Aber eben auf diese profanen Dinge kommt es an. "
Gezielte Schachzüge also und Vitamin-B, ohne das man auf der Karriereleiter kaum nach ganz oben kommt. Darin scheinen sich Teilnehmer wie Referenten einig.
"In einer abgemilderten Form ist das etwas, was da ganz normal stattfindet, weil es Partikularinteressen gibt. Jeder einzelne in der Kommission hat andere, und dann kann das durchaus eine Rolle spielen zu sagen: Bei dieser Berufung, da lasse ich dir deinen Kronprinzen. Und beim nächsten Mal, da bin ich dann mal dran. "
Mit einem unbeliebten Habilitations-Vater hat der Bewerber da schnell schlechte Karten, sagt Jutta Dalhoff. Das wissen auch die Wissenschaftlerinnen. Zahlenmäßig sind sie zwar nach wie vor in der Minderheit, doch in speziellen Frauen-Netzwerken knüpfen auch sie ihre Kontakte immer effektiver.
Vor dem Hintergrund der klammen Haushalte spielen in den letzten Jahren aber auch die Managementfähigkeiten der Bewerber eine immer größere Rolle, zum Beispiel deren Geschick bei der Drittmitteleinwerbung. Tipps und Informationen, von denen sich Seminarteilnehmer wie Prof. Lars Klimaschewski von der Uni Innsbruck Hilfe bei der nächsten Bewerbung erhoffen. Der Mediziner für Anatomie und Histologie ist überzeugt, dass er dann die Weichen früher stellen wird:
"Also ich werde meine Bewerbungsmappe neu machen. Dann werde ich mich doch sehr viel intensiver vorbereiten auf mögliche nächste Bewerbungsvorträge in Hinblick auf die Situation an dem Ort, wo ich mich bewerbe, wo ich hin möchte, dass man sehr viel genauer Bescheid weiß über die möglichen neuen Kooperationspartner, Kollegen, die man haben wird, und ich werde mir auch noch mal sehr genau Gedanken machen, wie ich dort in einem Bewerbungskommissionsgespräch dann auftreten will. "
"Ich habe schon Erfahrungen in Berufungsgesprächen und -vorstellungen. Und das lief bisher immer recht gut, aber trotzdem hat man so das Gefühl, das ist eine Welt, die man nicht sehr gut kennt, wenn man nicht selber drinsteckt und zum Beispiel als Dekan sehr häufig Berufungsverhandlungen führt oder in Berufungen eingebunden ist."
Eine unbekannte Welt, die ihnen hier näher gebracht werden soll. Und zwar in ihrer ganzen Bandbreite: von der konkreten Stellenausschreibung bis zu den Berufungsverhandlungen. Denn bereits bei der schriftlichen Bewerbung liegen die ersten Stolpersteine, warnt Jutta Dalhoff, Trainerin und Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung in Bonn. Früher waren die Anschreiben in der Hochschulwelt beispielsweise eher Formsache, heute kann mit ihnen durchaus punkten. Und auch das Foto wird oft unterschätzt:
"Sie müssen sich vorstellen, dass eine solche Kommission da im Dekanat sitzt und diese Riesenkisten durchkramt. Und auch da gibt es unendliche Fehlerquellen, also mal eben so billig hingehauen oder vielleicht noch von der letzten Ferienreise vor dem soeben erstiegenen Berg. Also, das führt zu starker Erheiterung in der Kommission. Das gibt es durchaus. Sie müssen einfach einen sehr professionellen Eindruck machen mit ihren Unterlagen, sonst fliegen sie sofort raus."
Auf eine Stellenanzeige melden sich etwa 50, manchmal bis zu 100 oder mehr Bewerberinnen und Bewerber. Sechs bis acht von ihnen werden in der Regel eingeladen. Deshalb steht der Fach-Vortrag und das sich daran anschließende Gespräch mit der Berufungskommission im Zentrum der Rollenspiele und simulierten Berufungsinterviews. Ulrike Protzer:
"Also ein Beispiel: In der Berufungskommission werden sie gefragt: Wie sieht denn ihre Forschungsperspektive für die nächsten zehn Jahre aus? Das ist eine Frage, auf die muss man vorbereitet sein, weil man sie spontan sicher nicht gut beantwortet."
Bis eine Professur neu besetzt wird, vergehen im Schnitt knapp zwei Jahre. Das ist entschieden zu lang, kritisiert Dr. Dirk Böhmann, Justitiar für Medizin- und Arbeitsrecht im Deutschen Hochschulverband. Außerdem sei das gesamte Bewerbungsverfahren nicht transparent genug. Deshalb nimmt man in Bonn gerade auch die ungeschriebenen Gesetze genau unter die Lupe. Besonders wichtig dabei: das wissenschaftliche Netzwerk und die Präsenz in der Fachwelt:
"Es ist extrem hilfreich, dass sie im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens schon bekannt sind, möglicherweise auch einigen Mitgliedern der Berufungskommission. Und das ist eine Taktik, die man letztlich auch lernen kann. Indem sie Vorträge halten, indem sie durch Poster im Bereich der klinischen Medizin oder im Bereich der Vorklinik präsent sind, dass sie präsent sind auf den nationalen, internationalen Tagungen. Man könnte sagen, das sind profane Dinge. Aber eben auf diese profanen Dinge kommt es an. "
Gezielte Schachzüge also und Vitamin-B, ohne das man auf der Karriereleiter kaum nach ganz oben kommt. Darin scheinen sich Teilnehmer wie Referenten einig.
"In einer abgemilderten Form ist das etwas, was da ganz normal stattfindet, weil es Partikularinteressen gibt. Jeder einzelne in der Kommission hat andere, und dann kann das durchaus eine Rolle spielen zu sagen: Bei dieser Berufung, da lasse ich dir deinen Kronprinzen. Und beim nächsten Mal, da bin ich dann mal dran. "
Mit einem unbeliebten Habilitations-Vater hat der Bewerber da schnell schlechte Karten, sagt Jutta Dalhoff. Das wissen auch die Wissenschaftlerinnen. Zahlenmäßig sind sie zwar nach wie vor in der Minderheit, doch in speziellen Frauen-Netzwerken knüpfen auch sie ihre Kontakte immer effektiver.
Vor dem Hintergrund der klammen Haushalte spielen in den letzten Jahren aber auch die Managementfähigkeiten der Bewerber eine immer größere Rolle, zum Beispiel deren Geschick bei der Drittmitteleinwerbung. Tipps und Informationen, von denen sich Seminarteilnehmer wie Prof. Lars Klimaschewski von der Uni Innsbruck Hilfe bei der nächsten Bewerbung erhoffen. Der Mediziner für Anatomie und Histologie ist überzeugt, dass er dann die Weichen früher stellen wird:
"Also ich werde meine Bewerbungsmappe neu machen. Dann werde ich mich doch sehr viel intensiver vorbereiten auf mögliche nächste Bewerbungsvorträge in Hinblick auf die Situation an dem Ort, wo ich mich bewerbe, wo ich hin möchte, dass man sehr viel genauer Bescheid weiß über die möglichen neuen Kooperationspartner, Kollegen, die man haben wird, und ich werde mir auch noch mal sehr genau Gedanken machen, wie ich dort in einem Bewerbungskommissionsgespräch dann auftreten will. "