Was unter den Begriffen "biotech art" oder "genetische Kunst" - einigen wir uns an dieser Stelle auf den zugegeben missverständlichen Begriff "Biokunst" -, was also unter diesem Begriff diskutiert wurde, stellt hohe Anforderungen sowohl an die Fähigkeiten der Künstler als auch an das Vorstellungsvermögen der Betrachter. Sind die Biotechnologien überhaupt Gestaltungsmittel für die bildenden Künste, fragte der Kurator Jens Hauser in seiner Einführung. Ein Blick zuvor auf das, was wirklich in den "Künstler-Laboren" entsteht. Die eingeladene Gruppe "SymbioticA" zeigte ihre Arbeit mit Gewebekulturen, in denen sie Fleischbrocken aus diversen Zellbeständen züchtet, was – nebenbei gesagt – nicht sehr appetitlich aussah. Woanders wird genmanipuliertes Moos für japanische Gärten hergestellt. Aber was macht grün leuchtende Tiere und Pflanzen zur Biokunst? Während der Veranstaltung kam schnell der Verdacht auf, dass hier nur Werbung für die Biotechnologie-Industrie gemacht wird. Der Kunsthistoriker Richard Hoppe-Sailer, Professor an der Ruhruniversität Bochum, sprach von einem Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsillustration und Kunstanspruch, in dem sich die Biokunst befinde.
Die Faszination, die für die Künstler darin besteht, sich dieser neuen Technologien gen-veränderter Organismen zu bedienen, ist im Moment so groß, dass ich noch nicht sehe, wo ein kritisches Potenzial entfaltet wird. Mit anderen Worten, was die Industrie macht, die zur Propagierung ihrer neuen Produkte eben auch zunehmend sich visueller Medien bedient, unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem, was einige Künstler machen.
Demgegenüber lieferte die kanadische Künstler-Gruppe "Bioteknica" ein kritisches Gegenmodell, indem sie sich wie eine Biotechnologie-Firma präsentierte, die ihre fiktiven Produkte anpries und die genetische Verbesserung des Menschen forderte. Ein Geschäftsprospekt wurde im Saal verteilt und mit strenger Miene in weißen Kitteln über die Biotechnologie doziert – eher eine Reminiszenz an die Performance-Kunst.
Die Biotechnologie ist nicht nur ein komplexes Thema, sondern stellt auch einen brisanten politischen Diskurs in der Gesellschaft dar, was die Entwicklung einer künstlerischen Position nicht gerade erleichtert. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Technologien sehr kostspielig sind. Die Biokunst verlangt also eine Doppelstrategie: einmal die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, um über finanzielle Mittel und aufwändiges Wissen zu verfügen; zum anderen sollte eine kritische Distanz gewahrt bleiben, um dem Eigensinn des künstlerischen Anspruchs zu folgen.
Auffallend war, dass hauptsächlich Künstler aus dem angelsächsischen Raum anwesend waren. Joe Davis ist künstlerischer Mitarbeiter am M.I.T. in Boston – der berühmten technologischen Forschungseinrichtung, an der viele Wissenschaftler, darunter auch Joseph Weizenbaum, gearbeitet haben. Aufregend ist für Davis die Vorstellung, auf der Ebene der grundlegenden Prozesse des Lebens selbst zu gestalten, mit dessem biochemischen Code herumzuspielen – bei aller Vorsicht. Er präsentierte ein Projekt, bei dem er ein Gedicht in den genetischen Code eines Apfels einschreiben will. Verändern will er die DNA-Sequenz dabei nicht, sondern ihr soll ein anderer Text "untergeschoben" werden, ohne dass der Apfel Schaden nehme. Zwei Jahre will Davis in dieses Kunstprojekt investieren.
Wenn Sie diesen Apfel essen, werden Sie nicht plötzlich sehr weise werden. Er wird nicht anders schmecken als vor der Manipulation, er wird nicht anders aussehen, wird sich nicht anders in seiner Umwelt verhalten. Aber wenn Sie aufmerksam sind, werden Sie fähig sein, das Wissen, das der Apfel enthält, zu lesen.
Dass ein Apfel ein "Gedicht" ist, ein sinnlicher Genuss, würde dann eine ganz neue Bedeutung bekommen. Um die Botschaft allerdings "lesen" zu können, wird man ein spezielles Werkzeug brauchen. Ungeachtet dessen bleibt die Frage, was eigentlich das ästhetisch Zwingende eines solchen Vorgehens ist. Die Arbeit von Davis ist ein Beispiel, dass Künstler dafür sensibilisieren können, was an biotechnologischen Potenzialen im Werden ist. Aber auch sein Enthusiasmus kann nicht verdecken, dass der Kunstanspruch bisher über das rein Experimentelle nicht hinausgeht.
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1131.html
Die Faszination, die für die Künstler darin besteht, sich dieser neuen Technologien gen-veränderter Organismen zu bedienen, ist im Moment so groß, dass ich noch nicht sehe, wo ein kritisches Potenzial entfaltet wird. Mit anderen Worten, was die Industrie macht, die zur Propagierung ihrer neuen Produkte eben auch zunehmend sich visueller Medien bedient, unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem, was einige Künstler machen.
Demgegenüber lieferte die kanadische Künstler-Gruppe "Bioteknica" ein kritisches Gegenmodell, indem sie sich wie eine Biotechnologie-Firma präsentierte, die ihre fiktiven Produkte anpries und die genetische Verbesserung des Menschen forderte. Ein Geschäftsprospekt wurde im Saal verteilt und mit strenger Miene in weißen Kitteln über die Biotechnologie doziert – eher eine Reminiszenz an die Performance-Kunst.
Die Biotechnologie ist nicht nur ein komplexes Thema, sondern stellt auch einen brisanten politischen Diskurs in der Gesellschaft dar, was die Entwicklung einer künstlerischen Position nicht gerade erleichtert. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Technologien sehr kostspielig sind. Die Biokunst verlangt also eine Doppelstrategie: einmal die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, um über finanzielle Mittel und aufwändiges Wissen zu verfügen; zum anderen sollte eine kritische Distanz gewahrt bleiben, um dem Eigensinn des künstlerischen Anspruchs zu folgen.
Auffallend war, dass hauptsächlich Künstler aus dem angelsächsischen Raum anwesend waren. Joe Davis ist künstlerischer Mitarbeiter am M.I.T. in Boston – der berühmten technologischen Forschungseinrichtung, an der viele Wissenschaftler, darunter auch Joseph Weizenbaum, gearbeitet haben. Aufregend ist für Davis die Vorstellung, auf der Ebene der grundlegenden Prozesse des Lebens selbst zu gestalten, mit dessem biochemischen Code herumzuspielen – bei aller Vorsicht. Er präsentierte ein Projekt, bei dem er ein Gedicht in den genetischen Code eines Apfels einschreiben will. Verändern will er die DNA-Sequenz dabei nicht, sondern ihr soll ein anderer Text "untergeschoben" werden, ohne dass der Apfel Schaden nehme. Zwei Jahre will Davis in dieses Kunstprojekt investieren.
Wenn Sie diesen Apfel essen, werden Sie nicht plötzlich sehr weise werden. Er wird nicht anders schmecken als vor der Manipulation, er wird nicht anders aussehen, wird sich nicht anders in seiner Umwelt verhalten. Aber wenn Sie aufmerksam sind, werden Sie fähig sein, das Wissen, das der Apfel enthält, zu lesen.
Dass ein Apfel ein "Gedicht" ist, ein sinnlicher Genuss, würde dann eine ganz neue Bedeutung bekommen. Um die Botschaft allerdings "lesen" zu können, wird man ein spezielles Werkzeug brauchen. Ungeachtet dessen bleibt die Frage, was eigentlich das ästhetisch Zwingende eines solchen Vorgehens ist. Die Arbeit von Davis ist ein Beispiel, dass Künstler dafür sensibilisieren können, was an biotechnologischen Potenzialen im Werden ist. Aber auch sein Enthusiasmus kann nicht verdecken, dass der Kunstanspruch bisher über das rein Experimentelle nicht hinausgeht.
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