Laut rauscht der Enguri am Ortseingang von Uschguli, das mancher Reiseführer als höchstgelegenes Dorf Europas anpreist. Was nicht ganz korrekt ist. Denn die Grenze Europas, die verläuft dort oben auf dem Grat der "Kaukasischen Wand", wie die Einwohner von Uschguli Georgiens höchsten Berg nennen. Wie ein gewaltiger und gleißender Grenzriegel schiebt sich die über 5000 Meter hohe majestätische Schara zwischen Russland und die wilde swanetische Berglandschaft.
Vom kleinen Kirchlein am Ortsrand ist der Ort gut zu überblicken: Vorm Hintergrund der leuchtend weißen Schara ducken sich gemauerte Häuser. In den engen Gassen sieht man Schweine, Kühe und Ziegen. Weiter vorn im Bild handtuchgroße Felder, auf denen Bauern sich hinter Holzpflügen mühen, die von Ochsen gezogen werden.
Erst allmählich beginnt sich das archaische Bild zu ändern. Der Tourismus soll Einzug halten in das 2400 Meter hoch gelegene und im Winter von der Außenwelt meist abgeschnittene mittelalterliche Wehrdorf. Während unten in Swanetiens Hauptstadt Mestia in den letzten Jahren stark investiert wurde, blieben die Bewohner Uschgulis bei den Bemühungen, ihr Dorf zu entwickeln, bisher weitgehend auf sich allein gestellt. Das hat Folgen. Vor allem für die kastellartigen Wohntürme, die sich wie drohende Zeigefinger neben vielen Gehöften in den swanischen Himmel recken. Die Familie Ratiani besitzt zwei dieser Ungetüme.
"Dieser Turm hier stammt aus dem 10. Jahrhundert. Seitdem ist er im Besitz meiner Familie, wurde von Generation von Generation weitergeben. Wir wissen das von unseren Großvätern, die dieses Wissen von Generation zu Generation weitergaben."
Seit 1996 steht das Dorf Ushguli wegen dieser steinernen Zeugnisse uralter Baukunst auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
"Die Türme boten Schutz vor Naturkatastrophen. Wenn etwa Lawinen die Dörfer verschütteten, ragten die obersten Stockwerke noch immer aus dem Schnee. Seit dem 10. Jahrhundert konnte kein noch so starkes Erdbeben den Türmen etwas anhaben. 1989 habe ich das mit eigenen Augen gesehen. Unser Turm pendelte wie eine Deckenlampe, an die man aus Versehen mit dem Kopf stößt, aber er fiel nicht um."
Tatsächlich gibt es solche Wohntürme, in denen einst sowohl Vieh als auch Menschen lebten, nur hier im Kaukasus. Das Geheimnis, warum die Türme seit Jahrhunderten alle Naturkatastrophen überstanden, ist bis heute nicht endgültig entschlüsselt. Möglicherweise ist es der mit Eiweiß und Kalk vermischte Mörtel, der die meterdicken Mauern nicht starr, sondern elastisch macht. Vielleicht aber auch eine mathematische Formel: Die Gesamtlänge der Grundseiten, also rund 30 Meter, entspricht in der Regel der Höhe der vierstöckigen Türme. Und obwohl sie sich nach oben verjüngen, liegen die Ecken unten auf einer Linie mit den Ecken des leicht überstehenden und auf die Verjüngung aufgesetzten obersten Stockwerkes. Dabei reicht ihr Fundament bis mehrere Meter über den Erdboden.
"Früher gab es Treppen hinauf. Im Inneren des Turmes ist nichts verändert worden, nur das Dach haben wir notdürftig repariert. Der Turm müsste restauriert werden. Vielleicht wird das ja eines Tages."
Dato Ratiani ist stolz darauf, dass seine Türme zum Weltkulturerbe gehören, aber er macht sich große Sorgen. Denn immer mehr der die swanetische Landschaft so bestimmenden Baudenkmäler verfallen, stürzen ein, sind schon heute kaum mehr als Ruinen. Und wenn nicht bald etwas geschieht, werden schon bald nur noch wenige Türme an dieses kulturhistorische Erbe der Menschheit erinnern, meint Dato Ratiani, bevor er das Tor zum Turm wieder schließt zum Abschied.
"In Ushguli stehen gerade noch 30 Türme. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es noch 100. Von unserer Familie sind nur drei Türme erhalten geblieben."
Vom kleinen Kirchlein am Ortsrand ist der Ort gut zu überblicken: Vorm Hintergrund der leuchtend weißen Schara ducken sich gemauerte Häuser. In den engen Gassen sieht man Schweine, Kühe und Ziegen. Weiter vorn im Bild handtuchgroße Felder, auf denen Bauern sich hinter Holzpflügen mühen, die von Ochsen gezogen werden.
Erst allmählich beginnt sich das archaische Bild zu ändern. Der Tourismus soll Einzug halten in das 2400 Meter hoch gelegene und im Winter von der Außenwelt meist abgeschnittene mittelalterliche Wehrdorf. Während unten in Swanetiens Hauptstadt Mestia in den letzten Jahren stark investiert wurde, blieben die Bewohner Uschgulis bei den Bemühungen, ihr Dorf zu entwickeln, bisher weitgehend auf sich allein gestellt. Das hat Folgen. Vor allem für die kastellartigen Wohntürme, die sich wie drohende Zeigefinger neben vielen Gehöften in den swanischen Himmel recken. Die Familie Ratiani besitzt zwei dieser Ungetüme.
"Dieser Turm hier stammt aus dem 10. Jahrhundert. Seitdem ist er im Besitz meiner Familie, wurde von Generation von Generation weitergeben. Wir wissen das von unseren Großvätern, die dieses Wissen von Generation zu Generation weitergaben."
Seit 1996 steht das Dorf Ushguli wegen dieser steinernen Zeugnisse uralter Baukunst auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
"Die Türme boten Schutz vor Naturkatastrophen. Wenn etwa Lawinen die Dörfer verschütteten, ragten die obersten Stockwerke noch immer aus dem Schnee. Seit dem 10. Jahrhundert konnte kein noch so starkes Erdbeben den Türmen etwas anhaben. 1989 habe ich das mit eigenen Augen gesehen. Unser Turm pendelte wie eine Deckenlampe, an die man aus Versehen mit dem Kopf stößt, aber er fiel nicht um."
Tatsächlich gibt es solche Wohntürme, in denen einst sowohl Vieh als auch Menschen lebten, nur hier im Kaukasus. Das Geheimnis, warum die Türme seit Jahrhunderten alle Naturkatastrophen überstanden, ist bis heute nicht endgültig entschlüsselt. Möglicherweise ist es der mit Eiweiß und Kalk vermischte Mörtel, der die meterdicken Mauern nicht starr, sondern elastisch macht. Vielleicht aber auch eine mathematische Formel: Die Gesamtlänge der Grundseiten, also rund 30 Meter, entspricht in der Regel der Höhe der vierstöckigen Türme. Und obwohl sie sich nach oben verjüngen, liegen die Ecken unten auf einer Linie mit den Ecken des leicht überstehenden und auf die Verjüngung aufgesetzten obersten Stockwerkes. Dabei reicht ihr Fundament bis mehrere Meter über den Erdboden.
"Früher gab es Treppen hinauf. Im Inneren des Turmes ist nichts verändert worden, nur das Dach haben wir notdürftig repariert. Der Turm müsste restauriert werden. Vielleicht wird das ja eines Tages."
Dato Ratiani ist stolz darauf, dass seine Türme zum Weltkulturerbe gehören, aber er macht sich große Sorgen. Denn immer mehr der die swanetische Landschaft so bestimmenden Baudenkmäler verfallen, stürzen ein, sind schon heute kaum mehr als Ruinen. Und wenn nicht bald etwas geschieht, werden schon bald nur noch wenige Türme an dieses kulturhistorische Erbe der Menschheit erinnern, meint Dato Ratiani, bevor er das Tor zum Turm wieder schließt zum Abschied.
"In Ushguli stehen gerade noch 30 Türme. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es noch 100. Von unserer Familie sind nur drei Türme erhalten geblieben."