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Leben und Arbeiten in der Informationsgesellschaft

Vom 30. November bis zum 2. Dezember trafen sich Fachleute auf Einladung der Europäischen Union in Wien zum Kongreß "Information Society Technologies" ("IST 98"). Im Vordergrund standen dabei Sicherheit und Kontrolle im Internet.

Ron Poetzl, Helge Sasse, Rishab Gosh |
    Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung der Informationswege betrifft in wachsendem Ausmaß wirtschaftliche und soziale Aktivitäten. Im gleichen Maß schreitet dabei der Mißbrauch der neuen Medien voran. So begleiteten aktuelle Ereignisse wie etwa laufende Prozesse gegen Verbreiter von Kinderpornographie den dreitägigen Kongreß. Ob ein Aufkommen von etwa 60 Millionen europäischen Internet-Benutzern kontrolliert werden kann und ob dies wirklich durchgeführt werden soll war ein zentrales Thema der Diskussionen.

    Trotz häufiger Verstöße auch gegen das Urheberrecht herrschte auf der "IST 98" überraschende Übereinstimmung dazu: Viele Stimmen machten sich stark für ein freies Netz. "Aus meiner Sicht sind Urteile gegen Internet-Provider nicht das adäquate Mittel, um Rechtsverletzungen wie Kinderpornographie zu kontrollieren", meint Helge Sasse, Anwalt des Bertelsmann Verlages. Überdies habe der Provider faktisch oft keinen Einfluß auf jene Inhalte, die Kunden aus dem Internet außerhalb des Dienstes beziehen könnten.

    Der Jurist bevorzugt eine freiwillige Selbstkontrolle der Anbieter: "Der Provider sollte eine vernünftige Kontrolle der von ihm angebotenen Inhalte durchführen." Dazu bestehe, so meint Sasse, eine Informationspflicht von Strafbehörden, soweit es eine zumutbare Kenntnis über Verstöße gebe.

    Der indische Informations-Stratege Rishab Gosh bezweifelt, daß eine effiziente Kontrolle des Netzverkehrs überhaupt möglich ist: "Die Technologie selbst erlaubt jede Umgehung von Kontrollen." Er glaubt an die selbstreinigenden Kräfte eines freien Marktes. "Schon heute schützen sogenannte Reputationssysteme den Kunden." Eine schwere Strafe für einmal aufgefallene Mitglieder der Internet-Gemeinschaft bestehe in ihrem Ausschluß von jeder weiteren digitalen Kommunikation über das Netzwerk.