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Lebensgefährlich, wenn unentdeckt

Ist eine Bauchschlagader krankhaft erweitert, kann die Arterienwand reißen. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin initiierte deshalb den ersten nationalen Bauchaortenaneurysma-Screeningtag, um gefährdete Patienten zu erkennen.

Von Renate Rutta | 11.05.2010
    "Ich taste den Bauch hier ab, rechts und links und in der Mittellinie mit beiden Händen, ein bisschen in der Tiefe. Und dann kann man dort die Pulsationen der Bauchschlagader tasten. Bei Ihnen fühlt sich das normal an - ja –jetzt machen wir noch diese Ultraschalluntersuchung - prima."

    Klinik für Gefäßchirurgie der Universitätsklinik Köln. Der 70-jährige Patient leidet an einer Durchblutungsstörung der Beine. Mögliche Ursache: eine Erweiterung der Bauchschlagader. Deshalb wird er heute untersucht.

    "Durch die verschiedenen Grauwerte, die auf dem Monitor zu sehen sind, erlaubt uns das eine Aussage über die verschiedenen Organe: Leber, Gallenblase und die Gefäße, sodass dort die runde Struktur der Bauchschlagader zu sehen ist und dann kann man mittels dieses Verfahrens den Durchmesser in Zentimeter oder Millimeter ausmessen."

    Tastbefund und Ultraschallbild zeigen eine völlig normale Bauchschlagader, so Professor Michael Gawenda, Leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie der Universitätsklinik Köln.

    Häufig entdecken Ärzte ein Aneurysma nur durch Zufall, denn es verursacht so gut wie keine Beschwerden – selten einmal Rückenschmerzen, die aber kaum damit in Verbindung gebracht werden.
    Ist eine Bauchschlagader krankhaft erweitert, kann die Arterienwand reißen. Ein Anhaltspunkt für die mögliche Gefahr ist der Durchmesser der Bauchschlagader.

    "Bei einem gesunden Menschen männlichen Geschlechts ist der Durchmesser einer gesunden Bauchschlagader zwischen 2 und 2,5 cm. Bei einer gesunden Frau in Abhängigkeit von der Körpergröße 1,5 bis 2,3 cm. Ist die Bauchschlagader über 3 beziehungsweise 3,5 cm erweitert, spricht man vom Aneurysma der Bauchschlagader."

    Die Wände der Schlagader sind an der betroffenen Stelle so geschwächt, dass sie sich durch den Blutdruck ausdehnen. Ab einem Durchmesser von fünf Zentimetern muss gehandelt werden: Die Gefahr steigt deutlich an, dass die Arterienwand reißt und der Patient innerlich verblutet.

    "Da es sich um die Hauptschlagader des Menschen handelt,kommt es zum unmittelbarem plötzlichen Blutverlust mit der akuten Folge des Kreislaufzusammenbruchs. Dies bedeutet, dass trotz notärztlicher akuter Versorgung mindestens 50 Prozent der betroffenen Patienten versterben. Die andere Hälfte der Patienten, die lebend ein Klinikum erreicht, ist aber durch die Notfallsituation von einem hohen Risiko für den Tod trotz erfolgreicher Operation gekennzeichnet."

    Deshalb wollen die Ärzte gefährdete Personen möglichst frühzeitig erkennen, damit der Notfall gar nicht erst eintritt und eine Operation unter kontrollierten Bedingungen stattfinden kann. Die betroffene Stelle wird dann mit Gefäß- oder Stent-Prothesen verstärkt. Das verhindert ein Einreißen der Arterienwand.
    Eine Erweiterung der Schlagader kann an unterschiedlichen Stellen des Körpers auftreten.

    "Der häufigste Ort für die Entstehung eines Aneurysmas beim Menschen ist die Bauchschlagader unterhalb der Abgänge der Nierenschlagader bis zur Aufteilung in die Beckenarterien. Andere Orte, wo ebenfalls Aneurysmata auftreten, sind die Kniekehlenarterien, die Brustschlagadern oder Arterien im Kopf."