Archiv

Lego im Naturkundemuseum London
Basteln für die Biologie

Legosteine sind mehr als Kinderspielzeug: Die Bauelemente sind stabil, lassen sich zuverlässig verbinden und einfach wieder trennen - und sie sind preisgünstig. Das macht sie auch für Wissenschaftler interessant, die Spezialanfertigungen für ihre Arbeit im Labor benötigen - zum Beispiel im dem Naturkundemuseum in London.

Von Joachim Budde |
    Gibt's inzwischen auch im Museum: Lego-Steine.
    Gibt's inzwischen auch im Museum: Lego-Steine. (dpa / picture alliance / Friso Gentsch)
    Steen Dupont hält eine Art Butterbrotdose mit einem Stück Styropor. Darin stecken Nadeln, auf die afrikanische Motten gespießt sind - fünf neu entdeckte Arten. Um sie zu beschreiben, muss der Taxonom die Tierchen stundenlang unter dem Mikroskop betrachten.
    "Dafür greift man sich so ein Exemplar und hält es unters Mikroskop. Bei starker Vergrößerung kann man dabei sogar erkennen, wie sich der eigene Herzschlag auf die Probe überträgt. Sie stillzuhalten, hin- und herzudrehen, um das Insekt in einer bestimmten Lage zu betrachten, kann sehr nervig und schwierig sein."
    Nicht nur bei neu entdeckten Arten ist diese Arbeit nötig. Viele naturkundliche Museen sind gerade dabei, ihre Sammlungen zu digitalisieren. Das Naturkundemuseum in London ist eines der größten. Allein bei den Insekten umfassen die Bestände dort 30 Millionen Exemplare quer durch alle Arten. Einige sind unersetzlich. Zum Beispiel die graubraune Motte, deren Flügel ein Band fast schwarzer Punkte ziert.
    "Dieses Exemplar hier mit dem roten Kreis ist ein Holotyp, das heißt, es definiert die gesamte Art. Jedes Mal, wenn wir damit hantieren, riskieren wir, es zu beschädigen. Es ist sehr zerbrechlich, denn es ist mehr als 100 Jahre alt. Es ist sehr, sehr wichtig."
    Prototypen aus "Lego-Technic"
    Darum bedienen sich Dupont und seine Kollegen kleiner Gestelle, mit denen sie die Insekten unter dem Mikroskop positionieren. Schon auf seiner letzten Arbeitsstelle in Kopenhagen hatte Steen Dupont einige Prototypen gebaut, allerdings aus Metall und Plastik.
    "Als ich nach London gezogen bin, habe ich wieder mit Lego zu spielen begonnen. Ich kannte ja kaum Leute. Ich habe gemerkt, dass man mit 'Lego-Technic' vielseitige Prototypen bauen kann. Also habe ich an so einem Manipulator rumgetüftelt bis ich etwas hatte, das ich meinen Kollegen zeigen konnte. Gemeinsam haben wir es verbessert, und ich habe darüber ein Artikel im Fachmagazin 'ZooKeys' geschrieben. Damit ging ein Traum für mich in Erfüllung. Ich habe Lego schon immer gemocht, und eine Publikation dazu stand schon lange auf meiner To-do-Liste."
    Spielzeug spart bares Geld
    Herausgekommen ist ein hohler Kubus, dessen Kanten schwarze Stäbe bilden, so dick wie Salzstangen. Quer durch den Kubus ragt eine weitere Stange, auf der eine Halterung für die Präpariernadel sitzt. Dupont kann diese Stange schwenken, mithilfe einer Schnecke und eines Zahnrades lässt sich die Halterung drehen - alles mit einer Hand. Eine einfache Konstruktion aus handelsüblichen Lego-Bausteinen. Steen Dupont hat mehrere Größen entworfen. Kosten: zwischen 11 und 18 Euro. Professionelle Manipulatoren kosten bis zu 70 Euro.
    Ein Jahr lang haben Dupont und seine Kollegen an dem IMp, dem Insect Manipulator herumgetüftelt.
    "Wenn man mit dem Mikroskop nicht nah genug herankommt, kann man die obere Hälfte abnehmen. Und jeder kann den Bauplan nach belieben verändern. Ich reise oft zu anderen Museen. Da nehme ich es immer mit, weil ich dann weiß, dass ich eine Halterung habe, mit der ich arbeiten kann. Der Lego-Manipulator lässt sich winzig zusammenpacken und wiegt fast nichts. Das ist brillant."