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Lehren will gelernt sein

Vor kurzem haben sie selbst noch studiert - jetzt sind sie wissenschaftliche Mitarbeiter und lernen im Seminar für Hochschuldidaktik den Umgang mit Studierenden. Sie erinnern sich gut an den einen oder anderen Hochschullehrer, an dessen Unterricht sie etwas auszusetzen hatten.

Von Matthias Günther |
    "Der hatte seine Vorlesung grundsätzlich auf CD gebrannt und jedem Studenten eine CD gegeben und meinte dann, er müsste dann nicht mehr selber zur Vorlesung erscheinen, oder konnte kurzfristig absagen."

    "Die Vorlesungen waren häufig schnell, unübersichtlich."

    "Da dachte man auch schon: staubtrockener Stoff, und der Professor vermittelt es auch nicht so gut, und da könnte man sich fast nur das Buch durchlesen und sich die Vorlesung sparen."

    "Auszusetzen hatte ich, dass sie Lehrbuchkapitel wiedergeben, ohne eigene Erfahrungen einzubringen, und dass auch die Lehre nicht immer aktuell war."

    "Die haben zum Beispiel den persönlichen Kontakt verweigert. Die haben also abgeblockt, wenn man mit ihnen sprechen wollte und sind sehr unpersönlich geblieben."

    Sie selbst sollen es besser machen. Das verlangt der Präsident der Kieler Universität, Professor Gerhard Fouquet von ihnen. Er meint:

    "Professoren, Professorinnen wollen heute unterrichten, und sie tun es gerne. Es fehlt ihnen in vielerlei Hinsicht noch an Anleitung dazu, weil sie es als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mitarbeiter einfach nicht gelernt haben."

    Deshalb hat es der Uni-Präsident für alle neuen wissenschaftlichen Mitarbeiter in Kiel zur Pflicht gemacht, an dem neuen Basisprogramm Hochschuldidaktik teilzunehmen. Sie lernen vor allem, wie sie eine Vorlesung aufbauen, wie sie mit Studierenden kommunizieren oder wie die Zusammenarbeit in einer Gruppe funktioniert. Wie Trainerin Helga Hänsler berichtet, wollten die Teilnehmer vor allem erfahren, wie sie motivieren und mit schwierigen Situationen umgehen können:

    "Dann hatten sie auch schon Aha-Effekte bei Dingen, die sie vorher einfach nicht bedacht hatten, zum Beispiel wie formuliere ich Lernziele, warum ist es wichtig, Lernziele zu formulieren. Beim Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun war auch ein Aha-Effekt: Oh, jetzt verstehe ich, warum vielleicht Kommunikation ab und zu mal schief läuft, nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Beziehung. Ja, das waren die Hauptanliegen."

    Die befragten Teilnehmer geben übereinstimmend an, dass sie aus dem Seminar viel Nützliches für die Praxis mitnehmen:

    "Unterricht nicht nur frontal zu gestalten, sondern Gesprächsrunden zu machen, wo der Professor sich auf eine ähnliche Ebene begibt, wie die Studenten gerade sind."

    "Es gibt Studenten, die wollen einen gerne provozieren, und stellen auch schon entsprechend provokante Fragen, so was wie: Das funktioniert doch sowieso alle nicht. Man muss erkennen, das ist so eine Art Falle, in die er einen reinlocken will. Und man muss einfach darüber stehen und dann zum Beispiel fragen: Was willst du jetzt damit bezwecken, dass du hier immer gegen angehst."

    "Gerade der persönliche Kontakt ist wichtig zu den Studierenden, dass die die Möglichkeit haben, auch Probleme zu klären - was nicht heißt, ich muss ständig sozusagen Sprechzeiten haben, aber dass das ein ganz wichtiger Punkt ist."

    Das Pflichtseminar umfasst nur zwölf Stunden. Wer hier während der eineinhalb Tage auf den Geschmack gekommen ist, kann seine didaktischen Fähigkeiten aber freiwillig vervollkommnen - denn es gibt nicht nur das Basisseminar, sagt Annekatrin Mordhorst, die die Weiterbildung an der Kieler Universität leitet:

    "Dann haben wir noch einen sehr reichen Fundus an Seminaren, an denen wirklich Grundlagen der Lehre noch einmal in extenso geschult werden können, wo man dann wirklich auch einzelne Probleme noch mal trainieren kann oder den richtigen Umgang mit diesen Problemen trainieren kann."

    Nur neue wissenschaftliche Mitarbeiter werden verpflichtet, an dem Basisseminar Hochschuldidaktik teilzunehmen - Professoren nicht. Das gibt das Dienstrecht nicht her, bedauert Uni-Präsident Gerhard Fouquet. Er will aber versuchen, die Professoren durch Informationen über das Thema dazu zu bewegen, sich weiterzubilden.

    "Ich finde es sehr, sehr wichtig, dass man als Professor die Chance ergreift, alle zwei Jahre mal sein eigenes Lehrerverhalten überprüfen zu lassen."

    Die Professoren brauchen dazu auch nicht an dem Basisseminar teilzunehmen. Annekatrin Mordhorst bietet ihnen spezielle Kurse oder auch ein persönliches Coaching an, denn:

    "Für Professoren, die ja Führungskräfte sind, ist es doch deutlich schwieriger, wie eben auch für andere Führungskräfte in der Wirtschaft, vor Berufsanfängern Fehler einzugestehen und diese mit diesen auch zu erörtern. Das ist einfach besser, das in einer anderen Umgebung und einer anderen Gruppe zu machen."