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Leichen sind ihr Geschäft

17.07.2000
    Normalerweise arbeitet die Malerin Claudia Sperlich gern mit einem flotten Pinselstrich und leuchtenden Farben an schrägen Typen, die aus einem Cartoon stammen könnten. Ihren Lebensunterhalt aber verdient sie sich mit disziplinierten, korrekten Zeichnungen von präparierten Leichen für Anatomielehrbücher. Ihre Werke sollen Medizinstudenten als Anleitung dienen und zeigen, was sie am Präpariertisch erwartet. Die künstlerische Aussage muss ein wenig in den Hintergrund rücken, wichtig ist es, das Typische hervorzuheben und das voneinander abzugrenzen, was man auf Fotografien der Präparate nicht unterscheiden könnte. "Durch Fixiermittel und ähnliches verliert alles an Farbe und sieht sehr ähnlich aus", sagt Christina Lüken, Medizinstudentin in Kiel.

    Zu Beginn ihrer Arbeit als anatomische Zeichnerin sollte Claudia Sperlich nur bereits vorhandene Abbildungen nach den Anweisungen des Anatomieprofessors oder Buchautors verändern. Zum besseren Verständnis war sie dann aber bald selbst am Präpariertisch dabei. Das erste Mal, es galt ein Schultergelenk zu zeichnen, war für sie noch sehr aufregend. Mittlerweile hat Claudia Sperlich mehrere hundert solcher Zeichnungen gemacht und viele Tage im Präpariersaal verbracht. Der Anblick der Leichname hat inzwischen das Beängstigende verloren, geblieben ist die Faszination der Reise durch das Innere des Körpers.

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    Claudia Sperlich arbeitet zurzeit zusammen mit Professor Bernhard Tillmann vom Anatomischen Institut der Universität Kiel an einem Anatomieatlas.