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Leipzig
Telekom-Hochschule bekommt Akkreditierung entzogen

Zu viele Studierende und Studienformen, keine wirkliche Eigenständigkeit gegenüber dem Betreiber. Nach dreijähriger Prüfung hat der Wissenschaftsrat festgestellt, dass die Hochschule für Telekommunikation Leipzig (HfTL) wissenschaftlichen Maßstäben nicht entspricht. Die Konsequenz: Immatrikulationsstopp ab dem Wintersemester.

Von Bastian Brandau | 20.02.2018
    Das Telekom-Logo
    Schlechte Nachricht für den Standort Leipzig: die dortige Telekom-Hochschule muss schließen. Doch irgendwie soll es trotzdem weitergehen. (dpa / SVEN SIMON)
    Es sei eine Summe von Kritikpunkten gewesen, die zu einer negativen Bewertung der Hochschule für Telekommunikation Leipzig geführt hätten, sagt Rebeca Taubach vom Wissenschaftsrat. Der Rat hatte die Hochschule untersucht, die von der Telekom finanziert wird, aber vom Sächsischen Wissenschaftsministerium akkreditiert ist.
    "Ein relativ wesentlicher Punkt war, dass der Wissenschaftsrat eine mangelnde akademische Eigenständigkeit gegenüber ihrer Betreiberin moniert hat. Festgestellt, dass wenige Entscheidungen, die gerade auch akademische Kernbereiche betreffen, außerhalb der Hochschule getroffen werden und da auch keine hinreichenden Prozesse institutionalisiert sind, um die Hochschule in diese Prozesse mit einzubeziehen."
    Denn die Telekom legte etwa die hohen Studierendenzahlen fest, daher sei das Personal mit Lehraufgaben überlastet. Zu viele Studierende in zu vielen unterschiedlichen Studienformen, das habe dazu geführt, dass die Forschung viel zu kurz gekommen sei. Die formale Konsequenz aus der negativen Bewertung: Das sächsische Wissenschaftsministerium wird der Hochschule die Akkreditierung entziehen. Staatsekretär Uwe Gaul:
    "Mit der Versagung der Akkreditierung ist erst mal völlig klar, dass keine neuen Studierenden eingeschrieben werden können, das können wir nicht zulassen. Aber für die eingeschriebenen Studierenden, und das ist auch der Telekom ganz klar, wird das Studium abgeschlossen werden können und da gibt es keine Einschränkungen zu befürchten für diejenigen, die jetzt im System sind."
    Gelassenheit beim Sitz in Bonn
    Bei der Telekom in Bonn gibt man sich gelassen. In den vergangenen Jahrzehnten hatte es im Unternehmen unterschiedliche Ansätze gegeben, wie es mit der Hochschule weitergehen solle. Die Entscheidung jetzt sei nicht überraschend gekommen, sagt Sprecher Peter Kespohl.
    "So große Konzerne sind natürlich auch großen Änderungen unterworfen, und dass ist nicht immer leicht für eine Hochschule, die ja Forschung und Lehre auch sehr lange ansetzt und plant, diese Veränderungen mitzumachen. Insofern ist es gut, das wir jetzt diese Entscheidung getroffen haben, dass in eine Stiftungsfakultät zu überführen, weil die Hochschule mit ihren Studiengängen da auch ein stückweit freier agieren kann."
    Für diesen Plan steht die Telekom bereits in Verhandlungen mit der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, HTWK. Die ist räumliche Nachbarin der HfTL im Leipziger Süden. Die unternehmenseigene Hochschule, so die Idee, soll in eine Stiftungsfakultät an der HTWK überführt werden, und die Ausrichtung soll modernisiert werden:
    "Wir werden aber gemeinsam mit beiden Hochschulen und der Telekom, als Stiftungsgeber, nicht mehr als Trägergesellschaft neue Studiengänge designen, von denen wir glauben, dass sie für die Wirtschaft und die Studenten interessant sind, weil es halt nicht mehr das reine Technikstudium ist, sondern weil wir auch das ganze Thema 'Digitale Transformation' mit reinnehmen. Wir wissen alle, unsere Gesellschaft wird immer weiter digitalisiert und da gibt es sicher spannende Forschungs- und Lehransätze."
    Überführung in eine Stiftungsfakultät
    Im Sächsischen Wissenschaftsministerium begrüßt man dieses Vorhaben. Sollte an der HTWK eine Stiftungsfakultät der Telekom entstehen, wäre dies bundesweit erst die zweite, sagt Staatsekretär Uwe Gaul:
    "Angedacht sind 500 Studienplätze, also eine ganz andere Größenordnung natürlich. Und auch das war ja auch beim Wissenschaftsrat eine wichtige Größe: Der Forschungsanteil, der in der alten Struktur der HtFL so nicht gesehen wurde, sagen wir es mal so. Das ist hier eindeutig und stärkt natürlich die HTWK, die in der Forschung aktiv ist und hier einen neuen, komplementären Weg beschreiten kann, der in das Profil passt, der das Profil stärkt, was wir so in Sachsen und in Leipzig noch nicht haben. Und insofern würde ich es als Gewinn betrachten, wenn es so kommt."
    Im Mai wollen Unternehmen und Hochschule eine Vorlage präsentieren. Die Telekom würde gern bereits zum Wintersemester den neuen Studiengang eröffnen. Staatssekretär Gaul:
    "Es gibt einen gewissen Ansporn, das hinzubekommen, da ist die Hochschule insbesondere gefragt, weil da auch Beschlüsse hinterlegt werden müssen, bevor das alles an den Start gebracht werden kann. Wenn wir das schaffen, wunderbar, wenn nicht, wird es ein Semester später."