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Leistungsbeurteilung statt Standardvergütung

Die Metallbranche hat ein neues Vergütungssystem eingeführt, in dem die individuelle Leistungen des Arbeitnehmers stärker berücksichtigt werden soll. Darauf hatten sich Arbeitgeber und IG Metall im Jahr 2003 verständigt. Die Arbeitgeber ziehen nun eine positive Bilanz.

Von Anke Petermann | 05.03.2010
    "Sitzprämien" für Anwesenheit und lange Betriebszugehörigkeit sind mit dem neuen tarifvertraglich verankerten Vergütungssystem der Metallbranche passé. Jetzt gibt es für Arbeiter und Angestellte ein Grund- und ein Leistungsentgelt. Damit hat sich auch überholt, was Siegbert Pinger vom Verband der Metall und Elektroindustrie Rheinland-Rheinhessen den "Saustallkoeffizienten" nennt:

    "Da hat mal der Chef den Sohn vom Freud, der mit ihm im Gesangsverein war, eingestellt und den nach Nasenfaktor eingestuft. Das war ein Wildwuchs ohne Ende. Jetzt wird es transparenter, jeder kann schauen, wonach werde ich denn beurteilt, nämlich genau nach den gleichen Kriterien wie der Meier, Müller neben mir auch, und dann können wir uns sogar vergleichen und sagen, wie viele Punkte hast du den."

    Uwe Szam, Personalchef von ESAB Cutting Systems im hessischen Karben, erklärt das neue Bewertungssystem am Beispiel eines Entwicklers, ein Maschinenbau-Ingenieur der höchsten oder zweithöchsten Tarifgruppe.

    "Der entwickelt für uns Schneidmaschinen, elektronische Komponenten, Software. Und unser Beurteilungsbogen ist folgendermaßen aufgemacht: Es wird der Arbeitseinsatz gemessen, die Qualität, die Kooperation im Team und teamübergreifend. Das sind letztlich die Beurteilungsmerkmale"

    Und in fünf Stufen wird festgelegt, in welchem Maß der Entwickler die Erwartungen erfüllt: gar nicht oder "stets in außerordentlichem Maß" - so die höchste Kategorie. Eine Betriebsvereinbarung schnitt die Leistungsbewertung speziell auf das Unternehmen zu, die Führungskräfte wurden darin geschult, Erwartungen an ihre Mitarbeiter zu formulieren und auszuwerten, in welchem Maß sie diese erfüllen. Kriterien und Einstufungssystematik sind für den Lagermitarbeiter und den Ingenieur dieselben. Allerdings:

    "Wir können die Anforderungen, die wir an einen studierten Entwickler haben, nicht vergleichen mit denen an einen Lagermitarbeiter, der im unteren Niveau eingruppiert ist. Das heißt, da werden die Maßstäbe deutlich höher gelegt und dann erwarten wir bei einem Entwickler konkret auch Fantasie, Kreativität, dass er auf dem Markt sieht, was gibt es Neues."

    200, 300 Euro kann die zehnprozentige Leistungszulage in unteren Gehaltssegmenten bringen, rechnet Nikolaus Schade vor, Leiter Arbeitswissenschaft bei Hessenmetall:

    "Wenn ich aber wirklich eine sehr anspruchsvolle, hochwertige Arbeitsaufgabe und einen Top-Mitarbeiter habe, kann das durchaus auch in Bereiche von 600 Euro nach oben gehen."

    Außerdem haben Mitarbeiter nun einen tarifvertraglichen Anspruch darauf, vom Vorgesetzten zu erfahren, wie und nach welchen Kriterien ihre Leistungen eingeschätzt werden. Die meisten motiviert das, haben die Personaler festgestellt.

    Dirk Demmer ist wie andere Arbeitgeber rundum zufrieden mit den modernisierten Gehaltsstrukturen. "Die Bewertungen sind ein Führungsinstrument", bilanziert der Geschäftsführer eines Maschinenbau-Unternehmens im Saarland. Die Mitarbeiter leisten mehr, fügt er an, das bringt das Unternehmen voran. Faire Leistungsbeurteilung für Metaller - andere Branchen könnten es nachmachen.