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Lernen durch Bewerten

Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin geben sich Ländervertreter, Veranstalter und Reiselustige ein Stelldichein. Eine private Hochschule in Köln veranstaltet dort in diesem Jahr zum zweiten Mal das sogenannte ITB-Projekt. Dabei küren Studierende anhand von festgelegten Kriterien den besten Messestand - und knüpfen jede Menge Kontakte.

Von Verena Kemna |
    Kristina Müller steht mit anderen Studierenden der Cologne Business School am Stand von Costa Rica, hält einen Bewertungsbogen in der Hand. Sie studiert im vierten Semester Medienmanagement an der Privaten Hochschule in Köln, hat sich schon zum zweiten Mal für das ITB-Projekt in Berlin beworben. Die Frage lautet: Wer hat den schönsten Stand im Land? Nur drei Tage bleiben den 32 Studierenden aus Köln, um 11.000 Aussteller zu bewerten. Kristina Müller weiß, das wird anstrengend, aber sie freut sich. Die Internationale Tourismus Börse bedeutet für sie, Praxis für ihre berufliche Karriere.

    "Ich würde gerne ins Brand-Management gehen, hat jetzt nicht ganz so viel mit der ITB zu tun aber ich finde, es ist trotzdem immer eine tolle Erfahrung, auch mit verschiedenen Geschäftsleuten zu reden und Erfahrung zu sammeln und es ist nicht dieser Zeitaufwand, den man braucht für ein Praktikum. Man kann halt hier in sehr kurzer Zeit sehr viel lernen."

    Bevor die Studierenden in ihren braunen Hosen und den Shirts mit orangefarbenem Kragen in kleinen Teams ausschwärmen, kurze Einführung am Stand Costa Rica. Kristina Müller zupft an den Schlingpflanzen, die von der Decke hängen, deutet auf die Palmengewächse. Das gibt in der Kategorie Kreativität und Eyecatcher eine zehn, die höchste Punktzahl.

    "Wir bewerten ja in zehn verschiedenen Kategorien und in den Kategorien gibt es verschiedene Kriterienkataloge, aber die Kriterien, nach denen wir bewerten, sind eigentlich immer die gleichen mit dem gleichen Bewertungsbogen. Wenn wir jetzt in den Länderkategorien bewerten wie hier, achten wir sehr auf Traditionelles, was zu der Kultur passt, was die übernommen haben von zu Hause, was jetzt nicht dieses europäisch Angepasste ist unbedingt."

    Oben auf dem Bewertungsbogen stehen die verschiedenen Länder nach Kategorien geordnet, etwa Asien, Australien, Ozeanien, Afrika und Europa. Die Fragen sind eindeutig: Wie ist der Stand gestaltet, gibt es Informationsmaterial? Sind die Mitarbeiter ansprechbar, freundlich? Projektleiterin Martina Leicher mahnt zur Eile, sieht auf die Uhr, genug der Einführung, die Teams müssen los.

    "Das ist ein ausgeklügeltes Laufsystem. Da sitzt ein Team von vier Leuten vorher dran, die das minutiös ausklügeln welche Teams in welchen Hallen welche Stände bewerten und wie lange sie dafür brauchen und dann werden die besten Stände, die nach Punktzahl unter den ersten zehn sind, noch mal bewertet, machen praktisch ein "best of the best", damit es neutral ist und wir sicher sind, dass es auch wirklich die besten Stände sind und das klappt."

    Minuten später stehen Kristina Müller und Raphael Schlee am Stand von Sri Lanka. Blauer Teppichboden, eine Fototapete. Männer in dunklen Anzügen stehen, unterhalten sich. Raphael Schleh bleiben noch zwei Semester bis zum Bachelor mit Schwerpunkt Tourismus. Er ist zum zweiten Mal auf der ITB, weiß, worauf es ankommt.

    "Ich habe schon gesehen, dass die dahinten eine kleine Showbühne haben, da werden dann wahrscheinlich Tänzerinnen auftreten, was beliebt ist auf der ITB, das gibt natürlich extra Punkte. Standdesign? Also wirklich schön finde ich das Design nicht, ich würde ein vier geben. Strukturiert ist es aber, also die nächste Kategorie ist die Standaufteilung. Ja, zugänglich finde ich ihn auf jeden Fall."

    In einem Extraraum sitzt die Studentin Anke Mecklenbrauch vor dem Laptop, wartet auf die Bewertungsbögen. Sie wird die Punkte in Tabellen speichern und auswerten. Auch Anke Mecklenbrauch hat sich zum zweiten Mal für das ITB-Projekt beworben. Dabei zählt vor allem die Motivation.

    "Wenn die Leute nur hierher kommen um eine Woche Berlin genießen zu wollen, das ist halt schwierig, weil sehr viel Arbeit auf uns wartet und daher brauchen wir nur hochmotivierte Studenten, die Lust haben sich hier einzusetzen und hier zu arbeiten."

    Nebenbei konnte sie sich im vergangenen Jahr einen Praktikumsplatz bei einem Reisebüro in Indien organisieren.

    "Also, es war schon sehr gut hier den Kontakt geknüpft zu haben. Ich werde später hier auch meinen Chef aus Indien wieder treffen, das wird sicher sehr spannend."