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"Lex Fußball" empört Sportausschuss

Im Anti-Doping-Kampf verzeichnet die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA derzeit heftige Rückschläge. Die EU will die im WADA-Code verankerten Meldepflichten kippen, weil sie EU-Recht verletzt sieht. Spanien beschließt nächtliche Einschränkungen der Kontrollen und der Fußballweltverband FIFA beansprucht Sonderregelungen. Auch im Sportausschuss des Deutschen Bundestages sorgte das Thema für Empörung.

Von Jens Weinreich | 22.04.2009
    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat sieben kritische Punkte herausgearbeitet, die sein Dienststellenleiter Roland Bachmeier im Sportausschuss in Berlin vortrug:

    - die problematische Rechtsgrundlage,
    - die Datenübermittlung ins Ausland, hier besonders in die WADA-Zentrale nach Montreal,
    - die Erhebung von Aufenthaltsangaben – die so genannten "Whereabouts",
    - die Speicherfristen für die erhobenen Daten,
    - die Zweckbindung der Daten,
    - die Frage der Zugriffsberechtigung auf die Datensätze
    - und die Veröffentlichung von Doping-Verstößen im Internet.

    Zu einigen Punkten hat die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA bereits Antworten gegeben, so werden Verstöße beispielsweise nicht online veröffentlicht. Andere Punkte sind in internationalem Rahmen zu klären. Unabhängig von der Entwicklung auf europäischer Ebene und der Konfrontation zwischen WADA und EU-Kommission wird es in Deutschland in den nächsten Wochen einige Änderungen geben, daran ließ NADA-Geschäftsführer Göttrik Wewer kaum Zweifel.

    Die zuständige Datenschutzbeauftragte des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen hat der NADA zunächst einen Fragenkatalog übermittelt. Scheint es in Sachen Datenschutz zumindest in Deutschland Lösungen geben zu können, so ist in einem anderen Thema kein Kompromiss möglich: Die Frage der Sonderregeln für Profis in Mannschaftssportarten dominierte auch die Diskussion im Sportausschuss.

    Ausnahmen für Fußballer und Basketballer? Christian Schreiber, mehrfacher Weltmeister und Aktivensprecher der Ruderer:

    "Warum soll dann ein Sportler sich abmelden und ein sehr viel verdienender, in der Öffentlichkeit stehender Sportler nicht? Nur weil er diesen Status besitzt? Da gibt es überhaupt keine Grenze, keinen Kompromiss: Das muss für alle gleich sein!"

    In den vergangenen Tagen irritierten widersprüchliche Pressemeldungen des Fußball-Weltverbandes FIFA und der WADA. Selbst Christoph Bergner (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im BMI und einst WADA-Vorstand, ist unsicher:

    "Es wäre eine Katastrophe, wenn das Dopingkontrollsystem zusammenbräche. Und ich muss auch sagen ... Ich würde es als unerträglich empfinden, wenn die WADA eine solche Verschiedenheit akzeptieren würde. Wir können den Anti-Doping-Kampf nur überzeugend führen, wenn er für alle Athleten, die in einer Spitzenposition und im Testpool sind, mit den gleichen Mitteln geführt wird."

    NADA-Vorstand Göttrik Wewer erklärte, dass er sich bislang vergeblich um Infos aus erster Hand bemüht hat – und auch nur auf Grundlage der neuesten WADA-Pressemitteilung, die Entwarnung gab, argumentieren kann.

    "Ich gebe zu, dass wir im ersten Moment auch etwas verunsichert waren. Aber wenn es so etwas geben würde, dass Spitzensportler in Urlaubszeiten nicht damit rechnen müssen, kontrolliert zu werden, dass sie andere Zeiten außerhalb des Trainings haben, wo sie nicht kontrolliert werden, dann kann man im Anti-Doping-Kampf einpacken."

    FIFA-Präsident Joseph Blatter hat in den vergangenen Jahren in anderen Themen, zuletzt bei der umstrittenen Sechs-plus-Fünf-Regel, mehrfach erfolgreich bei deutschen Sportministern lobbyiert – ob sie nun Otto Schily oder Wolfgang Schäuble hießen. Staatsekretär Bergner glaubt, dass ihm das diesmal nicht gelingt.

    "Ich bin ganz sicher, dass unser Minister es nicht hinnehmen wird, dass innerhalb des Sports bei der Dopingkontrolle es gewissermaßen Athleten erster und zweiter Klasse gibt, obwohl sie in der gleichen Spitzensportliga sind und im Grunde genommen in der Dopingkontrolle gleich behandelt werden müssen."