Zufrieden? Reinhard Houben schaut irritiert. Natürlich könne die FDP mit den Umfragewerten nicht zufrieden sein, sagt der Kölner. Seit gut zehn Jahren ist er Kreisvorsitzender. Etwa ein Jahr regiert seine Partei jetzt mit der Union in Berlin - die Bürger haben dafür in den Umfragen ihre Daumen gesenkt.
"Ein Teil der Probleme sind hausgemacht. Wir hätten nicht auf die Nordrhein-Westfalen-Wahl in Berlin warten sollen. Wir hätten sofort anfangen sollen zu regieren."
Es hat lange gedauert, bis die Regierung ihren Kurs gefunden und begonnen hat, ihre Projekte auch umzusetzen. Vor allem FDP-Projekte. Die Gesundheitsreform zum Beispiel. Schnell ging es nur mit der Mehrwertssteuersenkung für Hoteliers - das zumindest ist der Eindruck. Ist die Zeit jetzt also reif für noch mehr Klientelpolitik? Auf diese Frage richtet sich Reinhard Houben, der leicht nach vorne gebeugt auf einem Hocker sitzt, energisch auf:
"Wir machen keine Klientelpolitik. Wir haben in der Bundestagswahl bestimmte Aussagen getroffen. Auch das Reizthema Hotelsteuer ist ja nicht nur von uns im Wahlkampf angesprochen worden, sondern von anderen Parteien auch. Es ist offensichtlich ein Problem, dass die FDP dafür bestraft wird, dass sie das umsetzt, was sie im Wahlkampf verspricht und andere dafür gelobt werden, dass sie sich nicht an Dinge halten, die sie im Wahlkampf ankündigen."
Das Etikett der Einpunkt-Partei, der Steuersenkungspartei, der Partei der Besserverdienenden klebt jedenfalls hartnäckig. Dabei will Generalsekretär Christian Lindner der FDP ein viel breiteres Spektrum verleihen mit dem neuen Grundsatzprogramm, das eine Kommission unter seiner Führung gerade erarbeitet. Modern, weltoffen und sozialer soll die FDP werden. Am Wochenende wird Houben nach Berlin fahren. Dort wird die Parteispitze mit den Kreisvorsitzenden über das zukünftige Profil sprechen:
"Ich bin der Meinung, dass die FDP sicherlich eine Partei sein muss, die ein Angebot an die gesamte Wählerschaft macht. Deshalb halte ich es für richtig, dass wir uns breiter aufstellen."
Stimmt, sagt Carlos Gebauer. Eine liberale Partei hat in Deutschland seiner Meinung nach ein enormes Potenzial. Warum sollte sie nicht die 50-Prozent-Marke knacken, sagt er und schaut seinem Gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtisches fest in die Augen:
"Meine Frau sagt immer: Viele Menschen sind Liberale ohne es von sich zu wissen."
Anhänger des klassischen Liberalismus, wohlgemerkt. Und der deckt sich seiner Ansicht nach nicht immer mit der Politik seiner Partei. Der Anwalt ist einer der Sprecher des Liberalen Aufbruchs. Die Gruppe hat sich erst vor wenigen Wochen gegründet und hat nach eigenen Angaben aber schon rund tausend Unterstützer. Ihre Begründer - darunter auch einige Bundestagsabgeordnete - wollen, dass sich die FDP wieder auf liberale Werte wie die Freiheit des Einzelnen konzentriert, wie es im aktuellen Grundsatzprogramm steht, sagt Gebauer:
"Die FDP ist mir momentan etwas zu wenig prinzipienfest. Man muss es aushalten, seine Prinzipien zu verteidigen."
Bestes Beispiel: die Steuersenkung für die Hoteliers.
"Wenn man jemandem nicht 19 Prozent abnimmt, sondern sieben Prozent, dann schenkt man ihm nichts. Wäre das so, dann müsste jeder Straßenräuber, der mich nicht beraubt, anschließend Dank dafür erhalten, dass er mir etwas geschenkt hat. Nämlich, dass er mir in der Tasche gelassen hat, was ursprünglich drin war."
Die Hoteliers dürften aber nur der Anfang sein. Letztlich müssten die Steuern für alle Bürger sinken. Aber nicht nur das. Der Staat enge seine Bürger überhaupt zu sehr ein, findet der liberale Aufbruch:
"Sie werden nicht gefragt, ob sie Mitglied der deutschen Rentenversicherung sein möchten. Sie sind das einfach. Sie werden auch nicht gefragt, ob sie gesetzlich krankenversichert sein möchten. Sie sind das einfach. Sie müssen zwangsweise Beiträge an die Arbeitslosenversicherung, an die Pflegeversicherung bezahlen."
Eine klassisch liberale Partei müsse vielmehr für die Freiheit des Einzelnen streiten, statt einen Wohlfahrtsstaat zu fördern, sagt Gebauer. Ein leidenschaftliches Plädoyer. Er ist ein geübter Redner, der weiß, wie man Aufmerksamkeit hält. Er reist viel durchs Land, hält Vorträge, einige Jahre war er als Anwalt in einer Gerichtssendung im Fernsehen zu sehen.
"Ich mache mich gerne zum Anwalt der kleinsten Minderheit. Und die kleinste Minderheit ist das Individuum."
"Wir machen hingegen seit den 70er-Jahren enorme Zugeständnisse an den Kollektivismus und das materielle Gleichheitsdenken." heißt es wörtlich auf der Internet-Seite des liberalen Aufbruchs. Dabei gehe es dem klassischen Liberalismus um das Wohle aller - und nicht nur einzelner Gruppen.
"Wir brauchen insgesamt weniger Abgaben. Weniger Belastungen für arbeitende Menschen. Um anschließend sehr viel effizienter und effektiver Hilfe für die Ärmsten der Armen zu liefern."
Mit dieser Position gehen die Vertreter des Aufbruchs in die Diskussion um das neue Parteiprogramm. Noch werden sie an der Parteispitze weitestgehend ignoriert. Deshalb haben sie begonnen, an der Basis für ihre Position zu werben. Denn die Basis bestimmt letztendlich über die Richtung der Spitze. Auch alle Kreisvorsitzenden haben das Papier des Liberalen Aufbruchs bekommen. Wie der Kölner Reinhard Houben. Der wundert sich über das Vorgehen der Gruppe. Auf der Regionalkonferenz, auf der er gewesen sei, hätten sich die Mitglieder des Aufbruchs nicht maßgeblich in die Debatte eingebracht.
"Und zweitens kann ich die Parteifreunde, vor allem die Bundestagsabgeordneten, die ja eigentlich direkten Zugriff auf unsere Politik haben und diese dann auch direkt beeinflussen könnten in der Bundestagfraktion, dass die sich nun ausgerechnet an die Spitze einer Bewegung stellen, um uns zu erklären, wie FDP zu funktionieren hat, das verwundert mich schon sehr."
Aber was ist denn falsch an einer Politik, die sich als Anwalt der kleinsten Minderheit versteht, nämlich des Individuums? Na, dann sind wir bald bei der Reinhard-Houben-Partei, sagt er und steht zum Abschied auf.
"Ein Teil der Probleme sind hausgemacht. Wir hätten nicht auf die Nordrhein-Westfalen-Wahl in Berlin warten sollen. Wir hätten sofort anfangen sollen zu regieren."
Es hat lange gedauert, bis die Regierung ihren Kurs gefunden und begonnen hat, ihre Projekte auch umzusetzen. Vor allem FDP-Projekte. Die Gesundheitsreform zum Beispiel. Schnell ging es nur mit der Mehrwertssteuersenkung für Hoteliers - das zumindest ist der Eindruck. Ist die Zeit jetzt also reif für noch mehr Klientelpolitik? Auf diese Frage richtet sich Reinhard Houben, der leicht nach vorne gebeugt auf einem Hocker sitzt, energisch auf:
"Wir machen keine Klientelpolitik. Wir haben in der Bundestagswahl bestimmte Aussagen getroffen. Auch das Reizthema Hotelsteuer ist ja nicht nur von uns im Wahlkampf angesprochen worden, sondern von anderen Parteien auch. Es ist offensichtlich ein Problem, dass die FDP dafür bestraft wird, dass sie das umsetzt, was sie im Wahlkampf verspricht und andere dafür gelobt werden, dass sie sich nicht an Dinge halten, die sie im Wahlkampf ankündigen."
Das Etikett der Einpunkt-Partei, der Steuersenkungspartei, der Partei der Besserverdienenden klebt jedenfalls hartnäckig. Dabei will Generalsekretär Christian Lindner der FDP ein viel breiteres Spektrum verleihen mit dem neuen Grundsatzprogramm, das eine Kommission unter seiner Führung gerade erarbeitet. Modern, weltoffen und sozialer soll die FDP werden. Am Wochenende wird Houben nach Berlin fahren. Dort wird die Parteispitze mit den Kreisvorsitzenden über das zukünftige Profil sprechen:
"Ich bin der Meinung, dass die FDP sicherlich eine Partei sein muss, die ein Angebot an die gesamte Wählerschaft macht. Deshalb halte ich es für richtig, dass wir uns breiter aufstellen."
Stimmt, sagt Carlos Gebauer. Eine liberale Partei hat in Deutschland seiner Meinung nach ein enormes Potenzial. Warum sollte sie nicht die 50-Prozent-Marke knacken, sagt er und schaut seinem Gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtisches fest in die Augen:
"Meine Frau sagt immer: Viele Menschen sind Liberale ohne es von sich zu wissen."
Anhänger des klassischen Liberalismus, wohlgemerkt. Und der deckt sich seiner Ansicht nach nicht immer mit der Politik seiner Partei. Der Anwalt ist einer der Sprecher des Liberalen Aufbruchs. Die Gruppe hat sich erst vor wenigen Wochen gegründet und hat nach eigenen Angaben aber schon rund tausend Unterstützer. Ihre Begründer - darunter auch einige Bundestagsabgeordnete - wollen, dass sich die FDP wieder auf liberale Werte wie die Freiheit des Einzelnen konzentriert, wie es im aktuellen Grundsatzprogramm steht, sagt Gebauer:
"Die FDP ist mir momentan etwas zu wenig prinzipienfest. Man muss es aushalten, seine Prinzipien zu verteidigen."
Bestes Beispiel: die Steuersenkung für die Hoteliers.
"Wenn man jemandem nicht 19 Prozent abnimmt, sondern sieben Prozent, dann schenkt man ihm nichts. Wäre das so, dann müsste jeder Straßenräuber, der mich nicht beraubt, anschließend Dank dafür erhalten, dass er mir etwas geschenkt hat. Nämlich, dass er mir in der Tasche gelassen hat, was ursprünglich drin war."
Die Hoteliers dürften aber nur der Anfang sein. Letztlich müssten die Steuern für alle Bürger sinken. Aber nicht nur das. Der Staat enge seine Bürger überhaupt zu sehr ein, findet der liberale Aufbruch:
"Sie werden nicht gefragt, ob sie Mitglied der deutschen Rentenversicherung sein möchten. Sie sind das einfach. Sie werden auch nicht gefragt, ob sie gesetzlich krankenversichert sein möchten. Sie sind das einfach. Sie müssen zwangsweise Beiträge an die Arbeitslosenversicherung, an die Pflegeversicherung bezahlen."
Eine klassisch liberale Partei müsse vielmehr für die Freiheit des Einzelnen streiten, statt einen Wohlfahrtsstaat zu fördern, sagt Gebauer. Ein leidenschaftliches Plädoyer. Er ist ein geübter Redner, der weiß, wie man Aufmerksamkeit hält. Er reist viel durchs Land, hält Vorträge, einige Jahre war er als Anwalt in einer Gerichtssendung im Fernsehen zu sehen.
"Ich mache mich gerne zum Anwalt der kleinsten Minderheit. Und die kleinste Minderheit ist das Individuum."
"Wir machen hingegen seit den 70er-Jahren enorme Zugeständnisse an den Kollektivismus und das materielle Gleichheitsdenken." heißt es wörtlich auf der Internet-Seite des liberalen Aufbruchs. Dabei gehe es dem klassischen Liberalismus um das Wohle aller - und nicht nur einzelner Gruppen.
"Wir brauchen insgesamt weniger Abgaben. Weniger Belastungen für arbeitende Menschen. Um anschließend sehr viel effizienter und effektiver Hilfe für die Ärmsten der Armen zu liefern."
Mit dieser Position gehen die Vertreter des Aufbruchs in die Diskussion um das neue Parteiprogramm. Noch werden sie an der Parteispitze weitestgehend ignoriert. Deshalb haben sie begonnen, an der Basis für ihre Position zu werben. Denn die Basis bestimmt letztendlich über die Richtung der Spitze. Auch alle Kreisvorsitzenden haben das Papier des Liberalen Aufbruchs bekommen. Wie der Kölner Reinhard Houben. Der wundert sich über das Vorgehen der Gruppe. Auf der Regionalkonferenz, auf der er gewesen sei, hätten sich die Mitglieder des Aufbruchs nicht maßgeblich in die Debatte eingebracht.
"Und zweitens kann ich die Parteifreunde, vor allem die Bundestagsabgeordneten, die ja eigentlich direkten Zugriff auf unsere Politik haben und diese dann auch direkt beeinflussen könnten in der Bundestagfraktion, dass die sich nun ausgerechnet an die Spitze einer Bewegung stellen, um uns zu erklären, wie FDP zu funktionieren hat, das verwundert mich schon sehr."
Aber was ist denn falsch an einer Politik, die sich als Anwalt der kleinsten Minderheit versteht, nämlich des Individuums? Na, dann sind wir bald bei der Reinhard-Houben-Partei, sagt er und steht zum Abschied auf.