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Libertas und der Lissabonner Vertrag

Europäer, denen Europa zu viel wird, gibt es überall in der Europäischen Union. Auf diese Menschen setzt der irische Millionär und Self-made-man Declan Ganley, Vorsitzender von Libertas. Er will mit der seit Anfang Februar für die Europawahlen zugelassenen Partei eine Kampagne gegen den Vertrag von Lissabon führen.

Von Alois Berger | 11.02.2009
    "Ich heiße Declan Ganley, ich bin Vorsitzender von Libertas, einem paneuropäischen Think-Tank, der für mehr Demokratie, mehr Rechenschaftspflicht und mehr Transparenz in der Europäischen Union eintritt. Wir sind voller Begeisterung für Europa, aber wir sind auch eine der führenden Kräfte der irischen Nein-Kampagne. Wir kämpfen gegen den Lissabonner Vertrag."

    Declan Ganley in einem Videoclip auf Youtube.

    Noch vor einem Jahr war der schillernde irische Geschäftsmann nur wenigen Eingeweihten ein Begriff. Jetzt ist Ganley dabei, eine europaweit agierende Partei aufzubauen, eine Partei, die die Europäische Union in die Schranken weisen will.

    Ganley hat in Irland die Kampagne gegen den Lissabonner Vertrag zu weiten Teilen organisiert und finanziert. Dass die Iren dann beim Referendum im Juni letzten Jahres tatsächlich mit deutlicher Mehrheit gegen die Reform der Europäischen Institutionen stimmten, geht nicht zuletzt auf die Überzeugungskraft dieses schillernden Self-made-mans zurück. Für den 39-jährigen Ganley war das irische Nein so etwas wie ein Erweckungserlebnis. Der Millionär entdeckte seine politische Berufung. Jetzt will er Europa wach rütteln und in Stellung bringen gegen diesen Vertrag, gegen eine weitere Vertiefung der Europäischen Union, gegen die Eurokraten in Brüssel, wie er sagt.

    "Wir haben den Vertrag von vorne bis hinten gelesen. Dieser Vertrag ist schlecht für Irland, er ist schlecht für Europa."

    2002 haben die Iren schon einmal gegen einen europäischen Vertrag gestimmt. Damals ging es um den Vertrag von Nizza. Irland hat also durchaus eine gewisse Tradition darin, denen in Brüssel eins auszuwischen. Doch diesmal waren es nicht nur die üblichen Verdächtigen, meint Sebastian Kurpas vom Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel. Es war eine breite Koalition, die gegen den Lissabonner Vertrag gestimmt hat.

    "Es war eine sehr breite, von relativ weit links, Arbeiter, bis relativ weit rechts, Katholiken, ländliche Bevölkerung. Aber, das ist der Unterschied zu den bisherigen Abstimmungen in Irland: es gibt eine wirtschaftsfreundliche Gruppe, diese Libertas-Gruppe, die den irischen Mittelstand angesprochen hat, die gesagt hat, Europa war gut für Irland, aber so wie es ist, ist es gut, mehr wollen wir nicht."

    Genau mit dieser Erfolgsformel: "Bis jetzt war Europa gut, aber jetzt reicht's" will Declan Ganley die Bevölkerung auch in anderen EU-Ländern gewinnen. Ob er damit Chancen hat, wird sich zeigen. Europäer, denen Europa zu viel wird, gibt es überall in der Europäischen Union. Der Vertrag von Lissabon sei ein entscheidender Wendepunkt, erklärt Ganleys Pressechefin, Anita Kelly:
    "Es gibt einen Bedarf für eine Bewegung wie Libertas. Wir sind pro-europäisch, aber wir wollen, dass dieses Europa anders wird. Und wir glauben, dass eine solche Bewegung nötig ist, die die Europäer für diese Sache zusammen bringt. Wir bekommen eine ernorme Unterstützung aus allen 27 Mitgliedsstaaten."

    Die Iren hätten als einzige gegen den Vertrag gestimmt, sagt Kelly, weil sie als einzige gefragt worden seien. Hätte es in anderen Ländern Volksabstimmungen gegeben, dann wäre der Lissabonner Vertrag auch dort abgelehnt worden. Schon deshalb müsse er nun endgültig begraben werden.

    Doch eine Kampagne gegen einen europäischen Vertrag zu führen, ist eine Sache. Eine pro-europäische, aber Europa kritische Partei zu gründen, scheint ungleich schwieriger. Um als europaweite Partei anerkannt zu werden, braucht man die Unterstützung von mindestens sieben Abgeordneten aus sieben verschiedenen EU-Staaten. Eigentlich eine einfache Sache, denn es spielt keine Rolle, ob diese Abgeordneten in einem nationalen, einem regionalen oder im europäischen Parlament sitzen.

    Anfang Februar legte Libertas dem Präsidium des Europäischen Parlaments den Gründungsantrag vor, unterzeichnet von acht Abgeordneten aus sieben Ländern. Am 3. Februar wurde Libertas für die Europawahlen im Juni zugelassen. Mit der Zulassung waren auch Zuschüsse für den Wahlkampf in Höhe von 200.000 Euro verbunden.

    Die etablierten Parteien waren nicht begeistert von der Europa skeptischen Konkurrenz, bemühten sich aber um Haltung. Jo Leinen ist Europa-Abgeordneter der Sozialdemokraten und Vorsitzender des Verfassungsausschusses:

    "Die Europagegner sind eine Herausforderung an alle anderen demokratischen Kräfte. In gewisser Weise freue ich mich sogar darauf, weil es dann kontrovers wird, und auch mehr Dynamik und Pfeffer sozusagen in die Europadebatte kommt. Ich will sie allerdings auch nicht klein reden. Es gibt ein dumpfes Gefühl der Distanz, der Skepsis gegenüber der EU und das darf man nicht zu weit treiben lassen. Die Pro-Europäer, die Demokraten müssen sich auch zur Wehr setzen. Und der Europawahlkampf ist eine perfekte Gelegenheit, dies zu tun."

    Doch schon einen Tag nach der Parteianmeldung sah es so aus, als ob es schon wieder vorbei wäre mit Dynamik und Pfeffer. Denn in der nagelneuen Brüsseler Parteizentrale von Libertas brach das Chaos aus. Der estnische Freidemokrat Igor Grazin bestritt, jemals irgendetwas bei Libertas unterschrieben zu haben. Kurz danach distanzierte sich auch der bulgarische Abgeordnete Mintcho Hristov Kuminev. Der glühende bulgarische Nationalist schimpfte in einem Interview mit der Nachrichtendienst "Euractiv", dass ihn offensichtlich jemand reinlegen wolle:

    "Ich sage das jetzt mal sehr direkt. Ich traue meinen Augen kaum, welchen Müll ich da in der Zeitung lese. Niemals und unter keinen Umständen habe ich versucht, Mitglied dieser Partei zu werden."

    Das Parteibüro von Libertas hat inzwischen Fotos ins Internet gestellt, mit den Aufnahmeanträgen sowohl von Grazin als auch von Kuminev. Die Unterschriften sind einigermaßen gut zu erkennen. Die Presse-Chefin von Libertas, Anita Kelly, bietet auch eine einfache Erklärung, warum die beiden Abgeordneten plötzlich nichts mehr von der neuen Partei wissen wollen:

    "Wir glauben, dass sie unter starken Druck aus ihren Parteien kamen, als ihr Engagement für Libertas öffentlich wurde. Wir schätzen das sehr hoch ein, dass sie erst einmal für Libertas unterschrieben haben. Aber wir bedauern den Druck, der sie veranlasste, sich nun von ihrer Zustimmung zu distanzieren."

    Wer nun wen unter Druck gesetzt hat, wird sich wohl nie ganz feststellen lassen. Tatsache ist, dass Libertas ganz schnell neue Abgeordnete braucht, um als europäische Partei an den Europawahlen teilnehmen zu können. Das Präsidium des Europaparlaments will in den nächsten Tagen entscheiden, ob Libertas die Zulassung als gesamteuropäische Partei und den Zuschuss zu den Wahlkampfkosten bekommt.

    Der skurrile Streit um die Unterschriften zeigt, wie schwer es für neue Parteien ist, in Europa Fuß zu fassen, obwohl es in fast allen EU-Ländern eine zunehmende Zahl von Europa skeptischen Politikern gibt.

    Selbst im Europaparlament gibt es eine Reihe von Abgeordneten, denen die Europäische Union bereits viel zu weit geht und die die Europäische Integration gerne wieder zurück drehen würden. Abgeordnete wie der Tscheche Miroslaw Ouzky von der ODS, die in Prag den Ministerpräsidenten stellt. Bisher ist die ODS in der Europäischen Volkspartei organisiert, ein Dachverband, dem auch die deutschen Christdemokraten und Christsozialen angehören.

    "Wenn es eine europäische Parteiengruppe gibt, die konservativer ist als die Europäische Volkspartei, dann werde ich das begrüßen und gerne Mitglied dieser neuen Gruppierung sein."

    Abgeordnete wie Miroslaw Ouzky wären bei Libertas sehr willkommen. Doch der Tscheche ist Vorsitzender des einflussreichen Umweltausschusses im Europaparlament. Solche Posten bekommt man nur als Mitglied einer großen Fraktion. Für ehrgeizige Parlamentarier wie Miroslaw Ouzky ist Libertas deshalb keine gute Adresse:

    "Aber ich lege Wert darauf, dass die neue Gruppierung groß genug ist und genügend Mitglieder hat, um eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich will in keine Randgruppe, wenn sie verstehen, was ich meine."

    So wie Miroslaw Ouzky geht es vielen Abgeordneten. Ein kurzer Flirt mit der neuen Partei, ein langes Nachdenken und dann bleiben sie doch lieber in ihrer angestammten politischen Heimat, an der sie zwar vieles auszusetzen haben, die ihnen aber mitunter lukrative Vorteile bietet.

    Der Internetauftritt von Libertas besteht deshalb im Wesentlichen aus 26 Stellenanzeigen in allen möglichen Sprachen. Unter Libertas.eu/Germany heißt es:

    "Seien Sie dabei, wenn es darum geht, die Zukunft von Deutschland mit zu bestimmen! In Deutschland suchen wir: Herausragende Kandidaten für die Wahl zum Europa Parlament im Juni 2009"

    Herausragende Kandidaten, damit sind vor allem Politiker gemeint, die schon einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Sebastian Kurpas vom Center for European Policy Studies über Declan Ganleys Wunschkandidaten:

    "Er muss Partner finden, die so etwas wie Street credibility haben, die glaubwürdig sind in diesen Ländern, die die Leute ansprechen. Und da wir doch sehr unterschiedliche Kulturen haben, müssen das eben unter Umständen sehr unterschiedliche Leute sein. Es gibt Systeme, die sind sehr auf Konsens ausgelegt. wo man weniger laut auftritt. In anderen Ländern ist gerade das gefragt. Und es muss etwas sein, was eben die Leute vor Ort packt, wo die Leute sagen, das ist mir wichtig, deshalb stimme ich ab."

    Bislang hat Libertas vor allem Politiker umworben, die sich mit ihrer früheren Partei überworfen haben und nach einer neuen Heimat suchen. Europa-Abgeordnete wie der österreichische Ex-Sozialdemokrat Hans-Peter Martin zum Beispiel, oder die tschechische Ex-Fernsehmoderatorin, Ex-Unabhängige und Ex-Kommunistin Jana Bobosikova. Im Europaparlament schwirren ein paar Dutzend solcher entwurzelter Abgeordneter herum, meist sehr eigenwillige Politiker mit großem Ego, die sich nur schwer in eine Partei mit Programm und Hierarchie einordnen lassen.

    Declan Ganleys Libertas ist eine Partei ohne Programm. Außer der Ablehnung des Lissabonner Vertrages und der Forderung nach Volksabstimmungen in allen Mitgliedsstaaten gibt es bislang kaum Anhaltspunkte, wofür Libertas steht. Ganley ist wirtschaftsliberal, so viel weiß man immerhin, er ist gegen Bürokratie, gegen etablierte Politiker und gegen einen weiteren Ausbau Europas.

    Gerade weil die Partei noch ohne Programm ist, ist sie auch formbar. Jeder Politiker, der sich Libertas anschließt, bringt seine eigene Agenda mit. Aus Frankreich haben sich zum Beispiel Philippe de Villiers und Paul Marie Couteaux bei Libertas eingeschrieben. Die beiden sind zwar auch wirtschaftsfreundlich, in erster Linie aber sind sie kantige französische Nationalisten. De Villiers trat bei den letzten französischen Präsidentschaftswahlen als eigenständiger Kandidat an und umwarb mit ausländerfeindlichen Parolen die Klientel des französischen Rechtsauslegers Jean-Marie Le Pen.

    Auch in Tschechien und Polen sind es vor allem nationalistische Abgeordnete, die mit Libertas Kontakt aufnehmen. Europaskeptiker gibt es zwar auch bei linken Parteien, aber die können in der Regel mit Ganleys Liberalismus nichts anfangen. Deshalb ist es unübersehbar, wie Ganleys wirtschaftsliberale Partei mit jedem neuen Beitritt ein Stück weiter nach rechts driftet. Die einzigen, die fast nahtlos zu Ganley passen würden, wären die britischen Konservativen. Doch die wollen mit dem Iren nichts zu tun haben. Der Tory-Europa-Abgeordnete Christopher Heaton-Harris ist direkt pikiert:

    "Es gibt da ein weit verbreitetes Missverständnis über Mister Ganley. Er ist lediglich gegen den Lissabonner Vertrag. Meine Partei dagegen ist gegen ein zentralisiertes Europa, mit allem was dazu gehört. Ganley ist stolz darauf, dass er für ein starkes Europa ist. Wir haben da ganz andere Vorstellungen, wie die Zukunft Europas aussehen soll."

    Da auch die Tories nach europäischen Partnern suchen, gibt es bis zu den Europa-Wahlen so etwas wie einen Wettkampf um die freien Radikalen im Europaparlament. Die Europa skeptischen Tories fühlen sich in der Europäischen Volkspartei seit langem unwohl. Denn in der Volkspartei tummeln sich für britischen Geschmack deutlich zu viele Pro-Europäer wie etwa die deutschen Christdemokraten. Deshalb wollen die Tories raus aus der EVP. Allerdings möchten sie nicht wie Libertas Europa weit eine neue Partei gründen - den britischen Konservativen reicht eine eigene Fraktion im Europaparlament. Aber ohne Partner aus anderen EU-Ländern werden sie dies nicht schaffen, denn ohne die droht ihnen der undankbare Gruppen-Status: weniger Geld, weniger Rederecht, weniger einflussreiche Posten.

    Von den tschechischen Europaskeptikern der Regierungspartei ODS haben sich im Europaparlament inzwischen die meisten den Tories zugewandt. Bestenfalls ein, zwei versprengte Europarlamentarier werden sich Libertas zuwenden. Nicht besser sieht es in Polen aus. Den Rechtskatholiken ist Ganleys Liberalismus ein Horror, und für viele Menschen bleiben die Ziele des irischen Millionärs einfach unverständlich, meint Marcin Libicki von der Gerechtigkeitspartei:

    "Ganley sagt immer wieder, er sei für Integration, aber gegen den Vertrag. Ich verstehe das Argument. Aber die Bevölkerung wird nie verstehen, wie man für mehr Integration, aber gegen einen gemeinsamen Vertrag sein kann."

    In den meisten westlichen Ländern der EU hat Libertas bei der Partnersuche zudem das Problem, dass der Umgang des Parteigründers mit Geld nicht über alle Zweifel erhaben ist. Declan Ganley will den Grundstein für sein Vermögen, geschätzte 300 Millionen Euro, mal mit Aluminium aus Sibirien, dann wieder mit russischen Forschungssatelliten oder mit Abholzrechten gelegt haben. Klar ist nur, dass der Ursprung offenbar in Russland liegt, und zwar in Zeiten, in denen die Sowjetunion noch nicht ganz begraben war.

    Doch inzwischen hat der wendige Unternehmer sein Geschäftsfeld verlagert. Er beliefert seit Jahren das amerikanische Militär und andere Sicherheitsdienste mit abhörsicheren Kommunikationsnetzwerken. Seine engen Verbindungen mit traditionell Europa skeptischen Neo-Konservativen und Geheimdienstlern in den USA schürten den Verdacht, dass das Geld für die irische Nein-Kampagne von dort stammen könnte.

    Declan Ganley behauptet, die für irische Verhältnisse ungewöhnlich aufwendigen Plakate, Zeitungsanzeigen und Fernsehspots seien fast ausschließlich durch Kleinspenden finanziert worden. Wenn jemand etwas anderes behauptet, dann droht Ganley sogar mit Verleumdungsklagen. Sebastian Kurpas vom Centre for European Policy Studies über die trüben Quellen der irischen Nein-Kampagne:

    "Bis heute hat er das nicht transparent gemacht. Es gibt ein Gerücht, dass er das Geld zum Teil aus amerikanischen Quellen bekommen hätte, die ein Interesse daran haben, ein nicht allzu starkes Europa zu haben. Doch das ist nicht bestätigt. Das Problem ist eher, dass die irische Gesetzgebung das erlaubt, dass man seine Quellen nicht offen legen muss. Aber das müsste die irische Regierung ändern, das steht der EU nicht zu, das zu ändern."

    Die Parteien im Europaparlament wissen derzeit nicht so recht, wie sie mit der Libertas-Partei umgehen sollen. Viele Abgeordnete glauben nicht, dass Declan Ganley eine nennenswerte Zahl von hochkarätigen Kandidaten finden wird. So wie es aussieht, zieht Libertas in den meisten Ländern die dezidierten Europagegner an, die Ganleys Europa freundlichen Grundton lieber unterschlagen. Dass dadurch die Politik des Europaparlaments beeinflusst wird, kann sich der Politikwissenschaftler Sebastian Kurpas nicht vorstellen.

    "An sich gibt es Euroskeptizismus inzwischen in eigentlich allen Mitgliedsstaaten. Aber man muss doch sehen, dass der oft doch stark national verwurzelt ist. Und dass solche Koalitionen, wenn sie dann ihre Programme vorstellen, oft aufeinander losgehen, weil das für Deutschland gut ist, für Irland gerade nicht gut ist. Das heißt, die stoßen dann schnell an ihre Grenzen."

    Andererseits übt Declan Ganley bereits jetzt einen nicht zu übersehenden Einfluss auf den Wahlkampf aus. Allein sein Auftreten mobilisiert die Unzufriedenen aller Länder, in denen es kein Referendum zum Lissabonner Vertrag gab. Libertas tritt zu den Europawahlen im Juni als Referendums-Partei an: Wer empört ist, dass er in seinem Land nicht gefragt wurde, soll Libertas wählen.

    Die Europawahlen dürften von vielen Wählern als Referendums-Ersatz verstanden werden. Martin Schulz, Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, fürchtet einen Wahlkampf, der die Europäische Union um Jahre zurückwirft:

    "Weil wir dann einen Wahlkampf pro oder kontra europäische Integration haben. Das ist genau das, was wir vermeiden müssen. Wir brauchen einen Wahlkampf nicht um die Frage, ob Europa, sondern, wie Europa gestaltet wird. Ich will nicht darüber diskutieren, ob wir die EU brauchen. Klar brauchen wir die. Ich will darüber diskutieren, ob die sozial gestaltet wird, oder ob wir das Markt radikale Konzept der Kommission weiter verfolgen. Und deshalb können wir mit einem Ganley nichts anfangen."

    Der Skeptizismus der Libertas-Partei entfaltet längst seine Wirkung. Zwar werden die meisten Parteien im Europaparlament an ihrer grundsätzlich pro-europäischen Haltung nicht rütteln. Wenn wir durch eine europakritische Bewegung herausgefordert werden, erklärt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, dann müsse man die pro-europäische Haltung erst recht betonen.