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Licht und Schatten

Am Anfang stand die Euphorie über die saubere Energie. Doch auch Windkraftanlagen kommen als Kraftwerke zunehmend ins Gerede. Zuerst stellten Naturschützer Gefährdungen für die Vögel fest. Dann spielte der Lärm eine immer größere Rolle für die Akzeptanz. Im Staatlichen Umweltamt stellte der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller gestern (21.6.) erstmals überhaupt ein wissenschaftliches Gutachten im Auftrage der Bundesländer Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Auswirkungen des Schattenwurfs von Windkraftanlagen vor.

von Annette Eversberg |
    Der Schattenwurf einer Windkraftanlage ist etwas anderes als der Diskoeffekt. Beim Diskoeffekt entstehen beim Drehen der Rotoren immer wiederkehrende Blitzeffekte. Schuld ist eine zu glatte, in der Sonne glitzernde Oberfläche. Beim Schattenwurf werden Häuser und Fenster bei einem bestimmten Stand der Sonne von den Rotoren beschattet. Und zwar je nach Lage zu unterschiedlichen Zeiten. Entweder am frühen Morgen oder auch am Mittag oder Nachmittag. Schattenwurf ist eine Erscheinung, die zu den Immissionen einer Windkraftanlage zählt. Das ist mit dem wissenschaftlichen Gutachten erstmals bestätigt worden. Bei allen Immissionen wird generell der Frage nachgegangen, sind sie eine Belästigung oder nicht. Für Professor Klaus Pohl vom Psychologischen Institut der Universität Kiel gibt es beim Schattenwurf keinen Zweifel.

    Klaus Pohl: : "Ja, er ist eine Belästigung, wir haben das eindeutig festgestellt. Es kamen Klagen an die Behörden, und wir von der wissenschaftlichen Seite können sagen, periodischer Schattenwurf im Feld und später auch im Labor geprüft ist, eine Belästigung und führt zu Stresseffekten."

    Und diese Stresseffekte traten etwa bei einer Beschattungsdauer von 15 Stunden pro Jahr ein. Die Unzufriedenheit nahm aber bereits zu, wenn das Haus 5 bis 10 Stunden pro Jahr beschattet war. Der Erholungseffekt im eigenen Haus und der Wert der Immobilie wurde von den Bewohnern gering eingeschätzt. Die Studie war notwendig geworden, weil die Zahl der Windkraftanlagen deutlich zunimmt. In Schleswig-Holstein sind es bereits mehr als 1800 Kleinkraftwerke, die laufend Strom liefern. Das Ziel der Landesregierung, bis 2010 2000Anlagen mit einer Kapazität von 1200 Megawatt zu erstellen, wird schon weit früher erreicht. Während derzeit 14 Prozent der Energie durch Wind erzeugt wird, soll es in 10 Jahren bereits ein Viertel sein. Das Ergebnis, immer mehr Windkraftanlagen stehen in der Landschaft. Für jeden unübersehbar. Auch wenn sie an Autobahnen oder Bahnstrecken erstellt werden. Dieser visuelle Eindruck spielte aus der Sicht des Kieler Psychologen Professor Rainer Mausfeld bei der Wirkung des Schattenwurfes ebenfalls eine wichtige Rolle.

    Rainer Mausfeld: "Zumal wir in der Feldstudie, die wir gemacht haben, die unterschiedlichen Aspekte gar nicht trennen können, weil bei denen, die wir untersucht haben, gleichzeitig natürlich Aspekte der Landschaftsästhetik eine Rolle spielen, wie periodischer Lärm, wie periodischer Schattenwurf, so dass in der Tat, in den Befunden, die sich in der Feldstudie befinden, alle Aspekte mit eingegangen sind."

    Bereits vor der Studie wurde der Schattenwurf von den Umweltämtern untersucht. Die Genehmigung einer Windkraftanlage hängt ganz allgemein davon ab, ob der Schattenwurf 30 Stunden pro Jahr, oder 30 Minuten pro Tag nicht überschreitet. Die besondere Beeinträchtigung einzelner Hausbewohner wurde dabei nicht berücksichtigt. Deshalb will der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller aufgrund der neuen Studie über die bisherigen Vorgaben hinausgehen.

    Klaus Müller: "Wir haben festgestellt, dass unsere bisherige Praxis bestätigt ist. Und in Einzelfällen, wenn ein Hausbewohner sagt, da steht eine Windkraftanlage, die beeinträchtigt mich, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort auftauchen und werden das prüfen, werden sehen, ob das eher die Waschräume oder die Toilettenräume sind mit Blick auf die Windkraftanlage, dann dürfte das nicht so verheerend sein. Aber wenn Sie ein Wohnzimmer haben, wenn Sie eine Küche haben, dann ist das schon schwergewichtig. Im Notfall gibt es Auflagen für die Windkraftanlagen."

    Die Studie über den Schattenwurf von Windkraftanlagen soll jedoch nicht nur für Schleswig-Holstein gelten. Denn Schattenwurf tritt überall auf, wo Windkraftanlagen stehen. Und je dichter die Bebauung, desto größer die Wirkung.

    Klaus Müller: "Wir werden die Studie jetzt, die Schleswig-Holstein mit anderen Bundesländern initiiert hat, in die Ländergremium bringen, wir werden sehen, ob sie der Genehmigungspraxis in anderen Bundesländern entspricht, und wir werden einen weiteren wissenschaftlichen Diskurs darüber auslösen, d.h. Leute werden das prüfen, stimmen die Ergebnisse der Studie. Und ich glaube es wird insgesamt zu einer sehr sachlichen Diskussion führen."