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Lichter in der Nacht

Astronomie.- Blinkende Lichter in der Dunkelheit, gigantische Feuerbälle, die den Himmel färben: Ein Ufo kann so ziemlich alles sein. Um die Ursachen von mysteriösen Himmelserscheinungen zu entlarven, betreibt ein Mannheimer Hobby-Astronom die einzige Ufo-Meldestelle Deutschlands.

Von Marieke Degen | 26.02.2010
    "Das ist ein Raumschiff!"

    Rote Lichter schweben lautlos durch den Nachthimmel, mitten im Ruhrpott. Ein Teenager hat mit seinem Handy draufgehalten, und jetzt flimmert das verwackelte Filmchen über den Monitor in Werner Walters Büro. Der Hobbyastronom zupft sich am Bart, belustigt und ein bisschen genervt. Der Fall ist nicht gerade eine Herausforderung.

    "Von 2007 bis 2010 hatten wir die intensivste Ufomeldewelle seit jeher. Wir hatten einen neuen Mitspieler am Himmel, der damals für einen Apfel und ein Ei gekauft werden konnten, kleine Miniaturheißluftballons."

    Laternen aus Reispapier, die, von einer Flamme angetrieben, in den Himmel aufsteigen. 3500 Anrufe wegen Himmelslaternen in den letzen drei Jahren, einen grauen Bart habe er darüber bekommen, sagt Werner Walter.

    "Tückisch ist das ganze, durch das sogenannte Silouettentracking, wie wir das nennen. Wenn am dunklen Himmel mehrere Einzelobjekte unterwegs sind, neigt man dazu das ganze zusammenzufassen zu einem Objekt einer neuen Art."

    Früher waren das fliegende Untertassen, heute sehen die Menschen eher fliegende Dreiecke.

    Werner Walter ist Einzelhandelskaufmann, zurzeit arbeitslos. Seit 30 Jahren leitet er die einzige Ufo-Meldestelle in Deutschland. Wer etwas Merkwürdiges am Himmel gesehen hat, ein unidentifiziertes Flugobjekt, kann ihn anrufen. Werner Walter findet heraus, was es war. Alles, was er dafür braucht, ist ein Notizbuch, ein Stift und seinen Kopf.

    "Im Grunde genommen sind es ja nur einige von den bösen Buben, die für Ufos sorgen. Und jedes dieser Phänomene am Himmel hat eigene Erscheinungsparameter, und danach kann man beurteilen, was was ist."

    Meteore, russische Trägerraketen, Wetterballons oder eben Himmelslaternen. Tausende Ufos hat Werner Walter in den letzten Jahrzehnten identifiziert. Früher sei er oft belächelt worden von Profi-Astronomen; mit Ufos wollten die nichts zu tun haben, der Begriff wurde schnell mit kleinen grünen Männchen in Verbindung gebracht. Heute hängt Werner Walters Hotline am schwarzen Brett von der Europäischen Weltraumagentur ESA, in Sternwarten und Flugsicherungsstellen. Die Wissenschaftler sind dankbar dafür, dass sie die Anrufer weiterleiten können.

    "Die letzte Meldung war gestern, aus dem Erftkreis, wo jemand glaubte, nicht nur glaubte, sondern real gesehen hat mit seinem Bruder und seiner Frau, auf der Veranda um 17.45 Uhr, wo ein seltsames, helles, leuchtendes, nicht blinkendes schweifloses Lichtobjekt minutenlang von einem Horizont zum anderen gezogen ist."

    Dieses Objekt sei zurzeit das neue Ufo am Himmel.

    "Die Verblüffung war dann jene, als ich gesagt hab, warte mal, jetzt müssen wir mal aufhören zu quatschen, gehen Sie mal jetzt sofort gleich auf den Balkon raus, da kommt's wieder vorbei. Es kam tatsächlich wieder vorbei, da waren sie aber erst recht fertig mit der Welt."

    Es handele sich tatsächlich um ein Raumschiff, hat Werner Walter dem Anrufer mitgeteilt. Ein Raumschiff, das Menschen geschaffen haben: die internationale Raumstation ISS.

    "Die ist vor etwa einem Jahr nachgerüstet worden, mit neuen Solarzellen, Segeln, und dadurch ist sie ein drittel größer geworden als sie es bis jetzt war, und aufgrund dessen, dass sie so groß geworden ist, ist natürlich die Reflektionseigenschaft auch vorgehoben, und das ist jetzt derzeit neben dem Mond das hellste Objekt am Himmel."

    Es werde wohl noch ein paar Jahre dauern, bis sich die Menschen an den Anblick der ISS gewöhnt hätten, sagt Werner Walter. Die Himmelslaternen sind inzwischen verboten, aus Brandschutzgründen. Seitdem ist auch in der Mannheimer Ufomeldestelle wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt.