
Krebszentrum der Universität Hamburg, Institut für Tumorbiologie. Klaus Pantel führt zu seinem Labor. Dort analysiert der Krebsforscher Blutproben von Patienten mittels der Liquid Biopsy - eine Methode, die zur Zeit die Krebsmedizin revolutioniert. Pantel sucht in Blutproben nach einzelnen Tumorzellen, die sich vom Haupttumor gelöst haben, und nun auf der Reise durch den Körper sind. Für die neue Methode gibt es sogar schon einen Automaten.
"Das ist das Gerät. Der Kasten kann Tumorzellen aus dem Blut anreichern und sie auch sichtbar machen. Und zwar ist es so, dass Blutproben hier in das Karussell gegeben werden, hier sind so Blutproben dargestellt, die werden dort reingegeben. Und in dieser Kammer sieht man dann die Tumorzellen, die Tumorzellen werden hier aufgereiht. Und der Scanner – ähnlich wie an der Ladentheke – der guckt sich an, ob dort die Tumorzellen sind, die haben einen bestimmten fluoreszierenden Marker, so dass man die auch sehen kann und von den Tumorzellen unterscheiden kann."
Die Suche nach Krebsspuren im Blut ist nichts Neues. Allerdings konzentrieren sich die meisten Forscher auf zirkulierende Tumor-DNA. Pantel sucht als einer der Wenigen nach vollständigen und intakten Krebszellen. Der Grund:
"Viele, viele Informationen, die wir brauchen, um Therapien vorhersagen zu können, können sie nicht durch die Analyse der DNA alleine bekommen. Das ist nur ein eingeschränkter, sicherlich sehr interessanter Bereich, aber nur ein eingeschränkter Bereich."
Allerdings ist es rein technisch eine noch größere Herausforderung, Zellen aus dem Blut zu fischen als DNA.
"Wir kriegen üblicherweise Blutproben von 10 Millilitern, das ist so in der Klinik eine Größe, die man gut abnehmen kann, und wir haben bei Patienten, die in einem ganz frühen Stadium sind, also gerade diagnostiziert, noch keine Streuung als Metastasierung sichtbar, da haben wir dann manchmal auch nur eine oder zwei Tumorzellen in diesen 10 Millilitern."
Hörtipp: Der Tumor im Heuhaufen - Im Blut Krebs erkennen - So 6. Nov - 16:30 Uhr (00:42)
Ein oder zwei Krebszellen. Und gleichzeitig mehrere Millionen Blutzellen. Aber tatsächlich gelingt es mittlerweile, diese sprichwörtlichen Nadeln aus dem Heuhaufen herauszuholen, zum Beispiel über ultrafeine Filter. Doch liefert die Methode am Ende wirklich brauchbare Daten? Pathologen sind skeptisch. Edgar Dahl, Molekularpathologe von der Uniklinik Aachen:
"Weil ich halt nur so wenige Zellen habe, ist natürlich die Frage: Wenn ich die jetzt weiter molekular analysiere zum Beispiel auf bestimmte Treibermutationen, ob das Ergebnis, das ich aus diesen wenigen Zellen finde, wirklich repräsentativ ist."
Klaus Pantel verweist als Antwort auf eine aktuelle Studie. Zusammen mit Kollegen hat er bei Brustkrebspatientinnen im Frühstadium regelmäßig per Liquid Biopsy die Zahl der Krebszellen bestimmt.
"Ein Beispiel aus der Brustkrebsstudie, die wir vor kurzem veröffentlicht haben, die hat gezeigt: Wenn wir fünf oder mehr Zellen pro diesen zehn Millilitern finden, dann ist das Risiko, einen Rückfall zu erleiden, vierfach erhöht. Und das ist schon ein substantieller Wert."
Die Suche nach zirkulierenden Krebszellen per Liquid Biopsy hilft also bei der Krebsnachsorge. Das Rückfallrisiko von Patienten wird überwacht, um möglichst frühzeitig therapeutisch wieder eingreifen zu können. Und das per einfacher Blutabnahme statt Abtasten, Ultraschall, Röntgen. Nur ein kleiner Pieks statt einer unangenehmen Biopsie. Ein großer Gewinn für Patientinnen und Patienten zeichnet sich ab. Allerdings warnen Krebsforscher auch vor zu viel Euphorie: Wie zuverlässig Krebsdiagnosen und Krebsprognosen nur aufgrund einer Blutuntersuchung wirklich sind, muss erst weiter erforscht werden. Molekularpathologe Edgar Dahl:
"Wir haben mehr Informationen, aber auch mehr Informationen, die wir auch erst mal lernen müssen zu interpretieren."