Archiv


"Lost" auf der Spur

Chemie. - Tausende Tonnen chemischer Kampfstoffe lagern noch immer in Depots rund um den Globus, darunter beispielsweise Lost, Lewisit, BZ oder Tabun. Angesichts der Milzbrandfälle in den USA wird deutlich, dass auch die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen einem möglichen Risiko durch solche Waffen ausgesetzt ist. Ein tragbares System, das auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie" in Celle vorgestellt wurde, soll derartige Bedrohungen zuverlässig und einfach aufspüren.

    Bevor sich Reinhold Strömmer von Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr an die Entwicklung des Untersuchungskoffers machte, standen die Anforderungen an das System eng umrissen fest: Die Testverfahren sollten möglichst präzise Ergebnisse in kürzester Zeit und ohne großen apparativen Aufwand liefern. Der Koffer musste überdies in allen Klimazonen der Welt einsetzbar und mit ungiftigen und umweltfreundlichen Substanzen bestückt sein. Jahrelang werkelte der Kampfstoffanalytiker an dem Gerät, das James Bond zur Ehre gereichen würde: "Wir erfassen damit Parameter, wie etwa Cyanide, Arsengehalt oder die Menge an Hautkampfstoffen, darunter etwa die aus dem ersten Weltkrieg bekannten Varianten Stickstofflost oder Schwefellost."

    Der Satz des handlichen Aluminiumkoffers umfasst rund 100 Probenröhrchen, die fertige Testlösungen enthalten, darunter allein 20 Indikatoren für verschiedene Nervenkampfstoffe. Lediglich fünf Milliliter einer fraglichen Probe genügen, um einen zweifelsfreien Nachweis auf ein Kampfmittel oder auch Pestizid zu erhalten. Am Ende jeder positiven Reaktion steht ein Farbwechsel und gibt auch Ungeübten einen eindrücklichen Hinweis, dass eine Gefahr in der Probe lauert. Je stärker die Färbung ausfällt, desto höher ist die Giftkonzentration. Welche Substanz gefunden wurde, ermittelt der analysierende Krieger schlicht anhand der Röhrchenbeschriftung. Die dazu nötigen enzymatischen Reaktionen laufen allerdings nur bei Temperaturen von über 20 Grad Celsius ab, doch auch dieses Problem löst der Chemiebaukasten der Bundeswehr: Für kalte Winter enthält der Satz einige Wärmebeutel, die nach kurzem Kneten eine wohlige Temperatur entwickeln.

    Noch befindet sich das System nicht im aktiven Dienst, sondern durchläuft in deutschen Kasernen einen Dauertest. Dabei soll vor allem die Langzeitstabilität der eingesetzten Chemikalien erprobt werden. Außerdem müsse das Nachweisverfahren für den Kampfstoff BZ noch optimiert werden.

    [Quelle: Michael Engel]