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Lufthansa sucht neuen Chef

Billigflieger auf der einen Seite, die wachsende Konkurrenz aus den Golfstaaten auf der anderen - etablierte Fluggesellschaften wie die Lufthansa werden zurzeit ganz schön vom Markt in die Mangel genommen. Die Antwort der Kranich-Airline ist ein milliardenschweres Sparprogramm. Doch mitten im Konzernumbau geht nun der Chef von Bord.

Von Brigitte Scholtes |
    Der oberste Lufthanseat mag nicht mehr. Christoph Franz hatte der Fluggesellschaft seit seinem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren ein rigoroses Spar- und Restrukturierungsprogramm verordnet und dabei den Mitarbeitern einiges abgefordert. Das war ihm wohl auch bewusst, wie er noch im Frühjahr zugab:

    "Der Spirit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist und bleibt ein ganz, ganz entscheidendes Asset. Dass in einer Phase, in der auch schwierige Veränderungen stattfinden, da nicht unbedingt nicht jeder enthusiastisch gestimmt ist, ist, glaube ich, nachvollziehbar, ist normal."

    Dieser Spirit, der Lufthansa-Geist, und der Enthusiasmus haben nun offenbar ihn verlassen. Franz zieht es in die Schweiz zum Pharmakonzern Roche, wo er 2014 Präsident des Verwaltungsrats werden soll. Kenner des Unternehmens wie Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler waren jedenfalls von der Nachricht überrascht:

    "Das kam jetzt ein bisschen aus heiterem Himmel. Aber ich denke, es geht da schlicht für ihn persönlich um eine bessere Alternative, weil Roche-Verwaltungsratschef zu werden, ist einfach ungleich lukrativer und attraktiver."

    Lukrativer dürfte der neue Job allemal werden: Sein Jahresgehalt als Lufthansa-Chef beläuft sich auf 2,1 Millionen Euro. Der amtierende Präsident des Roche-Verwaltungsrats, Franz Humer, bezog für 2012 eine "Gesamtentschädigung", wie es bei Roche heißt, von 8,66 Millionen Euro, also mehr als viermal so viel. Attraktiver dürfte das Amt, das Franz im kommenden Jahr antritt, auch deshalb sein, weil die Pharmabranche derzeit zumindest weniger Herausforderungen mit sich bringt als die stark vom Wettbewerb geprägte Luftfahrtbranche. Deshalb hatte Franz in den vergangenen Jahren die Lufthansa einer harten Rosskur unterzogen. Jürgen Pieper:

    "Er ist eben sehr rational an die Lufthansa herangegangen, hatte sozusagen keine Verwandten oder musste nicht allzu viel Rücksicht nehmen und hat sich ganz klar dieser Umorganisation der Lufthansa verschrieben mit ziemlich harten Sparzielen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war das alles auch so gemeint, denke ich, und wurde ja nicht nur ein gewisses Sparvolumen angestrebt, sondern eine echte, massive Ergebnisverbesserung. Und dafür stand er, und das war sein Profil eines sehr nüchternen, erfolgsorientierten Managers."

    Neben der Restrukturierung oder der Ausrichtung von Germanwings als Zweitmarke im Lufthansa-Konzern mit neuer Tarifstruktur zog Franz sich auch den Ärger der Mitarbeiter zu wegen seiner Entscheidung, den Stammsitz Köln zu schließen. Franz hat sich von der Konsenskultur verabschiedet, und dabei dürfte es auch bleiben, meint auch Stefan Schöppner, Analyst der Commerzbank:

    "Die Wettbewerbssituation für Airlines hat sich eigentlich weiter verschärft, also eine Rückkehr zu alten Zeiten kann es nicht mehr nachhaltig geben, weil dann die Zukunft der Lufthansa mit einem dicken Fragezeichen versehen wäre."

    Als Favorit für die Nachfolge von Franz gilt jetzt Carsten Spohr, der das Passagegeschäft der Kranichlinie leitet und zuvor erfolgreich das Frachtgeschäft geführt hatte. Am Nachmittag will Lufthansa die Entscheidung von Franz näher erläutern.