"WestLB gibt Fitch den Laufpass" hieß es im Februar dieses Jahres in einer renommierten Wirtschaftzeitung. Die WestLB hatte die Zusammenarbeit mit "Fitch" aufgekündigt.
Wer die WestLB ist, die ehemalige Westdeutsche Landesbank in Düsseldorf, dürfte dem ökonomisch interessierten Zeitgenossen ohne weiteres bekannt sein. Wer aber ist Fitch?
Die Namen "Fitch", "Standard and Poor's" oder "Moody's" sind nicht so geläufig wie "VW", "Siemens", "BASF" oder "Deutsche Bank". Und nur manchmal tauchen sie an hervorgehobener Stelle in der Tagespresse auf.
Dann nämlich, wenn sie ein schlechtes oder auch gutes "Rating" abgegeben haben, ein Urteil, mit dem niemand gerechnet hat. Die genannten drei großen Ratingagenturen sind bedeutende Unternehmen, die sich schon seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten etabliert haben und in den vergangenen Jahren einen wachsenden Einfluss auch in Deutschland bekommen.
"Rating" lässt sich salopp mit Einschätzung oder Beurteilung übersetzen , die Agenturen machen also eine Aussage darüber, wie sie die Qualität eines Unternehmens sehen. Dabei kann es zu Kontroversen kommen zwischen Ratingagentur und beurteiltem Unternehmen, wie zwischen Fitch und der WestLB. Thomas Hartmann- Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln:
" Solche Konflikte zwischen Ratingagenturen und geratetem Unternehmen können einerseits darauf beruhen, dass bestimmte Dinge anders eingeschätzt werden. Wie man die strategische Situation einer Bank einschätzt, kann sich aus Sicht des Vorstandes ganz anders darstellen, als aus Sicht einer Ratingagentur. Man wird erwarten, dass die Ratingagentur da mit einem etwas kritischeren Blick rangeht als die Unternehmensleitung, die das ja selbst entworfen und zu vertreten hat."
Die Auseinandersetzung zwischen WestLB und Fitch betraf die Strategie, insbesondere wie eng die Zusammenarbeit der ehemaligen Westdeutschen Landesbank mit den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen sein soll. Fitch hatte offenbar eine sehr entschiedene Meinung für eine stärkere Annäherung, die die WestLB nicht teilte.
Was nun ganz genau die Ursache war für den Bruch zwischen "Fitch" und "WestLB", darüber geben die beiden Institute heute keine Auskunft. Die Kontroverse zeigt jedoch, dass Ratings auf Fakten fußen, die sich jedoch durchaus unterschiedlich interpretieren lassen.
Warum aber braucht es das Rating von einer Agentur, wenn die großen börsennotierten Unternehmen ohnedies ihre Bilanzen veröffentlichen, die jeder einsehen und analysieren kann? Professor Hartmann-Wendels:
" Eine Bilanzanalyse kann Teil eines Ratings sein. Es gibt aber auch Ratings, die nicht auf Bilanzen zurückgreifen. Rating ist eigentlich mehr als Bilanzanalyse. In ein Rating fließen auf jeden Fall Jahresabschlussinformationen ein über Verschuldungsgrad, Rentabilität und andere Kenngrößen, die hier wichtig sind. Aber in ein Rating fließt noch mehr ein, die so genannte Geschäftsrisiken, da wird die Managementqualität beurteilt, die Unternehmensstruktur, Organisation wird beurteilt, Haftungsverhältnisse spielen eine große Rolle. Und die strategische Ausrichtung wird beurteilt. Das sind alles Größen, die man aus der Bilanz nicht erkennen kann."
Besonders bei mittelständischen Unternehmen, die nicht immer eine Bilanz erstellen müssen, sind auch andere Informationen wichtig, wie zum Beispiel die Rechtsform, das Alter der Firma oder das Wachstum der vergangenen Jahre.
Die mittelständische Industrie hat in Deutschland noch einen Nachholbedarf, um sich auf die neuen Anforderungen einzustellen, die ein Rating erfordert. Die Industriekreditbank, die IKB in Düsseldorf, betreut durch langfristige Finanzierungen besonders größere Mittelständler. Stefan Ortseifen, Sprecher des Vorstandes zur Bedeutung des Ratings:
" Bei uns sind bei der Erstellung eines Ratings vor allem die historischen Daten wichtig. Was hat das Unternehmen in der Vergangenheit gemacht? Wir nutzen die Jahresabschlüsse, die verfügbaren Finanzdaten des Unternehmens und werten diese aus. Aber: Wir gucken auch in die Zukunft! Das heißt, wir möchten von dem Unternehmen eine Planung haben, eine Vision haben, wie sich das Unternehmen in Zukunft entwickelt. Wir verwerten nicht nur Zahlen, sondern in das Rating fließen auch qualitative Zukunftsaspekte. Wovon ist das Unternehmen abhängig? Ist es von großen Kunden abhängig? Ist es von großen Lieferanten abhängig? Und im Mittelstand - das ist ja unsere Zielgruppe - spielt natürlich auch eine Rolle, ob der Inhaber eine Nachfolgeregelung für sein Unternehmen hat."
Viele Mittelständler haben aufgrund der neuen Kapitalvorschriften für Banken, dem so genannten Basel II-Übereinkommen, in den letzten Jahren erfahren müssen, dass vertrauliche Beziehungen zu ihrer Hausbank nicht mehr ausreichen, um Kredite zu erhalten. Denn die Banken müssen nun auch mehr Eigenkapital nachweisen, wenn sie einen Kredit gewähren. Daher benötigen sie verlässliche Zahlen über ein Unternehmen und begründen die Geschäftsbeziehungen mit ihren Kunden nicht nur durch langjährige Beziehungen, sondern versuchen, noch objektivere Maßstäbe zu finden für eine Beurteilung der Qualität eines Unternehmens.
Dabei spielen vor allem auch Risiken eine wichtige Rolle. Risiken können die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens beeinträchtigen oder sogar zu Ausfällen führen. Eine Bank, die Kredite vergibt, muss diese Risiken erkennen und beurteilen, denn ein Kreditverlust belastet natürlich auch die Bank. Stefan Ortseifen von der IKB in Düsseldorf.
" Es gibt natürlich eine ganze Vielzahl von Risiken, die einen Unternehmenserfolg nun bestimmen. Ein Beispiel für ein Risikoumfeld ist meist, wenn ein Unternehmen schnell oder zu stark wächst, ohne dass die Strukturen des Unternehmens adäquat angepasst wurden. Auch Innovationskraft ist ein Risiko, wenn wir erkennen können, dass ein Unternehmen mit einem Produkt auf dem Zenit des Lebenszyklus' des Produktes ist und Innovation nicht dazu führen, dass Produkte sich revolvierend erneuern."
Risiken können in verschiedene Kategorien unterteilt werden. Es gibt Marktrisiken, wenn plötzlich starke Wettbewerber auftreten, die ein Unternehmen in eine schwierige Lage bringen, es gibt Risiken auf den Beschaffungsmärkten, auf die sich ein Unternehmen vielleicht zu spät eingerichtet hat. Oder die schon erwähnten strategischen Risiken der Nachfolgeregelungen bei Mittelständlern oder auch Zinsrisiken durch Schwankungen auf den Kapitalmärkten, wenn dies zu höheren Zinszahlungen zwingt.
Auch können Korruption und Betrug in einem Unternehmen zu Risiken werden. Unregelmäßigkeiten dieser Art können das Unternehmen finanziell in Bedrängnis bringen und beschädigen unter Umständen das Vertrauen in Mitarbeiter und Organisation. Diese Fälle kommen selten an die Öffentlichkeit und werden von den Unternehmen möglichst stillschweigend geregelt. Ratingagenturen unterstreichen aber, dass es diese Risiken gibt.
Für die Unternehmen wird es schwieriger werden, ihre Geschäftspolitik im Geheimen zu planen und nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Wer ein gutes Image haben möchte, wird immer häufiger auch ein gutes Rating benötigen. Und ein Unternehmen, das Sachverhalte verschleiert und meint, dass es möglichst wenig Informationen nach außen geben sollte, wird zumindest bei einem Rating-Kriterium Probleme bekommen. Jens Schmidt-Bürgel, Geschäftsführer von FitchRatings in Frankfurt am Main:
" Transparenz ist aus Sicht der Ratingagentur prinzipiell positiv. Für uns im Rating hat sie keine direkte Auswirkung, weil Unternehmen, die aus unserer Sicht nicht transparent sind: da benötigen wir mehrere Zusatzinformationen. Klassisches Beispiel wieder der Mittelständler, der halt nur sehr rudimentäre Zahlen veröffentlicht, vielleicht noch nicht einmal einen kompletten Geschäftsbericht öffentlich macht. Das ist natürlich keine Basis, auf der wir raten können. Wir würden dann viel mehr Zahlen von diesem Unternehmen benötigen."
Für eine Ratingagentur ist es wichtig, viel über die Produkte des Unternehmens zu erfahren: Wo werden sie abgesetzt, welche Märkte hat das Unternehmen ? Eine große Verbreitung der Produkte und verschiedene Abnehmer sind wichtig, damit das Unternehmen auch wegen nicht selbstverschuldeter Einflüsse wie Konjunkturschwächen nicht in Schwierigkeiten gerät.
Um ein Rating überhaupt machen zu können, ist es natürlich erforderlich, dass das Unternehmen schon Jahre besteht. Ein Urteil abzugeben allein auf Basis eines Businessplans eines jungen Unternehmens, das das Funktionieren seiner Geschäftsidee noch nicht unter Beweis stellen konnte, ist riskant.
Ratingagenturen wollen wissen, wie ein Unternehmen im Augenblick dasteht. Dabei verlieren sie jedoch nicht den Trend aus dem Blick, die Unternehmenshistorie so wenig, wie die Strategie. Nicht jeder Kursverfall oder Kursanstieg hat Konsequenzen für die Bewertung: Jens Schmidt-Bürgel von Fitch:
" Ich persönlich bin kein Freund von reiner quartalsweiser Betrachtung, das ist auch keine Weise, wie Analysten einer Ratingagentur an eine Analyse herangehen. Das heißt, wenn die Zahlen bei einem Unternehmen in einem Quartal einmal schlechter sind, als wir angenommen hatten, heißt das nicht automatisch, dass sich das Rating ändert. Die Agentur hat eine langfristige Sicht in die Entwicklung des Unternehmens. Wenn sich die Zahlen negativ über mehrere Quartale entwickeln und wenn dann auch das Gesamtjahr unter dem liegt, was man angenommen hatte, kann das dann auch zu Ratingauswirkungen führen."
Für immer mehr Firmen ist ein Rating unverzichtbar: Damit die Lieferanten oder Kunden wissen, wie das Unternehmen dasteht, damit die Bank kreditwillig ist und, damit sich Unternehmensanteile an der Börse besser platzieren lassen. Sich Finanzmittel zu beschaffen, um weiter zu expandieren, das ist eine der wichtigsten Funktionen des Ratings. Aber die Bewertungen durch die großen Agenturen haben noch einen anderen Nebeneffekt: Wolf-Dieter Schneider , Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Giesserei- und Industrie-Holding in Essen:
" Ich glaube, das Rating ist ein sehr gutes Instrument, die Kommunikation zu fördern. Es lässt sich auch sehr gut in die Zielvorgaben des Unternehmens einarbeiten und fördert somit das unternehmerische Denken und Handeln der Mitarbeiter, nicht nur im Management. Ich glaube es weckt auch Verständnis bei den Mitarbeitern für die Frage, wo steht das Unternehmen, wo wollen wir es hinführen, wie sieht die Zukunft aus. Darüber hinaus hilft es dem Management, Dinge noch mal zu überdenken, die Unternehmensführung zu straffen zu systematisieren und somit auch erfolgreicher zu gestalten."
Ratings beschränken sich mittlerweile auch in Deutschland nicht nur auf Unternehmen. Auch Bundesländer wie Sachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen lassen sich durch Agenturen bewerten, denn auch Bundesländer müssen sich Geld an den globalen Kapitalmärkten beschaffen und brauchen eine offizielle Bewertung ihrer Anleihen. Eckhard Helms, Kapitalmarktmanager im Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen:
" Wir haben in diesem Globalisierungszusammenhang gesehen, dass wir unsere Investorenbasis verbreitern müssen, wir wollten nicht nur auf dem deutschen Markt aktiv sein, sondern auch internationale Investoren anziehen, mit dem Ziel natürlich mehr Nachfrage nach unseren Produkten, nach unseren Anleihen zu schaffen, um damit weniger Zinsen bezahlen zu müssen. Und da haben uns die Ratingagenturen insofern geholfen, als viele internationale Finanzinvestoren bei ihrer Anlage darauf angewiesen sind, dass ein Emittent über ein Rating verfügt. Das heißt, wir können uns die großen internationalen Anleger nur sichern, wenn wir ein Rating der bekannten Ratingagenturen haben."
Für die Geldanleger ist die Bewertung eines Bundeslandes ein wichtiger Maßstab. Ein positives Urteil der großen amerikanischen Ratingagenturen impliziert Kreditwürdigkeit und garantiert günstige Konditionen bei der Geldbeschaffung.
Wenn dies auch meist nur Prozentpunkte an zweiter Stelle hinter dem Komma sind, kann das bei den zahlreichen Transaktionen während des Jahres zu Einsparungen von mehreren Millionen Euro führen. Denn die Bundesländer sind mit Milliardenbeträgen verschuldet, weshalb sich auch kleinste Zinsschritte erheblich auf die Zinszahlungen auswirken.
Und wie bei Unternehmen, so schauen die Ratingagenturen auch bei den Bundesländern auf die Historie, vor allem der Haushaltsentwicklung. Eckhard Helms:
" Der Haushalt ist das, was sie sich ganz intensiv ansehen; er gibt Auskunft, was in der Vergangenheit gewesen ist. Wir haben eine Finanzplanung, wo auch die Planung für die nächsten Jahre zu Papier gebracht worden sind. Das ist das, was die Ratingagenturen ganz intensiv analysieren. Die wichtigsten Punkte sind natürlich: wie wird es mit den Schulden weitergehen, wird die Nettoneuverschuldung sinken, wie weit wird sie sinken, mit welchen Maßnahmen soll das erreicht werden."
Ein- und Ausgaben der Bundesländer sind ein Maßstab. Ein weiterer sind die Personalkosten, die durchschnittlich 40 Prozent des Etats verschlingen. Aber auch Gesetzesänderungen im Bund mit Auswirkung auf die Länder fließen in die Bewertung mit ein.
Eine wachsende Bedeutung erhalte ein anderer Bereich , meint Alois Strasser von Standard and Poor's, dessen Agentur Bundesländer und Kantone in der Schweiz, Österreich und Deutschland bewertet:
" Nehmen wir uns das Beispiel öffentliche Banken. In allen drei Ländern, die wir von Frankfurt aus betreuen, haben wir Probleme der Gebietskörperschaften mit den Banken gehabt. In Deutschland wäre es Berlin gewesen, in der Schweiz die Genfer Kantonalbank, in Österreich wäre das Bundesland Burgenland. Das heißt, der Ansatz von uns ist nicht nur auf einen Kernhaushalt ausgerichtet, sondern wir schauen uns das gesamte Umfeld an. Es wird für uns wird immer wichtiger, zu sehen, wie arbeitet der Konzern Gebietskörperschaft."
Für das Urteil der Agenturen ist entscheidend, ob ein Bundesland seine Zahlungsverpflichtungen einhalten kann - und zwar am Tag der Fälligkeit, nicht ein oder zwei Wochen später.
Ist das Bundesland dazu nicht in der Lage, folgt eine Herabstufung von AA zum Beispiel auf A. Damit ist das Signal an die Investoren gegeben, wachsam zu sein.
Wie die verschiedenen Buchstabenkombinationen, die die Einstufung durch die Ratingagenturen anschaulich machen, zustande kommen, erklärt Alois Strasser von Standard and Poor's:
" Wir schauen uns zum Beispiel die letzten 15 Jahre an und sagen, die Schuldner, die wir in den letzten 15 Jahren in bestimmten Kategorien geratet haben, wo sind die jetzt nach fünfzehn Jahren. Wenn zum Beispiel einer aus dem Dreifach-A-Bereich innerhalb von 15 Jahren Konkurs gegangen wäre oder eine Schuld nicht bedient hätte, dann wäre das einer, der in die Auswahlwahrscheinlichkeit reinfällt. Wenn wir jetzt zum Beispiel von einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,3 Prozent bei einem Doppel-A ausgehen, dann sagen wir nicht, dass ein Schuldner, der Doppel-A "geratet" ist, seine Schulden nur zu 99.7 Prozent bedient, sondern wir gehen davon aus, weil es ein sehr hohes Rating ist, der zahlt seine Schulden zu 100 Prozent. Trotzdem: Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass es einzelne Schuldner in dem Bereich gegeben hat, die haben dann doch so starke Schwächen gezeigt, dass sie ausgefallen sind. Wir sagen also nicht, wenn wir ein deutsches Bundesland auf Doppel-A minus "raten", dass dies ausfällt."
Welche Kriterien im Detail zu den einzelnen Beurteilungen vom Dreifach-A, -B oder den schlechteren Kriterien von C und D führen, darüber geben die Agenturen keine genaue Auskunft. Sie weisen mit Nachdruck darauf hin, dass ihnen immer das Gesamtbild eines Bundeslandes oder auch eines Unternehmens wichtig ist. Ratings nur an einem oder zwei Kriterien zu orientieren, das lehnen die Agenturen ab.
Wie die Bewertungen ausfallen, entscheiden erfahrener Mitarbeiter. Je nach Größe eines Unternehmens oder eines Bundeslandes entscheiden mehrere Fachleute und legen in einer Diskussion das Rating fest.
Dabei kann es zwischen den Agenturen zu unterschiedlichen Einschätzungen des Ratings kommen, wie bei dem anfangs genannten Beispiel zwischen WestLB und Fitch. Und auch das Bundesland Nordrhein-Westfalen erhielt Bewertungen vom guten dreifachen A bis zum Doppel-A-Minus, was einer geringeren Bonitätsstufe entspricht.
Dabei spielt eine Rolle, ob das Land isoliert oder im Verbund der Bundesrepublik Deutschland bewertet wird: Die Fakten werden interpretiert und so sind Abweichungen in der Beurteilung möglich.
Ob die Ratingagenturen den Daumen heben oder senken - nicht zuletzt für die Unternehmen ist das zunehmend von strategischer Bedeutung. Wolf-Dieter Schneider, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gießerei- und Industrie-Holding, verweist in diesem Zusammenhang auf die mittelständische Industrie:
" Ich könnte mir gut vorstellen, dass eine wichtige Aufgabe der Ratingagenturen noch darin liegt, noch stärker den Rating-Prozess auf die Anforderungen der mittelständischen Industrie zuzuschneiden und so mitzuhelfen, dass noch viel breiter das Rating ein Standardinstrument zur Unternehmenssteuerung wird. Hier wird es wichtig sein, dass die Akzeptanz noch stärker zunimmt, auch sich etwas Unangenehmes sagen zu lassen und sich dann konstruktiv hinzusetzen, um daraus die Schlüsse und Maßnahme abzuleiten."
Die magischen Buchstaben bewirken also einiges: Den Anlegern gibt das Rating Auskunft über die Attraktivität einer Unternehmens- oder Staatsanleihe; den Bewerteten gibt es Anlass, es besser zu machen: Kosten zu senken, Produktionsprozesse zu optimieren, Reserven auszuschöpfen.
Wer die WestLB ist, die ehemalige Westdeutsche Landesbank in Düsseldorf, dürfte dem ökonomisch interessierten Zeitgenossen ohne weiteres bekannt sein. Wer aber ist Fitch?
Die Namen "Fitch", "Standard and Poor's" oder "Moody's" sind nicht so geläufig wie "VW", "Siemens", "BASF" oder "Deutsche Bank". Und nur manchmal tauchen sie an hervorgehobener Stelle in der Tagespresse auf.
Dann nämlich, wenn sie ein schlechtes oder auch gutes "Rating" abgegeben haben, ein Urteil, mit dem niemand gerechnet hat. Die genannten drei großen Ratingagenturen sind bedeutende Unternehmen, die sich schon seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten etabliert haben und in den vergangenen Jahren einen wachsenden Einfluss auch in Deutschland bekommen.
"Rating" lässt sich salopp mit Einschätzung oder Beurteilung übersetzen , die Agenturen machen also eine Aussage darüber, wie sie die Qualität eines Unternehmens sehen. Dabei kann es zu Kontroversen kommen zwischen Ratingagentur und beurteiltem Unternehmen, wie zwischen Fitch und der WestLB. Thomas Hartmann- Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln:
" Solche Konflikte zwischen Ratingagenturen und geratetem Unternehmen können einerseits darauf beruhen, dass bestimmte Dinge anders eingeschätzt werden. Wie man die strategische Situation einer Bank einschätzt, kann sich aus Sicht des Vorstandes ganz anders darstellen, als aus Sicht einer Ratingagentur. Man wird erwarten, dass die Ratingagentur da mit einem etwas kritischeren Blick rangeht als die Unternehmensleitung, die das ja selbst entworfen und zu vertreten hat."
Die Auseinandersetzung zwischen WestLB und Fitch betraf die Strategie, insbesondere wie eng die Zusammenarbeit der ehemaligen Westdeutschen Landesbank mit den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen sein soll. Fitch hatte offenbar eine sehr entschiedene Meinung für eine stärkere Annäherung, die die WestLB nicht teilte.
Was nun ganz genau die Ursache war für den Bruch zwischen "Fitch" und "WestLB", darüber geben die beiden Institute heute keine Auskunft. Die Kontroverse zeigt jedoch, dass Ratings auf Fakten fußen, die sich jedoch durchaus unterschiedlich interpretieren lassen.
Warum aber braucht es das Rating von einer Agentur, wenn die großen börsennotierten Unternehmen ohnedies ihre Bilanzen veröffentlichen, die jeder einsehen und analysieren kann? Professor Hartmann-Wendels:
" Eine Bilanzanalyse kann Teil eines Ratings sein. Es gibt aber auch Ratings, die nicht auf Bilanzen zurückgreifen. Rating ist eigentlich mehr als Bilanzanalyse. In ein Rating fließen auf jeden Fall Jahresabschlussinformationen ein über Verschuldungsgrad, Rentabilität und andere Kenngrößen, die hier wichtig sind. Aber in ein Rating fließt noch mehr ein, die so genannte Geschäftsrisiken, da wird die Managementqualität beurteilt, die Unternehmensstruktur, Organisation wird beurteilt, Haftungsverhältnisse spielen eine große Rolle. Und die strategische Ausrichtung wird beurteilt. Das sind alles Größen, die man aus der Bilanz nicht erkennen kann."
Besonders bei mittelständischen Unternehmen, die nicht immer eine Bilanz erstellen müssen, sind auch andere Informationen wichtig, wie zum Beispiel die Rechtsform, das Alter der Firma oder das Wachstum der vergangenen Jahre.
Die mittelständische Industrie hat in Deutschland noch einen Nachholbedarf, um sich auf die neuen Anforderungen einzustellen, die ein Rating erfordert. Die Industriekreditbank, die IKB in Düsseldorf, betreut durch langfristige Finanzierungen besonders größere Mittelständler. Stefan Ortseifen, Sprecher des Vorstandes zur Bedeutung des Ratings:
" Bei uns sind bei der Erstellung eines Ratings vor allem die historischen Daten wichtig. Was hat das Unternehmen in der Vergangenheit gemacht? Wir nutzen die Jahresabschlüsse, die verfügbaren Finanzdaten des Unternehmens und werten diese aus. Aber: Wir gucken auch in die Zukunft! Das heißt, wir möchten von dem Unternehmen eine Planung haben, eine Vision haben, wie sich das Unternehmen in Zukunft entwickelt. Wir verwerten nicht nur Zahlen, sondern in das Rating fließen auch qualitative Zukunftsaspekte. Wovon ist das Unternehmen abhängig? Ist es von großen Kunden abhängig? Ist es von großen Lieferanten abhängig? Und im Mittelstand - das ist ja unsere Zielgruppe - spielt natürlich auch eine Rolle, ob der Inhaber eine Nachfolgeregelung für sein Unternehmen hat."
Viele Mittelständler haben aufgrund der neuen Kapitalvorschriften für Banken, dem so genannten Basel II-Übereinkommen, in den letzten Jahren erfahren müssen, dass vertrauliche Beziehungen zu ihrer Hausbank nicht mehr ausreichen, um Kredite zu erhalten. Denn die Banken müssen nun auch mehr Eigenkapital nachweisen, wenn sie einen Kredit gewähren. Daher benötigen sie verlässliche Zahlen über ein Unternehmen und begründen die Geschäftsbeziehungen mit ihren Kunden nicht nur durch langjährige Beziehungen, sondern versuchen, noch objektivere Maßstäbe zu finden für eine Beurteilung der Qualität eines Unternehmens.
Dabei spielen vor allem auch Risiken eine wichtige Rolle. Risiken können die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens beeinträchtigen oder sogar zu Ausfällen führen. Eine Bank, die Kredite vergibt, muss diese Risiken erkennen und beurteilen, denn ein Kreditverlust belastet natürlich auch die Bank. Stefan Ortseifen von der IKB in Düsseldorf.
" Es gibt natürlich eine ganze Vielzahl von Risiken, die einen Unternehmenserfolg nun bestimmen. Ein Beispiel für ein Risikoumfeld ist meist, wenn ein Unternehmen schnell oder zu stark wächst, ohne dass die Strukturen des Unternehmens adäquat angepasst wurden. Auch Innovationskraft ist ein Risiko, wenn wir erkennen können, dass ein Unternehmen mit einem Produkt auf dem Zenit des Lebenszyklus' des Produktes ist und Innovation nicht dazu führen, dass Produkte sich revolvierend erneuern."
Risiken können in verschiedene Kategorien unterteilt werden. Es gibt Marktrisiken, wenn plötzlich starke Wettbewerber auftreten, die ein Unternehmen in eine schwierige Lage bringen, es gibt Risiken auf den Beschaffungsmärkten, auf die sich ein Unternehmen vielleicht zu spät eingerichtet hat. Oder die schon erwähnten strategischen Risiken der Nachfolgeregelungen bei Mittelständlern oder auch Zinsrisiken durch Schwankungen auf den Kapitalmärkten, wenn dies zu höheren Zinszahlungen zwingt.
Auch können Korruption und Betrug in einem Unternehmen zu Risiken werden. Unregelmäßigkeiten dieser Art können das Unternehmen finanziell in Bedrängnis bringen und beschädigen unter Umständen das Vertrauen in Mitarbeiter und Organisation. Diese Fälle kommen selten an die Öffentlichkeit und werden von den Unternehmen möglichst stillschweigend geregelt. Ratingagenturen unterstreichen aber, dass es diese Risiken gibt.
Für die Unternehmen wird es schwieriger werden, ihre Geschäftspolitik im Geheimen zu planen und nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Wer ein gutes Image haben möchte, wird immer häufiger auch ein gutes Rating benötigen. Und ein Unternehmen, das Sachverhalte verschleiert und meint, dass es möglichst wenig Informationen nach außen geben sollte, wird zumindest bei einem Rating-Kriterium Probleme bekommen. Jens Schmidt-Bürgel, Geschäftsführer von FitchRatings in Frankfurt am Main:
" Transparenz ist aus Sicht der Ratingagentur prinzipiell positiv. Für uns im Rating hat sie keine direkte Auswirkung, weil Unternehmen, die aus unserer Sicht nicht transparent sind: da benötigen wir mehrere Zusatzinformationen. Klassisches Beispiel wieder der Mittelständler, der halt nur sehr rudimentäre Zahlen veröffentlicht, vielleicht noch nicht einmal einen kompletten Geschäftsbericht öffentlich macht. Das ist natürlich keine Basis, auf der wir raten können. Wir würden dann viel mehr Zahlen von diesem Unternehmen benötigen."
Für eine Ratingagentur ist es wichtig, viel über die Produkte des Unternehmens zu erfahren: Wo werden sie abgesetzt, welche Märkte hat das Unternehmen ? Eine große Verbreitung der Produkte und verschiedene Abnehmer sind wichtig, damit das Unternehmen auch wegen nicht selbstverschuldeter Einflüsse wie Konjunkturschwächen nicht in Schwierigkeiten gerät.
Um ein Rating überhaupt machen zu können, ist es natürlich erforderlich, dass das Unternehmen schon Jahre besteht. Ein Urteil abzugeben allein auf Basis eines Businessplans eines jungen Unternehmens, das das Funktionieren seiner Geschäftsidee noch nicht unter Beweis stellen konnte, ist riskant.
Ratingagenturen wollen wissen, wie ein Unternehmen im Augenblick dasteht. Dabei verlieren sie jedoch nicht den Trend aus dem Blick, die Unternehmenshistorie so wenig, wie die Strategie. Nicht jeder Kursverfall oder Kursanstieg hat Konsequenzen für die Bewertung: Jens Schmidt-Bürgel von Fitch:
" Ich persönlich bin kein Freund von reiner quartalsweiser Betrachtung, das ist auch keine Weise, wie Analysten einer Ratingagentur an eine Analyse herangehen. Das heißt, wenn die Zahlen bei einem Unternehmen in einem Quartal einmal schlechter sind, als wir angenommen hatten, heißt das nicht automatisch, dass sich das Rating ändert. Die Agentur hat eine langfristige Sicht in die Entwicklung des Unternehmens. Wenn sich die Zahlen negativ über mehrere Quartale entwickeln und wenn dann auch das Gesamtjahr unter dem liegt, was man angenommen hatte, kann das dann auch zu Ratingauswirkungen führen."
Für immer mehr Firmen ist ein Rating unverzichtbar: Damit die Lieferanten oder Kunden wissen, wie das Unternehmen dasteht, damit die Bank kreditwillig ist und, damit sich Unternehmensanteile an der Börse besser platzieren lassen. Sich Finanzmittel zu beschaffen, um weiter zu expandieren, das ist eine der wichtigsten Funktionen des Ratings. Aber die Bewertungen durch die großen Agenturen haben noch einen anderen Nebeneffekt: Wolf-Dieter Schneider , Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Giesserei- und Industrie-Holding in Essen:
" Ich glaube, das Rating ist ein sehr gutes Instrument, die Kommunikation zu fördern. Es lässt sich auch sehr gut in die Zielvorgaben des Unternehmens einarbeiten und fördert somit das unternehmerische Denken und Handeln der Mitarbeiter, nicht nur im Management. Ich glaube es weckt auch Verständnis bei den Mitarbeitern für die Frage, wo steht das Unternehmen, wo wollen wir es hinführen, wie sieht die Zukunft aus. Darüber hinaus hilft es dem Management, Dinge noch mal zu überdenken, die Unternehmensführung zu straffen zu systematisieren und somit auch erfolgreicher zu gestalten."
Ratings beschränken sich mittlerweile auch in Deutschland nicht nur auf Unternehmen. Auch Bundesländer wie Sachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen lassen sich durch Agenturen bewerten, denn auch Bundesländer müssen sich Geld an den globalen Kapitalmärkten beschaffen und brauchen eine offizielle Bewertung ihrer Anleihen. Eckhard Helms, Kapitalmarktmanager im Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen:
" Wir haben in diesem Globalisierungszusammenhang gesehen, dass wir unsere Investorenbasis verbreitern müssen, wir wollten nicht nur auf dem deutschen Markt aktiv sein, sondern auch internationale Investoren anziehen, mit dem Ziel natürlich mehr Nachfrage nach unseren Produkten, nach unseren Anleihen zu schaffen, um damit weniger Zinsen bezahlen zu müssen. Und da haben uns die Ratingagenturen insofern geholfen, als viele internationale Finanzinvestoren bei ihrer Anlage darauf angewiesen sind, dass ein Emittent über ein Rating verfügt. Das heißt, wir können uns die großen internationalen Anleger nur sichern, wenn wir ein Rating der bekannten Ratingagenturen haben."
Für die Geldanleger ist die Bewertung eines Bundeslandes ein wichtiger Maßstab. Ein positives Urteil der großen amerikanischen Ratingagenturen impliziert Kreditwürdigkeit und garantiert günstige Konditionen bei der Geldbeschaffung.
Wenn dies auch meist nur Prozentpunkte an zweiter Stelle hinter dem Komma sind, kann das bei den zahlreichen Transaktionen während des Jahres zu Einsparungen von mehreren Millionen Euro führen. Denn die Bundesländer sind mit Milliardenbeträgen verschuldet, weshalb sich auch kleinste Zinsschritte erheblich auf die Zinszahlungen auswirken.
Und wie bei Unternehmen, so schauen die Ratingagenturen auch bei den Bundesländern auf die Historie, vor allem der Haushaltsentwicklung. Eckhard Helms:
" Der Haushalt ist das, was sie sich ganz intensiv ansehen; er gibt Auskunft, was in der Vergangenheit gewesen ist. Wir haben eine Finanzplanung, wo auch die Planung für die nächsten Jahre zu Papier gebracht worden sind. Das ist das, was die Ratingagenturen ganz intensiv analysieren. Die wichtigsten Punkte sind natürlich: wie wird es mit den Schulden weitergehen, wird die Nettoneuverschuldung sinken, wie weit wird sie sinken, mit welchen Maßnahmen soll das erreicht werden."
Ein- und Ausgaben der Bundesländer sind ein Maßstab. Ein weiterer sind die Personalkosten, die durchschnittlich 40 Prozent des Etats verschlingen. Aber auch Gesetzesänderungen im Bund mit Auswirkung auf die Länder fließen in die Bewertung mit ein.
Eine wachsende Bedeutung erhalte ein anderer Bereich , meint Alois Strasser von Standard and Poor's, dessen Agentur Bundesländer und Kantone in der Schweiz, Österreich und Deutschland bewertet:
" Nehmen wir uns das Beispiel öffentliche Banken. In allen drei Ländern, die wir von Frankfurt aus betreuen, haben wir Probleme der Gebietskörperschaften mit den Banken gehabt. In Deutschland wäre es Berlin gewesen, in der Schweiz die Genfer Kantonalbank, in Österreich wäre das Bundesland Burgenland. Das heißt, der Ansatz von uns ist nicht nur auf einen Kernhaushalt ausgerichtet, sondern wir schauen uns das gesamte Umfeld an. Es wird für uns wird immer wichtiger, zu sehen, wie arbeitet der Konzern Gebietskörperschaft."
Für das Urteil der Agenturen ist entscheidend, ob ein Bundesland seine Zahlungsverpflichtungen einhalten kann - und zwar am Tag der Fälligkeit, nicht ein oder zwei Wochen später.
Ist das Bundesland dazu nicht in der Lage, folgt eine Herabstufung von AA zum Beispiel auf A. Damit ist das Signal an die Investoren gegeben, wachsam zu sein.
Wie die verschiedenen Buchstabenkombinationen, die die Einstufung durch die Ratingagenturen anschaulich machen, zustande kommen, erklärt Alois Strasser von Standard and Poor's:
" Wir schauen uns zum Beispiel die letzten 15 Jahre an und sagen, die Schuldner, die wir in den letzten 15 Jahren in bestimmten Kategorien geratet haben, wo sind die jetzt nach fünfzehn Jahren. Wenn zum Beispiel einer aus dem Dreifach-A-Bereich innerhalb von 15 Jahren Konkurs gegangen wäre oder eine Schuld nicht bedient hätte, dann wäre das einer, der in die Auswahlwahrscheinlichkeit reinfällt. Wenn wir jetzt zum Beispiel von einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,3 Prozent bei einem Doppel-A ausgehen, dann sagen wir nicht, dass ein Schuldner, der Doppel-A "geratet" ist, seine Schulden nur zu 99.7 Prozent bedient, sondern wir gehen davon aus, weil es ein sehr hohes Rating ist, der zahlt seine Schulden zu 100 Prozent. Trotzdem: Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass es einzelne Schuldner in dem Bereich gegeben hat, die haben dann doch so starke Schwächen gezeigt, dass sie ausgefallen sind. Wir sagen also nicht, wenn wir ein deutsches Bundesland auf Doppel-A minus "raten", dass dies ausfällt."
Welche Kriterien im Detail zu den einzelnen Beurteilungen vom Dreifach-A, -B oder den schlechteren Kriterien von C und D führen, darüber geben die Agenturen keine genaue Auskunft. Sie weisen mit Nachdruck darauf hin, dass ihnen immer das Gesamtbild eines Bundeslandes oder auch eines Unternehmens wichtig ist. Ratings nur an einem oder zwei Kriterien zu orientieren, das lehnen die Agenturen ab.
Wie die Bewertungen ausfallen, entscheiden erfahrener Mitarbeiter. Je nach Größe eines Unternehmens oder eines Bundeslandes entscheiden mehrere Fachleute und legen in einer Diskussion das Rating fest.
Dabei kann es zwischen den Agenturen zu unterschiedlichen Einschätzungen des Ratings kommen, wie bei dem anfangs genannten Beispiel zwischen WestLB und Fitch. Und auch das Bundesland Nordrhein-Westfalen erhielt Bewertungen vom guten dreifachen A bis zum Doppel-A-Minus, was einer geringeren Bonitätsstufe entspricht.
Dabei spielt eine Rolle, ob das Land isoliert oder im Verbund der Bundesrepublik Deutschland bewertet wird: Die Fakten werden interpretiert und so sind Abweichungen in der Beurteilung möglich.
Ob die Ratingagenturen den Daumen heben oder senken - nicht zuletzt für die Unternehmen ist das zunehmend von strategischer Bedeutung. Wolf-Dieter Schneider, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gießerei- und Industrie-Holding, verweist in diesem Zusammenhang auf die mittelständische Industrie:
" Ich könnte mir gut vorstellen, dass eine wichtige Aufgabe der Ratingagenturen noch darin liegt, noch stärker den Rating-Prozess auf die Anforderungen der mittelständischen Industrie zuzuschneiden und so mitzuhelfen, dass noch viel breiter das Rating ein Standardinstrument zur Unternehmenssteuerung wird. Hier wird es wichtig sein, dass die Akzeptanz noch stärker zunimmt, auch sich etwas Unangenehmes sagen zu lassen und sich dann konstruktiv hinzusetzen, um daraus die Schlüsse und Maßnahme abzuleiten."
Die magischen Buchstaben bewirken also einiges: Den Anlegern gibt das Rating Auskunft über die Attraktivität einer Unternehmens- oder Staatsanleihe; den Bewerteten gibt es Anlass, es besser zu machen: Kosten zu senken, Produktionsprozesse zu optimieren, Reserven auszuschöpfen.