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Magister- und Diplomtitel werden abgelöst

Bis 2010 wollen über vierzig Länder ihre Hochschulsysteme aufeinander abstimmen. Darauf haben sich die EU-Bildungsminister 1999 im italienischen Bologna geeinigt. Im Rahmen des "Bologna-Prozesses" sollen alle Studiengänge auf die international anerkannten Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt werden. Die Sozialwissenschaften in Düsseldorf gehen mit bestem Beispiel voran.

Von Britta Mersch | 27.12.2005
    "Als ich von der Schule gekommen bin, wollte ich zwar schon noch zur Uni, aber nicht so endlos und dann fand ich den Bachelor schon eine gute Möglichkeit."

    Katrin Menke studiert Sozialwissenschaften an der Universität Düsseldorf. Im kommenden Sommer wird sie nach nur sechs Semestern ihren Bachelor-Abschluss machen. Ein Fach mit einem Magister- oder Diplom-Titel kam für die 22-Jährige nicht in Frage.

    "Ich hab von vornherein mich fast nur für Bachelor-Studiengänge beworben und bin dann hier angenommen worden und bin damit auch super zufrieden."

    Kein Wunder - die Sozialwissenschaften in Düsseldorf gehören zu den erfolgreichsten Studiengängen in Deutschland, die mit einem Bachelor oder Master abschließen. Und davon gibt es bisher nur rund 3.800. Drei von vier Studierenden beenden hier ihr Studium pünktlich in der Regelstudienzeit, nur jeder zehnte bricht das Studium vorzeitig ab, schwärmt der Düsseldorfer Soziologieprofessor Michael Baurmann, der schon seit 1999 die ersten Bachelor-Absolventen ausbildet.

    "Das Wesentliche ist, wenn Sie das sinnvoll machen wollen und Erfolg damit haben wollen, dass Sie eben das Studium völlig neu organisieren und strukturieren müssen. Wesentliches Element ist z.B. eine gute Struktur des Studiums, wird öfters als Verschulung gekennzeichnet ist, das ist es aber gar nicht, sondern das bedeutet, dass die Studenten von vornherein im ersten Semester eine Struktur vorfinden, an der sie sich orientieren können und genau auch sehen können, wie sie innerhalb von drei Jahren ihr Studienziel erreichen können."

    "Katrin Menke: Das erste Jahr hat man eigentlich in allen drei Fächern eine Einführung, Vorlesung und Grundkurse. Unser Studiengang setzt sich ja aus drei Fächern zusammen, Medienwissenschaften, Politikwissenschaften und Soziologie und da hat man auch überhaupt keine Wahlmöglichkeiten, also da wird man quasi vorgesetzt vor einen Stundenplan so wie in der Schule, das ist ein bisschen komisch, weil man denkt ja, an der Uni hat man unglaublich viele Wahlmöglichkeiten, das ist im ersten Jahr eigentlich nicht so. Ab dem zweiten Jahr wird das dann aber besser, weil man sich Seminare raussucht, die einen interessieren."

    Die Studentin Katrin Menke spezialisiert sich auf Politik und möchte auch ab dem nächsten Jahr in diesem Bereich arbeiten, dann ist sie gerade 23. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hält das Düsseldorfer Konzept für so erfolgreich, dass er es in sein Aktionsprogramm "ReformStudiengänge" aufgenommen hat. Ausgezeichnete Studiengänge erhalten Fördergelder von jeweils 300.000 Euro. Doch beim Bologna-Prozess kommen aus Deutschland nicht nur Erfolgsmeldungen. Das deuten zumindest die neuesten Zahlen der Hochschulrektorenkonferenz an. In ihrer aktuellen Bologna-Zwischenbilanz heißt es:

    "Die deutschen Hochschulen bieten im laufenden Wintersemester 2.138 Bachelor- und 1.659 Master-Studienmöglichkeiten an. Damit machen die neuen Studiengänge bei einer Gesamtzahl von rund 11.186 Studienmöglichkeiten 34 Prozent des Studienangebots an deutschen Hochschulen aus."

    Erst gut ein Drittel der deutschen Studienangebote sind also zum laufenden Semester auf die internationalen Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt worden. Und die sind nicht unbedingt gefragt: Von den rund zwei Millionen Studierenden in Deutschland sind erst rund sechs Prozent in Bachelor-Studiengängen eingeschrieben, bei Master-Programmen sind es noch weniger. Viele Studierende sehen die neuen Abschlüsse mit Skepsis, da sie nicht wissen, wie sie später auf dem Arbeitsmarkt damit ankommen. Sogar die Düsseldorfer Bachelor-Studentin Katrin Menke hat Bedenken.

    "Man hört das ja auch viel von Kommilitonen und so, die schon abgegangen sind, mit dem Bachelor auch erhebliche Probleme hatten, etwas zu finden. Leider wird das Alter, was man dann hat, wenn man den Bachelor erworben hat, leider nicht anerkannt. Das finde ich eigentlich ein bisschen widersprüchlich. Denn eigentlich ist es ja was Positives, wenn man mit 23, 24 abgeht und dann schon einen Hochschulabschluss in der Tasche hat, aber ich glaube, das dauert noch ein bisschen."

    Bis 2010 ist also noch viel Reformarbeit nötig - und das nicht nur an den Hochschulen, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt.