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Mal gucken wie's die anderen machen ...

Drei Monate in einer französischen Buchhandlung oder in einem Verlag arbeiten! Dafür muss man nicht zweisprachig sein, sondern motiviert und neugierig! Seit über zehn Jahren gibt es ein deutsch-französisches Förderprogramm. Die deutsche Buchmesse, in Frankfurt, und France Edition, in Paris, geben jedes Jahr 20 jungen Buchhändlern oder Verlagskaufleuten beider Länder die Möglichkeit, ein längeres Praktikum im Nachbarland zu absolvieren.

12.09.2002
    Drei Monate in einer französischen Buchhandlung oder in einem Verlag arbeiten! Dafür muss man nicht zweisprachig sein, sondern motiviert und neugierig! Seit über zehn Jahren gibt es ein deutsch-französisches Förderprogramm. Die deutsche Buchmesse, in Frankfurt, und France Edition, in Paris, geben jedes Jahr 20 jungen Buchhändlern oder Verlagskaufleuten beider Länder die Möglichkeit, ein längeres Praktikum im Nachbarland zu absolvieren. Davor gibt es 4 Wochen Sprachkurs mit viel Fachsprache und Referaten von Profis. Initiator und Geldgeber dieser Maßnahme ist das Deutsch-Französische Jugendwerk, das mit diesem und noch ganz vielen anderen Programmen ein dreifaches Ziel verfolgt: die Verbindung von beruflichem, sprachlichem und interkulturellem Lernen.

    Früher musste man ein Bücherwurm sein, um im Verlag zu arbeiten, heute Verlagskaufmann. Julia Süßbrich ist 26 Jahre alt, hat keine solche Lehre abgeschlossen. Sie studiert Romanistik, jobbt schon mal hier und da im Bereich "Literatur". Deshalb konnte auch sie dieses Jahr, in einem französischen Verlag, am Förderprogramm für 20 junge Buchhändler und Verlagskaufleute aus Deutschland und Frankreich teilnehmen.

    Dadurch, dass wir in Deutschland nicht so viele mögliche Studiengänge oder Berufsausbildung haben, war auf deutscher Seite eigentlich klarer. Da waren mehrere Buchhändler, die auch Buchhändler bleiben hinterher, nur die Stelle wechseln, z.B. da gab es die Verlagskaufleute, die zum Teil jetzt gerade Buchwissenschaft studieren oder jetzt demnächst 'was Ähnliches anfangen und da war ich als Quereinsteigerin die einzige und auf französischer Seite ist die Ausbildung viel offener, da waren also sehr unterschiedliche Profile dann vorhanden. Es gab da sehr viele Leute, die irgendwas studiert hatten und jetzt Richtung Praxis wollten, während die Deutschen sehr viel mehr aus der Praxis kamen und jetzt nur eine neue Erfahrung suchten.

    So war das bei Martina Wolff de Carrasco. Vor 10 Jahren hat sie ihre Stelle als Verlagsbuchhändlerin quittiert, ist zunächst nach Amerika gegangen, dann zum dreimonatigen Praktikum nach Paris. Anschließend arbeitete sie zwei Jahre lang für einen Pariser Verlag. Heute sitzt sie mitten in der Frankfurter City, bei der Buchmesse und ist selbst zuständig für dieses Programm. Immer wieder erinnert sie die KandidatInnen, dass nicht nur die Auslandserfahrung auf dem Lebenslauf zählt, sondern der entsprechende Unternehmergeist dahinter.

    Ich wusste auch schon - durch meine New-York-Erfahrung - dass man eigentlich wenn man sich nicht anbietet, nicht besonders viel lernt also ich habe mich immer bemüht, aktiv zu sein, zu sagen: "Ich bin da, ich kann das machen, ich kann euch dabei helfen, gebt mir gerne was!" und ich glaube das ist auch wichtig, in einem Praktikum aktiv zu sein, und sich anzubieten, damit man möglich viel mitnehmen kann.

    Gaelle Toquin aus der Bretagne ist in dieser Hinsicht sehr aktiv. Sie hat Germanistik studiert, einen Magisterabschluss in Buchwissenschaft. Nach einem ersten Praktikum in einer deutschen Buchhandlung in Paris ist sie mit dem Stipendium von 900,- EURO im Monat in eine Münchner Buchhandlung gegangen. Dann hat sie ein Jahr bei der Buchmesse Frankfurt verbracht. Heute arbeitet sie in einem Düsseldorfer Verlag, in der Lizenzabteilung.

    Ich war schon in Deutschland und dachte wenn ich jetzt zurück nach Frankreich gehe, dann habe ich den Eindruck, ich habe etwas nicht zu Ende gemacht und wollte ein bisschen länger hier bleiben und ich habe eher in Deutschland gesucht und das hat sich relativ schnell so ergeben.

    Dieses Programm richtet sich nicht nur an Sprachgenies. Der Sprung ins kalte Wasser wird durch einen vierwöchigen Sprachkurs, unmittelbar vor dem Praktikum, abgemildert. Es ist kein Sprachkurs im herkömmlichen Sinne, sondern nach der Tandemmethode, die vom Deutsch-Französischen Jugendwerk erfunden wurde. Sie verbindet berufliches, sprachliches und interkulturelles Lernen. Martina Wolff.

    Die Teilnehmer leben zusammen in Gastfamilien jeweils eine Deutsche und eine französische Teilnehmerin zum Beispiel zusammen und unterhalten sich natürlich im Alltag auch schon in beiden Sprachen, tauschen sich aus und übernehmen das auch mit in den Sprachkurs, also im Sprachkurs selbst geht es natürlich um ein bisschen um Länderkunde und um Sprachen, es geht aber auch um ganz spezifische Dinge, die jetzt zum Verlags- und Buchhandelswissen dazu gehören und ich denke, diese Tandemmethode ist dafür ganz besonders geeignet.

    Nun muss Julia fleißig an ihrer Doktorarbeit schreiben und vermisst die französischen Mittagspausen.

    Ja, doch, eindeutig. Es ist sehr viel spannender, in Paris in der Kantine zu sitzen, als in Köln in der Mensa.

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    Bewerbungen sind bis Ende September für das Programm von März bis Juni 2003 möglich. Es setzt sich aus vier Wochen Sprachkurs und einem dreimonatigen Praktikum zusammen. Erstattet wird ein Teil der Fahrtkosten. Das Stipendium beläuft sich auf 30 Euro/Tag.

    Infos & Anmeldung bei:

    Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Abteilung für Berufsbildung Postfach 10 04 42 Großer Hirschgraben 17-21 60311 Frankfurt Tel: 069 / 1306-336 oder -238

    Es gibt ein ähnliches Programm für Literaturübersetzer und ein englischsprachiges Programm für den Verlegernachwuchs.