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Manfred von Richthofen
Ein Leben für den Sport

Er war Sportler, Trainer, Unternehmer und Sportfunktionär: Manfred Freiherr von Richthofen. 1994 stieg er zum höchsten Mann des deutschen Sports auf und wurde DSB-Präsident. Heute wird der DOSB-Ehrenpräsident 80 Jahre alt.

Von Thomas Wheeler |
    “Er ist ungeheuer durchsetzungsfähig und sehr zielorientiert.“
    “Er ist, die Engländer würden sagen, ein character. Er hat einen speziellen Humor. Er ist frech. Er ist so ein bisschen Katharina Thalbach.“
    “Er ist ein konservativer Modernisierer, der relativ klar erkannt hat, nur wer sich ändert, hat eben eine Chance zu bleiben.“
    Menschen, die auch lange nach dem Ende ihrer beruflichen Laufbahn so positiv in Erinnerung bleiben, müssen gute und überzeugende Arbeit geleistet haben. Dies trifft auf Manfred von Richthofen zu. Seine Weggefährten Norbert Skowronek, ehemaliger Direktor des Landessportbundes Berlin, Christa Thiel, Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes und Klaus Böger, Präsident des LSB Berlin erinnern sich gern an die Zusammenarbeit mit ihm. Ein Mann, der Sport geradezu inhaliert hat.
    “Meine Liebe vom Sport ist eigentlich geweckt worden in meiner Internatszeit in Salem am Bodensee. Dort war Hockey Schulsport. Ich hatte einen sehr engagierten Sportlehrer, der mir dieses für mich bis dahin völlig unbekannte Spiel vermittelte. Das man nicht nur mit dem Fuß einen Ball tritt, sondern auch mit einem Schläger.“
    Manfred von Richthofen war Spieler und Trainer. Außerdem Lehrer und schließlich Funktionär. Zunächst als Direktor und Präsident des Landessportbundes Berlin. Wo er von 1969 bis 1994 tätig war. In diesen Jahren lernte er auch seinen späteren Nachfolger und Freund Norbert Skowronek kennen. “Sein wirklich intensives Engagement den Berliner Sport nicht isolieren zu lassen, also ihn wirklich hinein zu führen, in den Sport des Deutschen Sportbundes.“
    Bis zum Mauerfall setzte sich Manfred von Richthofen maßgeblich dafür ein, dass Berlin am sogenannten deutsch-deutschen Sportverkehr teilnahm. Darunter verstand man Begegnungen von Mannschaften aus der DDR und der Bundesrepublik. Aus dieser Zeit stammt auch ein Ereignis, dass ihn mit Uwe Hammer, dem früheren Präsidenten des Berliner Fußball-Verbandes verbindet: “In der Halbzeit kamen die DDR-Funktionäre und haben berichtet, dass zwei Spieler nicht mehr da sind, und Manfred und ich, wir fuhren dann anschließend in ein Lokal, wo das Abschlussbankett durchgeführt werden sollte, und dann fuhr der Bus aus der DDR vor. Der Offizielle stieg aus und sagte, also drei Spieler sind nicht mehr da, und wir sollten doch Verständnis dafür haben, dass sie die Spieler nicht mehr aussteigen lassen, sondern jetzt die Heimfahrt antreten.“
    Hammer erlebte auch hautnah, wie sich von Manfred von Richthofen für Berlin als Spielort bei der Fußball-Europameisterschaft 1988 einsetzte, dabei jedoch auch auf Widerstand stieß. Der frühere DFB-Präsident Hermann Neuberger gab dem Druck der osteuropäischen UEFA-Mitglieder nach und verzichtete auf eine Nominierung. Norbert Skowronek, der damalige Direktor des LSB Berlin. “Das waren Punkte, gegen die er massiv vorgegangen ist und sich damit auch viele Feinde geschaffen hat. Aber auf der anderen Seite, er wollte Berlin vertreten im Sport, und das hat er durchweg intensiv gemacht.“
    Nach der Wende kümmerte sich Manfred von Richthofen um die Unterstützung des DDR-Sports beim Aufbau von Vereinsstrukturen. Zudem setzte er sich für die Erhaltung der erfolgreichen Grundlagen des DDR-Sportsystems ein. SPD-Politiker Klaus Böger, der ihn erstmals 1989 traf. “Er hat z. B. dafür gesorgt, dass wichtige Struktureinrichtungen des DDR-Sports nicht wegrationalisiert, sondern transformiert wurden. Beispiel. Die Sportleistungszentren Hohenschönhausen, Olympiastützpunkt. Die Sporteliteschulen. Kienbaum als Bundesleistungszentrum oder auch die technologischen Einrichtungen in Köpenick und in Leipzig.“
    Dabei machte er sich auch für eine umfassende Stasiaufarbeitung und Dopingbekämpfung stark. Schwimmpräsidentin Christa Thiel, damals Sprecherin der Verbände: “Er ist ein absoluter Dopinggegner. Ich glaube, dass wir mit der damaligen ADK ganz gut aufgestellt. Das war so eine Organisation, die noch im DSB angesiedelt war, aber völlig autonom arbeitete. Es gab noch keine NADA. Also ich denke, das ist ein Entwicklungsprozess, den er mit seiner sehr, sehr stringenten Haltung stark befördert hat, übrigens auch Trainern gegenüber.“
    1994 wurde Manfred von Richthofen Präsident des Deutschen Sportbundes. Dabei engagierte er sich immer für den Leistungs- und für den Breitensport. Und damit auch für Sport in Unternehmen. Gabriele Wrede, Vizepräsidentin des Deutschen Betriebssport-Verbandes: “Er hat es sehr hoch angesiedelt, dass eben in den Betrieben Breitensport getrieben wird, und dass er zwischen dem Chef und dem Auszubildenden getrieben wird, und dass da das soziale Gefüge einer Firma sehr positiv beeinträchtigt werden kann.“
    Sein größtes Werk, die Fusion von DSB und NOK zum Deutschen Olympischen Sportbund bereitete er viele Jahre vor und vollendete sie 2006. Gegen den Widerstand des langjährigen NOK-Präsidenten Walther Tröger und zahlreicher Verbände wurde der DOSB geboren. Damit endete seine Amtszeit.