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Massentod durch Asteroideneinschlag?

Geologie. - Die Welt vor 250 Millionen Jahren, am Ende des Perms. Alle Landmassen - vom Nordkap bis zur Antarktis, von Sydney bis nach Los Angeles, waren zu einem einzigen Superkontinent verschmolzen, und dieser Superkontinent schwamm als große Landmasse in einem weltumspannenden Supermeer. Dieser Superkontinent begann vor 250 Millionen Jahren auseinander zu brechen, und zwar dort, wo heute Sibirien ist. An diesem Bruch fluteten dabei ungeheuere Lavamassen tief aus dem Erdinneren. Genau zu jener Zeit ereignete sich aber auch das größte Massenaussterben. Mehr als 90 Prozent aller bekannten Arten verschwanden. Heute wird in Science ein Artikel vorgestellt, nach dem in diese zerbrechende Welt ein Meteorit gerast sein könnte.

Von Dagmar Röhrlich |
    Der Krater Bedout liegt einige Hundert Kilometer vor der Küste Nordwestaustraliens, tief vergraben unter Meeresschlamm. Erdölsucher entdeckten ihn vor 30 Jahren, kümmerten sich aber nicht weiter darum. Doch jetzt ist Bedout in den Mittelpunkt des Forscherinteresses gerückt. Denn er könnte vor 250 Millionen Jahren entstanden sein, also genau zu der Zeit, als ein Mega-Massenaussterben Meer und Land in Friedhöfe verwandelte. Luann Becker von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara sieht eine Verbindung zwischen Meteoriteneinschlag und Massenaussterben:

    Die meisten von Ihnen kennen ja wahrscheinlich den Präzedenzfall, nämlich das Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen. Die meisten Forscher stimmen darin überein, dass es damals einen Einschlag gegeben hat. Allerdings wird sehr kontrovers diskutiert, ob und wie dieser Einschlag das Aussterben ausgelöst haben könnte. Trotzdem wollten wir dieses 250 Millionen Jahre alte Massenaussterben vor diesem Hintergrund untersuchen.

    Becker und ihr Team fanden in der Antarktis in einer einen halben Meter dicken Schicht aus der kritischen Zeit verstreute Fragmente eines primitiven Meteoriten, eines sogenannten kohligen Chondriten, und sie fanden Schockquarze. Letztere entstehen, wenn Meteoriten auf die Erde prallen oder bei gewaltigen vulkanischen Eruptionen. Solche Schockquarze und andere Zeugen für einen großen Einschlag gibt es aber nicht nur in der Antarktis. Becker:

    Mich überraschte, dass alle Hinweise über die Südhalbkugel verteilt sind und dass sie einen Ring bilden um Bedout. In den seismischen Profilen der Ölindustrie glich Bedout einem Krater, und er könnte vor 250 Millionen Jahren im späten Perm entstanden sein.
    Also wurden die Bohrkerne des Ölmultis nach Jahrzehnten aus dem Lager gekramt und untersucht. Man fand eine Brekkzie, also zertrümmertes Gestein, und man fand zu Glas geschmolzenem Gestein. Beides entsteht bei großen Einschlägen. Aber die Altersbestimmung ist schwierig. Nur ein einziges Mineralkörnchen war brauchbar. Es ist rund 250 Millionen Jahre alt. Das passt, denn Paläontologen konnten das Massenaussterben mit Hilfe vulkanischer Aschelagen auf genau 251 Millionen Jahren datieren. Auffällig ist: Wie beim Verschwinden der Dinosaurier träfe auch bei diesem Massenaussterben der Einschlag in eine Zeit, als tief aus dem Erdmantel viele Kilometer mächtige und kontinentweite Flutbasalte gefördert werden. Als die Saurier starben, floss der Basalt, weil sich Sri Lanka von Indien abspaltete. Vor 250 Millionen Jahren begann in Sibirien das Auseinanderbrechen des Superkontinents Pangäa. Hängen also Einschlag, Vulkanismus und Massenaussterben zusammen? Kevin Pope vom Geo Eco Arc Research Institute in Aquasco, Maryland:

    Dafür, dass beide Ereignisse mehr oder weniger gleichzeitig stattfinden, haben wir keine Erklärung. Wir wissen nicht, wie ein Einschlag den Ausbruch von Basalten aus dem Erdmantel auslösen könnte, selbst wenn es sich, wie hier, um den Einschlag eines Meteoriten von der Größe des Mount Everest handelt. Unser Verdacht ist, dass Massenaussterben immer dann entstehen, wenn bereits ein wirklich großer vulkanischer Ausbruch läuft, und in dieser instabile Situation dann ein großer Meteorit die Erde trifft. Die seismischen Wellen könnten den Ausbruch ins Dramatische steigern, so, als ob man eine geschüttelte Champagnerflasche öffnet. Derzeit sehen wir die zeitliche Übereinstimmung und suchen eine Erklärung.

    Die Arbeit habe gerade erst begonnen. Dass 20 Jahre nach der Chicxulub-Theorie immer noch kein Mechanismus erkannt sei, wie dieser Einschlag weltweit die Saurier und ihre Zeitgenossen töten konnte, das zeige, wie lange solche Debatte dauern. Zudem geht es Bedout jetzt erst einmal um die Kärrnerarbeit. Erstens wegen der unsicheren Datierung, denn ein einziges Korn kann auch hereingeschwemmt worden sein. Und zweitens bezweifeln andere Experten aufgrund der bisherigen Beweise, dass es Bedout wirklich ein Krater ist. Derzeit habe man nur ein weiteres Mosaiksteinchen, nicht das ganze Bild, so gaben es die Forscher gestern denn auch selbst zu.