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Master of Arts in Kunsttherapie

Burgwinkel: Verbale Strategien, Körpertechniken, Musik, Tanz oder Kunst. Das alles gehört zum Instrumentarium des Psychotherapeuten. Neu in Deutschland ist die Ausbildung zum Kunsttherapeuten, und zwar zum Master of Art Therapy. Am Telefon ist Dr. Karin Dannecker. Sie ist Leiterin der Kunsttherapie Berlin des Kollegs für Forschung und Weiterbildung. Frau Dannecker, Kunsttherapie, Sie haben mitgestaltet an den Inhalten, am Programm. Was haben Sie denn ausgewählt?

    Dannecker: Das, was unsere Studierenden lernen sollen, was der Fokus des Studiums ist. Das bedeutet, wenn jemand sich bei uns bewirbt, wird er lernen, die Kunst und die Psychotherapie letztendlich zu verknüpfen, das heißt, sie lernen verstehen, was psychologisch passiert, wenn jemand künstlerisch arbeitet, vor allen Dingen, wenn Menschen damit arbeiten, die sonst Probleme haben, krank sind oder Konflikte haben. Sie lernen die Kunst unter diesen Blickwinkeln, die diese Menschen auch entstehen lassen sollen, letztendlich einzuschätzen, aber natürlich auch therapeutische Prozesse in Gang zu bringen.

    Burgwinkel: Ist es eher von der Tendenz her eine Anleitung für die Patienten zu malen, oder ist es von der Tendenz her die Interpretation der Werke, die die erkrankten Menschen gemalt haben?

    Dannecker: Also beides stimmt nicht ganz. Also wir leiten natürlich auf eine Art auch an, das heißt, wir wollen mit Menschen zusammenarbeiten, die sonst noch allzu sehr mit der Kunst in Berührung sind. Das heißt, wir müssen auch lernen, wie wir sie anregen, die Angst zu überwinden, vor einem leeren Platz zu sitzen und da etwas zu malen und zum Ausdruck zu bringen. Wir lernen und vermitteln natürlich auch, dass wir Bilder lesen können, interpretieren können, verstehen können, sonst können wir auch den Menschen nicht wirklich verstehen, der das zu Stande bringen soll. Aber worum es nun wirklich geht, ist, dass eine Ausdrucksmöglichkeit gegeben wird, die nicht über das Verbale läuft, sondern über den künstlerischen Prozess, der häufig sehr viel mehr möglich macht, etwas auszurücken im wörtlichen Sinne, sichtbar zu machen, und durch das sichtbar Gewordene auch mehr wiederum über sich selbst zu erkennen. Das ist das zentrale Anliegen, und dadurch können wir häufig sehr viele Prozesse in Gang setzen, die für die Menschen hilfreich sind, weil sie diesen Aspekt eigentlich noch nicht erkannt haben.

    Burgwinkel: Sie haben die Inhalte Ihres Studiengangs relativ gut beschrieben. Sagen Sie mir doch mal, was für Fächer das sind.

    Dannecker: Das sind Fächer, die natürlich zentral auf Kunsttherapie eingehen. Da gibt es Symbolisierungsprozesse, was ist die Psychodynamik des künstlerischen Prozesses? Es geht um bildnerische Analyse, erst dann lernen wir das Diagnostische an den künstlerischen Gestaltungen kennen, dann erlernen Sie einführende Seminare in die verschiedenen Bereiche, in denen Sie ja später arbeiten können, zum Beispiel eine Einführung in psychiatrische Krankheitslehre, in die spezifische Arbeit mit Kindern oder mit alten Menschen. Da gibt es sozusagen Grundlagenkurse. Und es geht auch darum, dass die Studierenden ihre eigene Kunst und das, was sie bisher selbst gemacht haben - sie sollen ja die Kunst ein ganzes Stück weit mitbringen, wenn sie zu uns kommen -, aus neuen Perspektiven verstehen, das in Selbsterfahrungsgruppen erproben und damit neue Erfahrungen machen.

    Burgwinkel: Jetzt haben Sie schon beschrieben, das müssen die Leute können, die zu uns kommen, das heißt, sie müssen sich mit Kunst beschäftigt haben. Wer kann überhaupt teilnehmen an diesem Masterstudiengang?

    Dannecker: Also primär wenden wir uns an Künstler, an Kunstpädagogen, natürlich auch Menschen, die sozialpädagogisch tätig sind oder Psychologen oder Mediziner. Aber alle, die sich bewerben, müssen beides mitbringen, das heißt einmal die Kunst, und wenn man keine künstlerische Ausbildung vorher hatte, was nicht notwendigerweise Voraussetzung ist, dann muss das autodidaktisch gezeigt werden in Form einer Mappe bei der Bewerbung. Die andere Seite, die man mitbringen sollte, ist, dass man sogenannte Arbeitserfahrung haben muss in psychosozialen Bereichen. Das ist recht weit gefasst. Es kann sein, dass jemand als Krankenschwester oder pädagogisch tätig war. Auch Künstler müssen sozusagen diese sozialen Seiten mitbringen.

    Burgwinkel: Wie schätzen Sie denn die Chancen von Absolventen dieses Masterstudienganges ein?

    Dannecker: Relativ gut. Also es ist natürlich ein Beruf, der im Gesundheitswesen angesiedelt ist. Entsprechend muss man es relativieren, wie es im Moment in diesen Bereichen aussieht. Dennoch sind wir in allen möglichen Feldern und Institutionen eingesetzt, von psychiatrischen Abteilungen in Krankenhäusern über die Psychosomatik, Neurologie oder Suchtabteilung bis hin zu Heimen mit Behinderten, sogar in Schulen, Gefängnissen und in der Forensik. Also überall gibt es Kunsttherapeuten.

    Burgwinkel: Vielen Dank für das Gespräch.