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Medizin auf dem Prüfstand

Viele Patienten fürchten, dass die gesetzlichen Krankenkassen Knochenmark- oder Stammzellenspenden in Zukunft nicht mehr bezahlen. Ausgelöst hat diese Debatte ein Report des IQWiG, des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen in Köln.

Von Michael Lange | 02.12.2006
    Der spanische Tenor José Carreras singt gegen den Krebs. Und auf tausenden Plakaten in ganz Deutschland werben Prominente unter dem Motto: "Genial fürs Leben".

    Sie alle bitten um Spenden für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei. Rund anderthalb Millionen Deutsche haben sich schon registrieren lassen, als potenzielle Stammzellenspender.

    Doch helfen solche Spenden den Patienten wirklich? Darüber streiten sich die Experten neuerdings. Und viele Patienten fürchten, dass die gesetzlichen Krankenkassen Knochenmark- oder Stammzellenspenden in Zukunft nicht mehr bezahlen. Ausgelöst hat diese Debatte ein Report des IQWiG, des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen in Köln. Darin heißt es:

    "Die Wirksamkeit der Stammzellenspende vom Fremdspender für Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie ist nicht erwiesen."

    Akute lymphatische Leukämie ist die häufigste Form von Blutkrebs bei Erwachsenen. Jährlich erkranken daran etwa 1200 Menschen in Deutschland.

    Patienten wie Hanna Szibalski aus Wesel am Niederrhein. Vor zwei Jahren erfuhr die damals 18-jährige ihre Diagnose. Ihre Ärzte stuften sie als Hochrisiko-Patientin ein und fanden über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei eine geeignete Stammzellenspenderin.

    "Mir hat eine nette Frau, die 44 Jahre alt ist und drei Kinder hat, aus Flensburg, die hat mir was gespendet. "

    Die Stammzellen bauten das Immunsystem der Patientin wieder auf, das durch Strahlen- und Chemotherapie zerstört worden war. Die Therapie verlief erfolgreich. Aber es kam zu Nebenwirkungen, die mit Kortison behandelt werden mussten.

    "Und das war wirklich extrem. Da habe ich in vier Monaten 24 Kilo zugenommen. Und das war für mich auch schlimm. Also man steht vor dem Kleiderschrank und nichts passt. Ich fand das sehr deprimierend. Ich habe zwar gesagt: Lieber 20 oder 25 Kilo mehr als in der Kiste liegen. Aber das ist trotzdem nicht schön. "

    Zwei Jahre nach der Diagnose geht es Hanna Szibalski heute wieder besser. In ihrem Blut wurden keine Krebszellen mehr entdeckt. Die junge Frau fährt wieder Motorrad und hat ein Studium begonnen.

    "Ich habe die Möglichkeit, dass ich die Krankheit überleben kann, und die nehme ich wahr. "

    Von der Bewertung durch das das IQWiG, die die Wirksamkeit der Stammzellen bezweifelt und die Bezahlung der Methode durch die gesetzlichen Krankenkassen in Frage stellt, hat sie gehört.

    "Ich finde: Das ist Zweiklassenmedizin. So etwas finde ich nicht gut. Ich denke, das ist eine Bewertung, die eher im wirtschaftlichen Sinne ist."

    Der so genannte "Vorbericht" des IQWiG wurde im September veröffentlicht - unter dem Titel: "Stammzellen gegen Leukämie". Die abschließende Bewertung will das Institut im Dezember vorlegen. Doch schon jetzt sind die Diskussionen unter Ärzten und Patienten in vollem Gange.

    Und es ist nicht das erste Mal, dass das Kölner Institut für Aufregung sorgt: Im Frühjahr präsentierte das IQWiG eine Beurteilung so genannter Insulin-Analoga. Schnellwirksame Insulin-Analoga sind Stoffe, die dem natürlichen Insulin ähneln, sich aber in einigen wichtigen Bausteinen davon unterscheiden. Sie wirken schneller und senken innerhalb von Minuten den Blutzuckerspiegel. Für die Patienten bedeutet das: Sie sind flexibler und müssen weniger planen.

    Ob diese neuen und teureren Insuline nicht nur bequemer sind, sondern auch den Gesundheitszustand der Patienten verbessern, wollte der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA vom IQWiG überprüfen lassen.

    Im G-BA sitzen Vertreter der Krankenkassen, der Ärzteschaft und der Krankenhäuser. Sie sollen entscheiden, welche Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung, der GKV, bezahlt werden und welche nicht. Und das IQWiG - es wurde vom GB-A vor zwei Jahren als unabhängiges Institut gegründet - soll ihnen dabei helfen. Im Institut arbeiten Ärzte, Statistiker und Naturwissenschaftler zusammen. Außerdem werden externe Gutachter beschäftigt. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Rainer Hess:

    "Wir geben dem Institut Aufträge, um insbesondere Nutzenbewertungen zu erstellen; also den medizinischen und ökonomischen Nutzen und die Leistungsfähigkeit einer Methode, die zur Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV ansteht, bewerten zu lassen, und dann normativ zu entscheiden in eigener Entscheidung: Soll das eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden, oder soll es das nicht, weil der Nutzen nicht belegt ist? "

    Das IQWiG soll herausfinden: was wirkt, und was wirkt nicht? Letztlich geht es darum, so Rainer Hess, den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu überprüfen.

    "Das Ziel muss doch sein, das was wirklich positiv belegt ist, egal was es kostet, den Patienten zur Verfügung zu stellen. Also bei einer positiven Nutzenbewertung kann es teuer sein, dann muss das System das finanzieren. Aber bei einer kritischen Nutzenbewertung, wo auch Alternativen unter Umständen bestehen, die preisgünstiger sind, muss man sich, um das System finanzierbar zu halten, von gewissen Leistungen auch trennen können."

    Nach strengen, selbst formulierten Kriterien werten die Experten des IQWiG medizinische Studien aus. Peter Sawicki, der Leiter des Instituts, ist ein konsequenter Verfechter der evidenzbasierten Medizin. Sein Credo: Für jede medizinische Methode muss die Wirksamkeit belegt werden können, am besten durch Ergebnisse aus vergleichenden klinischen Studien.

    "Wir verwenden Medikamente, die nicht nutzen, sondern mehr schaden, manchmal. Wir verwenden diagnostische Maßnahmen, die überflüssig sind. Wir verwenden Patienteninformationen, die gar nicht die Patienten informieren. Insofern muss man auswählen, was notwendig ist, was nützlich ist und was nicht. Und das ist natürlich eine spannende Aufgabe. "

    Für die Insulin-Analoga endete die Bewertung durch das IQWiG mit einem negativen Ergebnis: Sie senken weder die Zahl der Todesfälle, noch verhindern sie schwere, lebensbedrohende Krankheiten, so die Bilanz des IQWiG.

    Patientenverbände und Hersteller widersprechen. Das Institut habe nicht beachtet, dass die Insulin-Analoga für den Patienten einfacher und komfortabler seien. Sie verhinderten Überzuckerungen und steigerten die Lebensqualität der Diabetiker erheblich, so die Argumentation. Außerdem sei es wahrscheinlich, dass durch die Insulin-Analoga langfristig die Zahl schwerer Folgekrankheiten sinke. Peter Sawicki lässt sich durch die zahlreichen Gegenstimmen aber nicht beirren.

    "Also es geht hier um sehr viel Geld. Natürlich gibt es großes Interesse der pharmazeutischen Industrie, die an dem Verkauf neuer Präparate verdienen, auch wenn die keinen zusätzlichen Nutzen haben. Denn billigere Präparate unterliegen nicht mehr dem Patentschutz. Und die neueren können, wenn sie noch Patentschutz haben, höhere Preise auf dem Markt erzielen. "

    Das IQWiG hätte auch Patientenbefragungen in die Bewertung einfließen lassen müssen, kritisieren Patientenvertreter und Pharmaunternehmen gleichermaßen. Steffen Wahler vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller hält die Vorgehensweise des Instituts für wenig Erfolg versprechend.
    "Letzten Endes, in der Sekunde, wo sie moderne Therapien ausschließen oder einschränken, da haben alle, die das machen, sehr schnell lernen müssen, dass sie damit das Gesamtgesundheitssystem in keiner Weise retten. Wenn Sie jetzt zum Beispiel die Insulin-Diskussion in Deutschland sehen: Wenn wir das alles ausschließen, werden ein paar Millionen gespart, und das in Relation zu den vielen Milliarden, die das Gesamtsystem kostet. "

    Gerade das Beispiel Diabetes zeige, dass es nicht genüge, die Lebenserwartung zu untersuchen und nur Messwerte in die Bewertung aufzunehmen, so Steffen Wahler. Auch andere Fragen müssten da gestellt werden.

    "Wo entstehen eigentlich im Leben eines Diabetikers Kosten? Wie ist der Verlauf seiner Erkrankung? Wie wahrscheinlich sind welche Kosten? Und welchen Nutzen hat der Diabetiker von welchen Maßnahmen? "

    Steffen Wahler und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller fordern eine offene, umfassende Kosten-Nutzen-Bewertung statt einer verdeckten Rationierung.

    "Der moralische Druck und die Verantwortlichkeit steigt ganz enorm in dem Moment, wo Sie Kosten-Nutzen-Bewertung tatsächlich durchführen, weil sie offen rationieren. Momentan wird verdeckt rationiert. Das merkt keiner, und man kann immer noch erzählen: Es gibt keine Zweiklassen-Medizin, und jeder bekommt alles. Das hört in der Sekunde auf, wo Sie eine Kosten-Nutzen-Bewertung mit Konsequenzen machen. "

    Letztlich entscheidet in Deutschland der Gemeinsame Bundesausschuss, was die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen und was nicht.

    Am 19. Juli folgte der G-BA dem Bericht des IQWiG. Demnach müssen die gesetzlichen Krankenkassen die teuren Insulin-Analoga nicht mehr bezahlen. Seitdem haben sich Hersteller und Krankenkassen vielfach abgesprochen. Mit dem Ergebnis: Viele Diabetiker, die sich an die Insulin-Analoga gewöhnt haben, bekommen sie weiterhin von der Kasse bezahlt.

    Bei der Stammzellen-Transplantation für Leukämie-Kranke geht es zwar um deutlich weniger Patienten. Allerdings ist die Transplantation der Zellen teuer: bis zu 100.000 Euro pro Patient. Rainer Hess, der Vorsitzende des G-BA:

    "Es geht ja nicht um eine Methode, die nur Gutes bewirkt, sondern diese Methode hat massive Risiken. Und ich glaube auch, dass die Ärzte interessiert sein müssten, solche Unklarheiten im Interesse ihrer eigenen Patienten aufzuklären und zu hinterfragen: Wie ist denn die Schaden-Nutzen-Abwägung? Schade ich mehr oder nutze ich mehr? Da muss ein verantwortlicher Arzt ein Eigeninteresse haben, das zu klären. Und dem dient an sich dieser Prozess. "

    Im September hat das IQWiG den umstrittenen Vorbericht veröffentlicht. Das Ergebnis: Es gibt keine Studien, die die Wirksamkeit der Stammzellentransplantation von Fremdspendern für erwachsene Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie eindeutig belegen. Vergleichende Studien, die das beweisen, fehlen. Dazu der Leiter des Instituts, Professor Peter Sawicki. Der Mediziner hat lange als Krankenhausarzt und Klinikleiter gearbeitet.

    "Ich war selbst überrascht davon. Wir haben ja selber Patienten mit diesem Ziel an die Uniklinik überwiesen, weil ich mir das nicht genau angeschaut habe. Ich habe gedacht: Man sucht ja nach geeigneten Spendern. Ich glaubte den Aussagen der Fachgesellschaften. Und nachdem wir uns das wirklich sehr genau angeguckt haben, habe ich jetzt Zweifel, ob wir nicht einigen Patienten schaden. "

    Dass jetzt vor allem die Patienten schockiert sind, überrascht ihn nicht. Die zahlreichen Erfolgsgeschichten und die Werbeaktionen verzerren das Bild in der Öffentlichkeit, glaubt Peter Sawicki.

    "Die Patienten, die an der Stammzellen-Transplantation gestorben sind, die können sich ja nicht äußern. Die Patienten, denen der Arzt sagt: Sie sind jetzt todkrank, und wir versuchen jetzt einen Fremdspender zu finden, nachdem kein Familienspender zur Verfügung steht, und dann werden sie auf einmal angerufen: Sie haben Glück, wir haben einen Spender. Kommen Sie schnell! Wir machen das jetzt. Werden sie dann tatsächlich hinterher geheilt. Diese Patienten glauben natürlich, dass das die Ursache ist. Sie wissen ja nicht, was mit ihnen passiert wäre, wenn sie nur eine Chemotherapie bekommen hätten. Diejenigen, denen man geschadet hat mit der Transplantation, die äußern sich nicht. Die können sich nicht mehr äußern. "

    Patientenverbände, Ärzte, Universitätskliniken, medizinische Fachgesellschaften und die Deutsche Knochenmarkspenderdatei liefen Sturm, als das vorläufige Urteil des IQWiG bekannt wurde. Bei einer Anhörung in Köln machten die Vertreter dieser Organisationen ihrem Ärger Luft.
    So auch Mathias Freund, Medizinprofessor und Krebsspezialist an der Universitätsklinik Rostock. Er ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie.

    "Es ist halt so: Die Patienten, die Hochrisiko-Leukämien haben, die sehen ja - das muss man realistisch sehen - zu 90 Prozent den Tod vor Augen. Das muss man sich einfach mal vorstellen. Nun kann nicht jeder dieser Patienten durch eine Stammzellentransplantation geheilt werden. Aber wenn ihre Aussicht langfristig zu überleben dann zwischen 40 und 50 Prozent liegt, statt 10 Prozent, dann ist das natürlich die Hoffnung für die Patienten in dieser Situation. Sie sind einfach bedroht in ihrem Leben. Das müssen Sie sich vorstellen. "

    Peter Sawicki vom IQWiG-Institut hält dagegen:

    "Wir müssen vergleichen, immer wieder vergleichen. Was passiert mit einem Patienten, der einen Fremdspender findet? Und was mit einem Patienten, der keinen Fremdspender findet? In der Vergangenheit gab es ja einen Großteil von Patienten, die haben keinen Fremdspender gefunden, und diese Patienten kann man beschreiben im Laufe von Jahren und schauen: Wie häufig sterben diese Menschen? Wie häufig haben sie Komplikationen? Wie geht es ihnen? Und das vergleicht man mit der Gruppe, die einen Fremdspender gefunden haben. "

    Der eindeutige Nachweis fehlt, so das IQWiG. Die einfache Vergleichsstudie wurde so nie durchgeführt, weil sich das Verfahren Schritt für Schritt weiter entwickelt hat.

    "Die Fachgesellschaft hat natürlich mit unserer Bewertung ein Problem, denn sie propagiert ja breit diese Methode, zumindest in bestimmten Patientengruppen. Und wenn wir jetzt sagen: Wir sehen keinen Beweis, dass das wirklich das beste ist, was man den Patienten anbieten kann, sondern wir sehen erstmal einen Forschungsbedarf, dann stellt das natürlich die Aussagen der Fachgesellschaft in Frage und provoziert aggressive Reaktionen. "

    Matthias Freund als Vertreter der erwähnten Fachgesellschaft bleibt sachlich. Doch die Argumente des IQWiG überzeugen den Krebsspezialisten nicht. Viele in der Fachwelt bekannte Informationen habe das IQWiG nicht berücksichtigt, sagt er.

    "Es gibt umfangreiche Publikationen über die Wirksamkeit der Stammzellentransplantation. Es gibt Register über die Ergebnisse, wie das deutsche Stammzellen-Transplantationsregister. Man kann da sehr verlässlich zeigen, dass Patienten, die eine Transplantation erhalten haben bei akuter lymphatischer Leukämie, eben 40 bis 50 Prozent Langzeitüberleben haben. "

    Aussage gegen Aussage also. Bei den Patienten sorgt die Diskussion für Verunsicherung. Nun sollen Daten aus dem bundesweiten Transplantationsregister Klarheit bringen. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie hat sie beim IQWiG eingereicht.

    Wenn das Institut im Dezember seinen Abschlussbericht vorstellt, ist erneut der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA am Zug. Rainer Hess:

    "Da möchte ich gerne, wenn das Institut seine Arbeit abgeschlossen hat, einen Bericht haben, aus dem ich auch entnehmen kann: Welche Meinung haben die Fachgesellschaften vertreten? Das interessiert mich. Und dann muss ich meine Entscheidung auch unter Beteiligung weiterer Sachverständiger selber treffen. "

    Bisher folgte der G-BA stets den Ergebnissen des IQWiG. Er muss es aber nicht. Weitere Diskussionen um die Stammzellenbehandlung sind also vorprogrammiert. Fast jeder IQWIG-Bericht in den letzten zwei Jahren sorgte für Widerspruch. Zu streng war das IQWiG aber nicht immer. Über einen Vorbericht zu Medikamenten, die das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit verzögern sollen, wunderten sich Ärztevertreter aus einem anderen Grund. Die Alzheimer-Medikamente seien vom IQWiG zu positiv bewertet worden, kritisierten sie.

    Auf einem Symposium des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller in Berlin griff Heinz-Werner Meier vom Pharma-Unternehmen Sanofi-Aventis das IQWiG scharf an.

    "Das Fazit der forschenden Arzneimittelindustrie ist negativ, weil wir feststellen müssen, dass das IQWiG Entscheidungen trifft, nach Maßgaben, die es sich selbst stellt, die nicht internationalen Standards entsprechen. Es wertet die Ergebnisse unserer klinischen Studien in einer Art und Weise aus, die nicht unsere Zustimmung findet. Wir vermissen die Transparenz, die notwendig ist, und wir bemängeln auch die Gutachter, die das IQWiG selbst heranzieht für seine Ergebnisse. "

    Die Methoden des IQWiG seien nicht geeignet, die Vorteile von Therapien oder Medikamenten für die Patienten zu erkennen, kritisiert Heinz-Werner Meyer.

    "Für die Unternehmen geht es schlicht und einfach darum, bei neuen Produkten Planungssicherheit haben zu können, dass man diese auch verkaufen kann. Viel wichtiger aber finde ich die Stellung des Patienten bei diesem Problem. Denn wenn aus reinen Kostenspargründen - und wir alle wissen, dass die gesetzliche Krankenversicherung kein Geld hat - der Zug der Zeit dahin geht, neue Medikamente nicht zu erstatten, dann heißt das auf gut deutsch, dass dem deutschen Patienten, dem deutschen Versicherten, Therapien vorenthalten werden, die er im Ausland haben könnte. "

    Der Ton im Streit zwischen IQWiG und den Arzneimittelherstellern wird schärfer. Außerdem wenden sich immer häufiger auch medizinische Fachgesellschaften und Patientenverbände gegen die Kontrolleure aus Köln.

    Peter Sawicki reist unterdessen durch die Republik, um die Kritiker des IQWiG zu überzeugen, doch er klingt zunehmend frustriert.

    "Was mich am meisten ärgert und auch traurig macht, dass man so tut, als ob wir das nur deswegen so kritisch betrachten würden, weil wir für das System Geld sparen wollen. Das ist doch Unsinn. Und das ist eine Beleidigung für jeden Arzt, das zu unterstellen. "

    Was hilft - und was nicht? Das herauszufinden, erweist sich zwei Jahre nach der Gründung des IQWiG als noch komplizierter als erwartet.