"There is now a danger, that has become a threat to us all. It is a deadly disease and there is no known cure."
Vor einer tödlichen Bedrohung ohne Heilmittel warnte 1987 ein Fernsehspot des britischen Gesundheitsministeriums. Das Aufkommen von AIDS erzeugte Ungewissheit. Regierungen reagierten nicht nur mit alarmistischen Fernsehspots, sondern versuchten auch, die Suche nach Medikamenten zu beschleunigen. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA etablierte zu dieser Zeit erstmals Express-Verfahren, um innovative Medikamente schneller verfügbar zu machen.
"So innovativ sind sie gar nicht. Ein signifikanter therapeutischer Fortschritt kann auch ein ziemlich kleiner Fortschritt sein. Oder er könnte nur für eine sehr seltene Krankheit gelten, für die es kein anderes Medikament gibt und die vielleicht nur ein paar Tausend Menschen betrifft."
Thomas Moore ist Wissenschaftler am gemeinnützigen Institut für sichere Medikations-Verfahren in der Nähe von Philadelphia. Seit Jahren veröffentlicht er Studien zur Sicherheit von Medikamenten. Er meint, dass die Kriterien für eine schnelle Zulassung nicht streng genug sind. Zu viele neue Mittel würden als bahnbrechend eingestuft, Zuletzt untersuchte Moore zusammen mit Kollegen alle 20 Medikamente, die im Jahr 2008 in den USA neu auf den Markt kamen. Die Wissenschaftler verglichen die acht Medikamente, die nach beschleunigen Verfahren zugelassen wurden, mit den zwölf regulär zugelassenen. Ein Ergebnis klingt trivial: Die Schnellverfahren sind schnell. Zu schnell?
"Wenn man bedenkt, wie kompliziert der Einfluss eines Medikaments auf den Körper ist, sind die beschleunigten Verfahren ziemlich schnell. Sie dauern durchschnittlich fünf Jahre von dem Zeitpunkt, wo zum ersten Mal ein Mensch das Medikament nimmt bis zur Zulassung. Die Medikamente, die Weiterentwicklungen existierender Medikamente sind, brauchten siebeneinhalb Jahre. Wir kamen zu der Schlussfolgerung, dass die Testverfahren heute wirklich ziemlich schnell sind."
Expresszulassung im Eiltempo
Das hohe Tempo hat einen Grund: Bei der Expresszulassung wurden die Medikamente durchschnittlich an nur 100 Menschen getestet, die Wirksamkeit der übrigen Medikamente wurde an durchschnittlich 580 Probanden untersucht. Thomas Moore hält die geringen Patientenzahlen für gefährlich:
"Manchmal - und dazu haben wir auch eine Studie veröffentlicht - bleibt unklar, welche Dosis die richtige ist. Und seltene Nebenwirkungen, die katastrophal sein können, können mit nur 100 Patienten nicht entdeckt werden. Selten ist bekannt, ob Medikamente Krebs oder Geburtsfehler verursachen können, weil die Studien nicht lang genug gehen. Da müssen wir uns dann auf Tierversuche verlassen."
Die FDA hat ein Interview zu diesem Thema abgelehnt. Sie verweist auf einen aktuellen Blogbeitrag auf ihrer Internetseite. Dort heißt es:
"Gründlichkeit, etwa bei der Frage ob eine klinische Studie groß genug ist, liegt im Auge des Betrachters. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass alle Medikamente unabhängig von der Krankheit mit einer ähnlichen Anzahl Patienten getestet werden. Die FDA arbeitet zusammen mit Entwicklern neuer Medikamente daran, für jedes Medikament einen Entwicklungs- und Zulassungsweg zu entwerfen, der der Krankheit, den Patienten, dem Medikament und alternativen Behandlungsmethoden gerecht wird."
Thomas Moore glaubt, dass zu viele Studien auf die Jahre nach der Erstzulassung verschoben werden. Bei den untersuchten Medikamenten müssen 85 Studien zum Teil erst zwölf Jahre später abgeschlossen werden. Kritiker befürchten, dass die FDA anstrebt, noch schnellere Zulassungsverfahren zu entwickeln. Nicht nur die Pharmaindustrie mache Lobbyarbeit in diese Richtung.
"Viele, nicht alle Patientenvereinigungen warten begierig auf neue Heilmethoden. Sie sagen: Wir gehen das Risiko ein. Solange, bis jemand ernsthaft zu Schaden kommt oder das Medikament gar nicht gewirkt hat."
Die beschleunigten Verfahren waren eingeführt worden, weil Menschen bereit sind, mit der Aussicht auf Heilung einer bedrohlichen Krankheit ein Risiko einzugehen. Thomas Moore sagt: So wie Medikamente heute getestet werden, kann niemand mehr wissen, wie groß das Risiko eigentlich ist, das er in Kauf nimmt. Und wenn zugelassene Medikamente ungeahnte Risiken bergen, befürchten Experten, könne das Vertrauen in Medikamente bei Ärzten und Patienten schwinden - was letztlich der Pharmaindustrie schaden würde.
