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Mehr Bio im Tank

Der Anteil von Biokraftstoffen in Deutschland soll weiter steigen. Das sieht das Biokraftstoffquotengesetz vor, dass die Mineralölkonzerne ab 2007 dazu zwingt, Benzin und Diesel in kleinen Mengen Biokraftstoff beizumischen. Andererseits wird aber auch die Steuerbegünstigung für Biodiesel und Pflanzenöl als Reinkraftstoff schrittweise abgebaut.

Von Philip Banse |
    Durch zwei neue Gesetzte steht der Markt für Biokraftstoffe vor einem Umbruch, es wird Sieger geben und Verlierer. Zu den Verlierern: Bisher ist reiner Biodiesel steuerbefreit. Das hat Deutschland zum weltgrößten Markt für Biodiesel gemacht. 1900 Biodiesel-Tankstellen entstanden. Die deutschen Biodiesel-Produzenten verkaufen mehr als die Hälfte ihrer Jahresproduktion als reinen Biodiesel an die Tankstellen und Speditionen. Das neue Energiesteuergesetz legt fest: Reiner Biodiesel und reiner Pflanzelölkraftstoff werden besteuert, derzeit mit neun Cent je Liter. Ab 2012 liegt die Steuer bei 45 Cent je Liter und damit fast so hoch wie bei normalem Diesel. Friedrich Hoffmann von der Interessengemeinschaft mittelständischer Mineralölverbände vertritt die unabhängigen Tankstellen, darunter auch die 1900 Biodiesel-Stationen. Der Tankstellen-Lobbyist zu den Folgen der Biodieselbesteuerung:

    "Die Nische, die die Mittelständler bisher hatten mit 1900 Tankstellen, die reinen Biodiesel angeboten haben, diese Nische wird austrocknen. Da dürfen wir uns nichts vormachen. Mit dem Abbau der steuerlichen Vorteile ist dieses Produkt so nicht mehr wettbewerbsfähig."

    Neben den 1900 Biodiesel-Tankstellen sind vom Preisanstieg des reinen Biodiesels vor allem Speditionen betroffen. Sie verfahren fast drei Viertel des reinen Biodiesels in Deutschland. Spediteur Karl Willhelm Ullrich produziert den Biodiesel für seine 1000 Lkw selber, 50 Millionen Liter jedes Jahr. Ulrich hat an strategischen Stellen in ganz Deutschland zwölf Tankstationen für seine Lkw aufgebaut, damit sie nur Biodiesel tanken können. Wenn reiner Biodiesel jetzt 9 Cent, später 45 teurer wird, könnte das das Ende seiner Spedition bedeuten sagt Ullrich:

    "Sie müssen jetzt zum Kunden, müssen sagen, er muss jetzt die 9 Cent mehr auf den Kilometer bezahlen. Entweder sie bekommen das, oder Sie gehen in die Insolvenz. Also Sie kämpfen um ihre Firma, um ihre Existenz, um die Arbeitsplätze in Deutschland."

    Vor allem, so der Spediteur, weil in anderen Staaten der Biodiesel weiterhin nicht besteuert wird. Alle Industrievertreter auf dem Fachkongress forderten eine europäische Harmonisierung um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Reiner Biodiesel stirbt also einen langsamen Tod. Dennoch blickt die Biokraftstoff-Branche optimistisch in die Zukunft. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen wird reines Bioethanol weiterhin nicht besteuert. Mit Bioethanol lassen sich Benzin-Motoren CO2-sparend befeuern. Friedrich Hoffmann, der Vertreter der freien Tankstellen, sieht hier neue Chancen. Bisher gebe es nur 70 Ethanol-Tankstellen, das liege aber auch an dem mangelhaften Angebot an Ethanol-Pkw:

    "Da sind wir mal gespannt, ob die Automobilindustrie es schafft, sich hier breiter aufzustellen, denn da sehe ich bisher nur Volvo und Ford, vielleicht noch ein bisschen Opel. Aber wo bleibt Mercedes, wo bleibt VW? Die haben diese Produkte, nur in Deutschland verkaufen sie sie nicht."

    Der Vertreter der europäischen Autoindustrie antwortete ausweichend, forderte steuerliche Anreize. Der zweite Grund für Optimismus in der Biokraftstoffbranche ist ein zweites Gesetz, das Biokraftstoffquotengesetz. Dieses Gesetz wird für rasantes Absatz- und Umsatzwachstum bei den Biokraftstoffen sorgen. Das Gesetz schreibt nämlich vor, dass ab 2007 herkömmlichem Diesel und Benzin bestimmte Anteile von Biokraftstoffen beigemischt werden müssen. Dieser garantierte und garantiert steigende Absatz durch die Beimischung wird den Absatzrückgang beim reinen Biokraftstoff mehr als ausgleichen. Heute werden rund 1,5 Millionen Tonnen Biokraftstoff hergestellt. In acht Jahren könnten es fast 5 Millionen Tonnen sein, der gesetzlichen Pflicht zur Beimischung sei Dank.