Und wenn der Mond ein neues Lied beginnt, dann will ich's Meer und Wind und Sonne danken.
Steht ein Rosenstrauch in Deinem Garten, und er ist noch nicht erblüht. Kain, mein Junge, es ist Zeit, neues Leben zu erwecken !
Wir spielen 'Schattenkarusell', und es handelt über die Geschichte Kain/Abel, wie es passiert ist, und das ist ein Stück aus Zitaten...
so Horia Sergiu Savescu, einer der Jung-Schauspieler aus Temeswar. Daß der Rumäne in einer deutschsprachigen Theatergruppe in einem deutschsprachigen Gymnasium mitmacht, ist für ihn nichts ungewöhnliches - ebensowenig wie für Tanja Tasi-Ianusevsch.
Man hat schon nähere Zukunftsvorstellungen, wenn man Deutsch kennt. Es sind schon viele Türen geöffnet, deshalb ist es schon gut, Deutsch zu können.
Das ist eine gerade in Rumänien weit verbreitete Auffassung: Wer Deutsch beherrscht, der hat erheblich bessere Zukunftsaussichten - viele rumänische Eltern lassen daher nichts unversucht, ihre Kinder in deutschsprachigen Schulen unterzubringen. Sei es nun das Brukenthal-Gymnasium im siebenbürgischen Hermannstadt oder das Nikolaus-Lenau-Gymnasium in Temeswar - an diesen Schulen ist kaum ein Platz mehr frei. Daß es überhaupt ein solches Unterrichtsangebot gibt, hat mit der Tradition deutscher Einwanderer auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens und in den angrenzenden Ländern zu tun: Die kamen im späten Mittelalter nach Siebenbürgen und vor etwa 200 Jahren in den Banat. Anfang der 90er Jahre, nach dem Fall der kommunistischen Diktaturen in Südosteuropa, kehrte allerdings die breite Mehrheit der Deutsch-Rumänen ihrem Land den Rücken, um nach Deutschland auszuwandern. Was bleibt, sind die deutschen Schulen und Kultureinrichtungen wie das deutsche Staatstheater in Temeswar - Einrichtungen, die nun zunehmend von den Rumänen selbst gefragt sind. Isolde Kobetz, Schauspielerin am deutschen Staatstheater in Temeswar und Leiterin der Temeswarer Schülertheatergruppe:
(Als ich 1968 nach Temeswar kam - ich bin keine Deutsche, meine Mutter war Russin, mein Vater Rumäne -, da gab es noch viele Schwaben. Und mein Vater hat gesagt: Ja, Du gehst in die deutsche Schule. Ich konnte kein einziges Wort reden damals. Aber die Resultate, die danach kamen, die Art, wie man in der deutschen Schule lernt, nicht unbedingt nur für Germanistik oder Schauspiel, für Chemie, für Medizin, für Journalistik, egal, gibt der deutschen Schule diese Tradition., Schauen Sie sich die ehemaligen schwäbischen Dörfer an: Ich glaube, daß ist wichtig, Die Häuser, diese Ordnung...ich glaube, die Rumänen wünschen sich diese Ordnung. Und das kommt auch schon von der deutschen Schule, von einem deutschen Kindergarten, weil dort eine gewisse Linie ist.
Die vermeintliche 'Deutsche Ordnung' gilt, das hört man überall auf dem Balkan, nach wie vor als deutsches Markenzeichen - ein Prinzip, das sich aber erst dann entfaltet, wenn es - beispielsweise im Theater - auf die rumänische Mentalität trifft. Isolde Kobetz:
Ich denke, daß deutsche Kultur, deutsche Sprache, die ja eine gewisse Kraft hat auch als Bühnensprache, zusammen mit der rumänischen - na sagen wir - 'Weichheit', eine ganz gute Kombination bringt. Und die Leute, die bei uns ins deutschsprachige Theater kommen, sei es Temeswar, sei es Hermannstadt, sehen ein ganz anderes Theater, als daß sie es in Deutschland zu sehen bekämen. Es ist ein Theater, daß vielmehr Valenzen hat. Denn eine Kultur ist eine Kultur. Aber wenn sie bereichert wird durch andere Kulturen, und hier im Banat ist da sie serbische, die ungarische, die ja alles knüpft sozusagen...es ist eben ein Ganzes. Wir gehören zur Banater Kultur. Wir sind, glaube ich weder typisch deutsch, noch typisch rumänisch, noch typisch ungarisch. Es ist eine Mischung, die ein Ganzes gibt. Und es ist ein anderes Theater, daß seinen Reiz hat.
Deutsche Sprache, deutsche Kultur entfaltet sich demnach erst so richtig in jenem multikulturellen Umfeld Rumäniens, das geprägt ist durch die verschiedenen Volksgruppen des Landes und der Nachbarländer. Dies übt gerade auf Jugendliche eine große Faszination aus. Beispiel: Chiriac Ionut gehörte jahrelang der deutschsprachigen Schülertheatergruppe an. Nun hat er sein Hobby zum Beruf gemacht: Er studiert an der deutschsprachigen Schauspielschule in Temeswar.
Es ist gut, wenn man eine deutsche Schauspielschule macht. Weil man kann ja auch am rumänischen Theater arbeiten. Man ist ein zweisprachiger Schauspieler. Weil: Rumänisch ist Muttersprache, dann lernt man auch die deutsche Sprache. Es ist kein Problem, daß wir auch in rumänischer Sprache spielen.
Doch selbst wenn in Deutsch gespielt wird, scheuen gerade Schülerensembles in Südosteuropas keine Experimente. Das Programm des zurückliegenden deutschsprachigen Schülertheater ist Beleg dafür. Mitorganisatorin Alexandra Simtion:
Wir hatten beispielsweise vom Brukenthal-Gymnasium, da ist in Hermannstadt, die Gruppe hat eine Inszenierung von der Drei-Groschen-Oper gemacht. Sie haben sogar ihr eigenes Orchester mitgebracht. Die Theatergruppen beginnen meist mit Komödien, Parodien, mit Sachen, die man leichte spielt. Dann gehen sie vielleicht über zu klassischen Stücken. Dann erst absurdes Theater. Also dann muß man, um ein absurdes Stückzu spielen, schon eine gewisse Erfahrung haben.
Doch Erfahrungen bergen auch Gefahren: Sind die Schüler, nicht zuletzt dank des Engagements im Theater, erst einmal so richtig fit in Deutsch, dann ist die Versuchung groß, dem Balkan ganz den Rücken zu kehren, nach Deutschland auszuwandern und dort, in einem besseren wirtschaftlichen Umfeld, sein Glück zu versuchen. Und immerhin: Ein Großteil der sogenannten "Deutsch-Rumänen" im deutschen Vorfahren ist diesen Schritt bereits gegangen. Heute allerdings denken viele Jugendliche anders darüber. Tanja Ianusevschi-Tasi:
Ich würde schon sehr gerne Deutschland besuchen und es mir mal anschauen. Aber ich glaube nicht, daß ich dort für immer bleibe wollte. Ich habe hier meine Freunde, meine Familie, und ich hänge schon an Rumänien.