Archiv


Mehr Geld im Verspätungsfall

In dieser Woche tritt das neue Gesetz über die Fahrgastrechte in Kraft, das vor allem für Bahnkunden bei Zugverspätungen interessant ist. Bislang wurden Beschwerden von Fahrgästen von der Schlichtungsstelle Mobilität bearbeitet und die ist im Verkehrsclub Deutschland (VCD) angesiedelt. Das soll sich mit dem Gesetz ändern.

Von Dieter Nürnberger |
    Der Verkehrsclub Deutschland, der VCD, sagt ganz offen, dass er diese Schlichtungsstelle Mobilität natürlich sehr gerne behalten hätte. Der VCD bewertet auch die bisherige über vierjährige Arbeit unter eigenem Dach positiv, und auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) habe eine ähnliche Bewertung abgegeben. Dennoch hat sich die Politik entschieden, das Ganze neu zu ordnen. Und die Kritik des VCD bezieht sich nun vor allem auf die absehbaren, künftigen Kompetenzen in Streitfällen, die geschlichtet werden müssen. Statt der Schlichtungsstelle Mobilität wird es künftig also eine Schlichtungsstelle öffentlicher Verkehr geben. Michael Gehrmann, der Bundesvorsitzende des VCD, sieht hierin auch Nachteile.

    "Zukünftig soll dies ein neu geschaffener Trägerverein machen, unter der Führung der Deutschen Bahn und auch weiterer Bahnunternehmen. Luftfahrtunternehmen sind da nicht mit dabei. Insofern ist zu befürchten, dass es Verkehrsträger-übergreifende Schlichtung nicht mehr geben wird."

    Beschweren könnten sich also künftig nur noch Bahnkunden - dies gilt für Kunden der Deutschen Bahn, ebenso auch für Kunden der privaten Betreiber in Deutschland. Inhaltlich verbessert sich zudem einiges. Das hat heute Vormittag der Verkehrsclub auch bestätigt, man hätte sich zwar weitergehende Verbesserungen gewünscht, aber grundsätzlich gehe es in die richtige Richtung, sagt Birgit Zandke-Schaffhäuser, die juristische Leiterin der bisherigen Schlichtungsstelle Mobilität. Sie begrüßt vor allem die rechtliche Besserstellung der Kunden und auch die großzügigeren Entschädigungen, die nun möglich seien.

    "Man muss eines vorweg sagen: Es sind gesetzlich verbriefte Rechte und keine Selbstverpflichtungen mehr. Und ganz klar: Es gibt nach einer Stunde Verspätung nun 25 Prozent Entschädigung. Und ab zwei Stunden Verspätung gibt es 50 Prozent des Fahrpreises zurück. Bisher war es so, dass es reine Selbstverpflichtungen gab, beispielsweise die Kundencharta der Deutschen Bahn. Hier war es so, dass man ab einer Stunde 20 Prozent des Fahrpreises wieder bekam, allerdings nur im Fernverkehr. Und ab zwei Stunden erhöhte sich dieser Tarif bisher gar nicht."

    Die Bahnanbieter werden also dank der Neuregelung im Verspätungsfall ihre Kunden besser entschädigen müssen. Helfen soll dabei ein einheitliches Formular. Ein Formular, welches es vor allem einfacher machen soll, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Das zumindest ist die politische Vorgabe. Doch ganz so einfach werde es wohl auch mit dem neuen Formular nicht werden, sagt Zandke-Schaffhäuser, das Papier sei ähnlich einer Steuererklärung, sagt sie.

    "Denn statt der versprochenen fünf Fragen zur Entschädigung sind es tatsächlich 48 Fragen, die der Kunde ausfüllen muss. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass Leute sich schwer tun, solche Formulare auszufüllen und vollständige Unterlagen einzureichen. Das heißt, diese Handhabung des neuen Formulars wird nicht einfach werden."
    Ab dem 29. Juli soll es losgehen mit dem neuen Servicecenter, welches in Frankfurt angesiedelt sein wird. Der Verkehrsclub Deutschland äußerte sich heute - natürlich muss man fast sagen - auch zu aktuellen Entwicklungen bei der Bahn. Die Deutsche Bahn plant ja bekanntlich, eine Verschärfung des Umgangs mit Schwarzfahrern. Künftig soll es bereits dann eine Strafanzeige geben, wenn man erstmals ohne gültigen Fahrschein angetroffen wird. Nun stellte die Bahn klar, das gelte nur für Leute, die keine plausible Erklärung für die Fahrt ohne Fahrschein angeben könnten. Michael Gehrmann bewertet das Ganze eher negativ - er zieht auch eine Verbindung zum generellen Service der Bahn.

    "Wir stellen fest, dass in vielen Städten die Bahnhöfe geschlossen werden. Wir stellen fest, dass der kundenbetreute Verkauf, der Personenverkauf, häufig nicht mehr stattfindet. Wir stellen fest, dass in einigen Bundesländern keine Schaffner mehr da sind, um im Zug eine Fahrkarte nachzulösen. Es wird zudem immer schwieriger, Automaten zu bedienen. Und gleichzeitig will man nun mögliche Schwarzfahrer härter bestrafen. Das finde ich sehr ärgerlich."

    Unter diesem nachlassenden Service bei der Bahn hätten vor allem ältere Menschen zu leiden, die die modernen Automaten nicht immer sofort verstünden. Hier seien Missverständnisse fast schon vorprogrammiert.